DipKurier / Russlanddeutsche Allgemeine
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Geschichte der Russlanddeutschen / История российских немцев / History of the Russian Germans

100 Jahre Autonomie der Russlanddeutschen

 

Festrede des Ministerpräsidenten bei Festakt anlässlich des 100. Jahrestages

der deutschen Autonomie an der Wolga im Landtag.

 

 

Anfang S. 1.

 

Hinsichtlich der Geschichte der Wolgarepublik herrsche in der Gesellschaft eine weitverbreitete historische Unkenntnis. Jedoch führe erst ein besseres Wissen um die Geschichte der Deutschen aus Russland auch zu einem tieferen Verständnis. Darum sei die heutige Veranstaltung für Hessen und darüber hinaus auch so wichtig. Unverschuldet hätten die Deutschen aus Russland für die Geschichte des 20. Jahrhunderts gleich mehrfach bezahlen müssen. Sie hätten es besonders schwer gehabt. Wann immer der Furor des Nationalismus um sich greife, treffe dieser zuerst die Minderheiten. „Ich bin Menschen begegnet, die haben dreimal neu anfangen müssen: an der Wolga, in Zentralasien und dann in Deutschland.“ Er wünsche sich daher, „dass wir erklären, was war, um zu verstehen, was ist.“ Die hessische Landesregierung habe die Spätaussiedler bereits seit Jahrzehnten aus tiefer Überzeugung heraus unterstützt, wodurch sehr viel gegenseitiges Vertrauen erwachsen sei.

 

Ministerpräsident Bouffier versicherte, diese Unterstützung auch künftig weiterzuführen und bei Bedarf immer wieder neu anzupassen. Als Zeichen der Verbundenheit, hatte er hessische Wappen aus Keramik mitgebracht, welche er den Vertretern der russlanddeutschen Verbände überreichte.

 

Zu Beginn der Festveranstaltung im Foyer des Hessischen Landtags hatte die Geschäftsführerin der Deutschen Jugend aus Russland (DJR), Albina Nazarenus-Vetter, in ihrer Begrüßungsansprache dem Ministerpräsidenten dafür gedankt, dass sich die hessische Landesregierung des Themas „100 Jahre deutsche Autonomie an der Wolga“ angenommen habe und er selbst bereit gewesen sei, die Schirmherrschaft über die Festveranstaltung im Hessischen Landtag zu übernehmen. Nach ihrer Begrüßung der rund 300 Gäste, unter denen sich u. a. neben dem Ministerpräsidenten und Landtagspräsidenten Norbert Kartmann, auch die Landesbeauftragte für Heimatvertriebene und Spätaussiedler, Margarete Ziegler-Raschdorf, ihr Vorgänger im Amt Rudolf Friedrich, der Landtagsabgeordnete und Vorsitzende der Union der Vertriebenen (UdV), Ulrich Caspar sowie der Kulturreferent der Bundesregierung für die Russlanddeutschen, Edwin Warkentin wie auch die Vorsitzenden der Landsmannschaft der Deutschen aus Russland aus Nordrhein-Westfalen und Bayern befanden, wurden diese noch einmal durch Landtagspräsident Norbert Kartmann, dessen familiäre Wurzeln in Siebenbürgen liegen, in seiner Funktion als Hausherr herzlich willkommen geheißen. Er wies darauf hin, dass die Wolgadeutschen sich nach ihrer „Rückkehr“ aufgrund ihrer Verwurzelung in zwei Ländern in einer besonderen Situation befänden. Dies sei ein hochkomplizierter, aber auch sehr interessanter Vorgang. Er brachte seine Hoffnung zum Ausdruck, dass es ihnen gelingen möge, nicht nur als Brückenbauer in die Herkunftsländer zu wirken, sondern auch ihr mitgebrachtes kulturelles Erbe weiterzutragen.

 

Johann Thießen, Bundes- und hessischer Landesvorsitzender der Landsmannschaft der Deutschen aus Russland (LMDR), ging in seiner Ansprache auf den „langen und beschwerlichen Weg“ ein, den die Deutschen aus Russland in ihrer bewegten Geschichte zurückgelegt hätten: „Am Anfang stand ein Aufbruch in der Hoffnung auf ein neues Leben in einer neuen Heimat“, doch sei manche Erwartung angesichts nahezu menschenleeren Steppe, die erst mühsam urbar gemacht werden musste, nicht in Erfüllung gegangen. „Mit großem Fleiß, Mut und Geschick“, sei es schließlich gelungen, „blühende Kolonien zu schaffen.“ Dabei hätten sich die Siedler über Generationen hinweg ihre Sprache, ihr religiöses Bekenntnis und ihre Bräuche bewahrt. Die durch die Begründung der deutschen Autonomie an der Wolga und der daraus hervorgegangenen Wolgarepublik gehegten Erwartungen hätten sich allerdings letztlich als Trugschluss erwiesen.

 

Nach Einfall der Deutschen Wehrmacht in die Sowjetunion hätten die Leiden unter dem Stalin-Regime 1941 ihren Höhepunkt mit der Verbannung der Deutschen nach Zentralasien gefunden, obwohl es aus geschichtswissenschaftlicher Sicht keinerlei Anhaltspunkte für eine Kollaboration der Wolgadeutschen mit der Wehrmacht gegeben habe. Eine Rehabilitierung und die Wiederherstellung autonomer Selbstverwaltung an der Wolga seien trotz aller Bemühungen bis zum Ende der Sowjetunion ausgeblieben. Auch dies habe dazu beigetragen, dass viele nach deren Zerfall nach Deutschland ausgesiedelt seien. „Damit scheint der lange Weg zu Ende. Er war bestimmt von dem Wunsch nach einem Ankommen und einer dauerhaften Heimat. Auch wegen dieser ausgeprägten Sehnsucht ist die Erinnerung an die Wolgarepublik bis heute so lebendig“, so Thießen weiter. Er sei indes fest davon überzeugt, dass die Deutschen aus Russland nun endlich angekommen seien. Dass ihnen dies möglich wurde, sei vor allem auch den Rahmenbedingungen zu verdanken, die sie insbesondere in Hessen vorgefunden hätten. So habe das Land bereits 1985 die Patenschaft über die Wolgadeutschen übernommen, deren Vorfahren größtenteils von hier stammten.

 

Thießen sprach dem hessischen Ministerpräsidenten seinen ganz persönlichen sowie den Dank der ganzen Volksgruppe für die „verlässliche, starke und solidarische Partnerschaft“ aus. Dies gelte in besonderem Maße auch für die Landesbeauftragte für Heimatvertriebene und Spätaussiedler, Margarete Ziegler-Raschdorf. Als unverzichtbare Ansprechpartnerin und Unterstützerin in allen Belangen, sei sie „eine besondere Freundin der Deutschen aus Russland.“ In Würdigung ihres Engagements für die Spätaussiedler, überreichte er gemeinsam mit Albina Nazarenus-Vetter die Goldene Ehrennadel der LMDR an Margarete Ziegler-Raschdorf, die davon sichtlich überrascht war. Sie bedankte sich mit den Worten: „Die Deutschen aus Russland sind mir in all den Jahren sehr ans Herz gewachsen. Ich fühle mich überaus geehrt und werde die Ehrennadel mit Dankbarkeit und Stolz tragen.“ Nach einem Vortrag des Kulturreferenten am Museum für russlanddeutsche Kulturgeschichte, Edward Warkentin, über die „Geschichte und Kultur der Wolgadeutschen“, wurde der offizielle Teil des Festaktes mit dem Lied der Deutschen beschlossen.

 

Die hessische Landesbeauftragte Margarete Ziegler-Raschdorf zeigte sich von dem Festakt tief beeindruckt: „Wir haben heute eine sehr feierliche und dem Anlass entsprechend würdige Veranstaltung hier im Landtag erleben dürfen. Bei dieser Gelegenheit war wieder einmal deutlich zu sehen, dass die Deutschen aus Russland in der Mitte der Gesellschaft stehen.“

 

Landesbeauftragte für Heimatvertriebene und Spätaussiedler

Hessisches Ministerium für Soziales und Integration

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К 100-летию образования

АССР немцев Поволжья

 

Грядет «юбилей», что дальше:

суицид пассивной ассимиляции

или будущее через полную реабилитацию?

 

 

Начало на стр. 1.

 

Наши великие даты и их специфика

 

 

Для начала несколько исходных тезисов.

 

АССР Немцев Поволжья была высшей формой государственного, политического, экономического, национального статуса российских немцев за всю их историю в России. Драматизм первых лет Республики связан не с национальной политикой государства, а с небывалой общей разрухой в стране после Октябрьской революции и гражданской войны.

 

Непропорциональные обвинения и репрессии по отношению к немцам Поволжья, как и к остальным немцам в стране в 1930-е годы, также были следствием не национальной политики, а во многом прихода к власти в Германии фашизма.

 

Трагизм конца Автономии, депортация ее немецкого населения, как и всех немцев страны, опять же стали следствием начала войны с Германией и, в отличие от репрессий по отношению к другим депортированным народам, были полностью превентивными.

 

То, что АССР НП «не смогла защитить себя» от необоснованных репрессий и ликвидации – это не признак ее нежизнеспособности вообще и тем самым бессмысленности ее восстановления сегодня. Потому что для сохранения «малого» народа в большом государстве национальная автономия необходима в принципе, но недостаточна: требуется еще и должный уровень политического и правового развития государства.

 

Причины невосстановления до сих пор именно нашей Автономии - в основном экономические: регионы проживания (точнее – потребительского использования) российских немцев не хотели терять их как очень нужную им рабочую силу даже когда необходимые решения и законы были приняты. Эти принятые решения действуют и сегодня, их надо только исполнить. Политически и экономически страна близка к возможности это сделать. Без Автономии, т.е. без собственной территории, совместного проживания, собственной экономической базы, должного правового и политического статуса, национального самоуправления - как у других народов страны, российские немцы (около 1,2 млн. на территории бывшего СССР и около 2,5 млн. в Германии) как народ не сохранятся.

 

Для решения вопроса о полной реабилитации российских немцев большое значение будут иметь российско-германские отношения. А они сильно зависят от степени суверенности двух государств. Россия на сегодня в значительной мере уже освободилась от политической и иной внешней оккупации в 1990-е годы; многие страны мира, Европы, в т. ч. Германия, - еще нет. Однако призрак суверенизации бродит сегодня не только по Европе, а по всему миру, и Россия, как сказал ее президент, готова помочь «братьям в нужде» ее обрести.

 

За последние 30 лет Германия оказала России большую помощь «для российских немцев» - для приближения их реабилитации и сохранения национальной идентичности. Но после давнего отказа России от исполнения принятых ею же нужных решений эта помощь уже много лет открыто используется в основном в противоположных целях: для отвлечения народа от мыслей о восстановлении справедливости, для подмены задач восстановления этой справедливости имитацией заботы о его национальной культуре, для удушения национального общественного движения за реабили-тацию, а тем самым - для удушения и национальной идентичности российских немцев.

 

Причины, методы, действующие лица в этом продолжаемом сотрудничестве при давно осуществленной подмене его целей хорошо известны как российской, так и германской стороне. Требуется, наконец, принять меры.

 

 

Положение российских немцев сегодня

 

Сегодняшнее положение российских немцев – следствие не какой-либо вины их перед Россией, а следствие объективных задержек (издержек) в развитии и прошлой, и новой России. Они отражались на отношении к российским немцам и до революции, начиная с 1871 г.: «немецкое засилье», немецкие погромы в годы I Мировой войны, ликвидационные указы и депортации; и позже: репрессии перед и во время Великой Отечественной войны, включая депортацию, дискриминацию, нереабилитацию. Все это вполне объяснимо внутренними и внешними проблемами России. «Национальный аспект» был лишь эффективным аргументом во внутренней борьбе с немцами для их экономических конкурентов, или для военных властей в борьбе с внешним противником. Но от этого российским немцам было не легче, наоборот: несправедливость «по национальному признаку», да еще исходящая от «родной власти», воспринималась только больней. И воспринимается таковой по сегодня. Тем более, что наше положение как народа за все эти 77 лет лучше не стало. Посмотрим на него повнимательней.

 

Хотя в России все репрессивные и дискриминационные законы, указы, постановления и решения, принятые по отношению к российским немцам с 1941 года, давно официально отменены, фактически они продолжают действовать.

 

Новые законы, указы и даже международные соглашения по реабилитации российских немцев также давно приняты, и также до сих пор не выполнены – ни один, в т. ч. Российско-Германский Протокол о сотрудничестве в поэтапном восстановлении государственности российских немцев.

 

В результате сегодня у российских немцев как народа нет ни одной национальной школы, вуза, учреждения культуры, СМИ (частные не в счет), нет возможностей для поддержания и сохранения родного языка, национальной культуры, обычаев и традиций, для сохранения национальной идентичности. В этих вопросах российские немцы остаются уже 77 лет фактически как после депортации 1941 года. Может ли это быть чистой случайностью или лишь упущением каких-то чиновников?

 

Упомянутая выше подмена необходимой большой государственной, политической работы по реабилитации последнего не реабилитированного народа «проектной работой» в сфере культуры я языка лишь вуалирует ситуацию, но не улучшает ее. Народу вместо проектов нужны государственная и межгосударственная программы по выполнению, наконец, Российско-Германского Протокола о восстановлении государственности; только это может обеспечить равные права российских немцев с другими народами России. Но сегодня российским немцам даже этих равных прав недостаточно: им как народу нужны и равные с другими народами России условия и возможности для реализации своих прав. Для чего и нужны своя территория, совместное проживание, экономическая база, национальное самоуправление, представительство в органах власти. Всего этого у российских немцев нет уже 77 лет. Поэтому – еще раз - главная их проблема сегодня не в том, что у них нет нужных прав, а в том, что у них нет и нужных условий для реализации хоть каких-либо прав как народа. При этом положение российских немцев и в других странах СНГ не лучше, а как правило ощутимо хуже.

 

 

Можно ли надеяться на то, что ситуация со временем изменится?

И если да, то в какую сторону?

 

Вроде бы давно уже понято, что нерешение вопроса о реабилитации российских немцев и вызванный этим катастрофический, во многом протестный, их выезд в Германию нанесли и катастрофический ущерб стране: в тогдашних курсах около 100 млрд долл. США, в сегодняшних – в несколько раз больше. Продолжение такой политики продолжит и стимуляцию выезда, то есть дальнейшее увеличение ущерба. России это нужно? Вряд ли. Тогда почему вопрос не решается? Почему он по-прежнему отдан на откуп подрядно-чиновничьему симбиозу?

 

По ситуации в Америке после выборов Трампа мы видим, что в этой «самой демократической стране мира» есть силы, которые сильнее и демократии, и воли избирателей, и президента. И силы эти таковы, что сам президент должен постоянно плясать под их дудку и обязательно и ежечасно демонстрировать хоть какую-то свою антироссийскость – в угоду этим силам.

 

Мы в России тоже хорошо знаем такую ситуацию – по годам правления Б. Ельцина, по тому, как этот «демократ», имея у избирателей рейтинг 3 процента, «победил» на выборах. И как он со своими чубайсами и толпами «советников», в том числе из ЦРУ, разрушал «свою» Россию. Конечно, такая ситуация не меняется мгновенно, ее элементы живы и сегодня. Но вряд ли кто может сказать, что они и сегодня такие же, как были тогда. Сегодня ситуация уже кардинально иная. А значит, можно ожидать перемен и в решении нашего вопроса? И что конкретно нам делать для скорейшего прихода этих перемен: как многим нашим «борцам-ветеранам» и дальше пассивно мириться с насильственной и стимулируемой уже 77 лет ассимиляцией, что было бы национальным суицидом, или, следуя огромному опыту нашего национального движения с его, вопреки всему, небывалой эффективностью в последние годы Совет-ской власти, все же добиться полной реабилитации?

 

Прошедшая в Берлине конференция дает неожиданный ответ на этот вопрос – и с совсем неожиданной стороны. Но для начала вспомним: уже много лет на заседаниях Российско-Германской Межправительственной комиссии по сотрудничеству в поэтапном восстановлении государственности российских немцев ни о государственности, ни даже о реабилитации и слова не звучало. Более того, «российская сторона» в лице того самого подрядно-чиновного симбиоза все эти годы пыталась склонить германскую сторону к тому, чтобы совместно признать и Протокол о сотрудничестве, и восстановление государственности, и даже реабилитацию «устаревшими» целями, требующими «актуализации». Сегодня можно сказать германской стороне спасибо хотя бы за то, что она на это не пошла. А на прошедшей Конференции мы услышали от нее такое, чего давно уже даже и не ждали...

 

 

Компетентность, решимость, мужество

 

На прошедшей Конференции, посвященной (напомним) 100-летию образования АССР немцев Поволжья, мы услышали, как новый уполномоченный Федерального правительства Германии по делам переселенцев и национальных меньшинств д-р Бернд Фабрициус в своем вступительном докладе «Российские немцы между автономией и непризнанием» сказал то, чего мы так долго и так тщетно ожидали и от российской, и от германской стороны. И сказал так, как до сих пор позволяли себе сказать только сами российские немцы. Приведем лишь основные тезисы его доклада.

 

***

 

Тема Республики и связанные с ней вопросы чрезвычайно важны, так как именно эта тема является центральной во всей истории российских немцев. И символическая притягательность республики немцев Поволжья оказывает влияние как на культуру памяти, так и на политические аспекты.

 

В словосочетании «Республика немцев Поволжья» находит отзвук замечательная идея самоуправления и самоопределения немцев, позволяющая им сохранять родной язык, традиционную веру и культурную самобытность. Автономная республика немцев Поволжья стала для многих российских немцев катализатором надежд на лучшую долю в Советском Союзе и России. Республика - часть культурного кода российских немцев. Сильное символическое излучение Республики немцев Поволжья проявляется и сегодня как в мыслях и чувствах российских немцев (и в Германии, и в России продолжает жить мечта о собственной Автономной республике), так и в политических переговорах.

 

Судьба Республики и Автономии немцев Поволжья неразрывно связана с вопросом о реабилитации. Полной реабилитации российских немцев как народа не было и нет; в отличие от других народов России, они до сих пор не реабилитированы даже в предусмотренном правовом объёме. Для многих российских немцев реабилитация означает восстановление бывшей Республики, что означает: вопрос о реабилитации по-прежнему стоит в политической повестке дня.

 

Хотел бы одобрить продолжение начатого конструктивного диалога и открытое, в духе взаимного уважения и дружбы, обсуждение всех, даже спорных, вопросов, вытекающих из исторической ответственности обеих стран по отношению к российским немцам. Естественно, к этому должны быть привлечены как партнёры в первую очередь представители самих российских немцев России.

 

С учетом многострадальной истории российских немцев вообще и их борьбы за Автономию в частности, хотел бы пожелать себе, чтобы переговорные процессы между Германией и Россией не иссякали, несмотря на политические разногласия и досадные кризисы.

 

Существенным условием для реализации моих политических целей и желаний являются сильные немецкие меньшинства. Ибо немцы в государствах на постсоветском пространстве являются естественными послами, наводящими мосты между двумя культурами.

 

Всеми своими силами я буду добиваться, чтобы поддержка национальных меньшинств была и оставалась приоритетной в политическом отношении – независимо от того, куда дует ветер.

 

Нет ничего более важного для образования и сохранения немецкой идентичности, чем немецкий язык. Отсюда защита национальных меньшинств должна неукоснительно включать в себя и защиту их языка. Особенно важна поддержка немецкого языка как родного в школе.

 

Помимо языка очень важна молодёжная работа. Ведь от молодого поколения зависит будущее немецких меньшинств. Должна быть обновлена и концепция подготовки будущих руководящих кадров.

 

Мы уже многого достигли в области содействия развитию национальных меньшинств. Но нам приходится считаться и со многими вызовами времени, которые не в последнюю очередь обусловлены общеполитическим климатом и правовыми рамочными условиями. Эти вызовы мы будем и далее совместно обсуждать в доверительном диалоге со всеми сторонами, и так же откровенно с нашими российскими партнёрами из Федерального агентства по делам национальностей, на благо российских немцев.

 

Очень полезно при этом остановиться и оглянуться назад, чтобы лучше понять современность и как можно лучше обустроить будущее. Тема Республики немцев Поволжья как центральный сюжет богатой истории российских немцев очень хорошо подходит для этого…

 

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Согласитесь, мы очень давно не встречали у представителя власти – и российской, и германской - такого знания, такого прочувствованного понимания наших проблем, такого ясного формулирования необходимости территориальной автономии для сохранения народа, такого мужественного выражения готовности добиваться решения нашего вопроса! И мы давно, очень давно всего этого ждали – и от российской, и от германской стороны.

 

Конференция в Берлине, посвященная 100-летию образования АССР немцев Поволжья, стала стимулом для выражения такого понимания и такой готовности германской стороной. Можем ли мы теперь ожидать такую конференцию и в Москве? Чтобы вдобавок к наполненным болью памятным датам у российских немцев появился, наконец, и живой национальный праздник - День восстановления их государственности, День восстановления их равноправия, День восстановления поруганной по отношению к ним 77 лет назад справедливости?

 

Мяч на российской стороне…

Гуго Вормсбехер,

руководитель Экспертной группы по вопросам российских немцев

20 августа 2018 г.

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Немецкие и русские офицеры: когда мы еще были союзниками... Фото: ДАЦ-Архив.

Российские немцы в жерновах Второй мировой войны

 

Начало на стр. 1.

 

По всем регионам, где проживали российские немцы, прошли многочисленные патриотические митинги. Контрпропагандистскими документами самого высокого уровня стали обращения к германскому народу Председателя Верховного Совета АССР НП К. Гофмана и Председателя Совнаркома АССР НП А. Гекмана. К. Гофман  призывал: «Солдаты, рабочие, крестьяне, интеллигенция Германии! Не проливайте своей крови во имя разбойничьих целей Гитлера! Поверните ваше оружие против вашего заклятого врага Гитлера и всей его кровожадной банды... Долой кровавый фашизм! Восставайте на борьбу за свободную Германию!»

 

«Рабочие Германии! Братья по классу! К вам наше слово, говорилось в резолюции митинга рабочих завода «Коммунист» в г. Марксштадт от 12 июля 1941 г. Фашистские правители угнетают и германских рабочих, страдания которых мы хорошо понимаем. Мы знаем, что вы горите страстным желанием освободиться от ига гитлеровских банд, стереть позорное пятно фашизма с лица германского народа... Поверните оружие против ваших действительных врагов - гитлеровских фашистов...»

 

14 июля 1941 г. на всеобщем собрании колхозники села Норка, Бальцеровского кантона, АССР НП обратились к крестьянскому сословию Германии со следующим призывом:  „Подымись, немецкий крестьянин, и порази твоего заклятого врага – фашизм!“ (ГАНИСО. Ф. 1. Оп. 1. Д. 4835. Л.126.)

Со своим возванием к летчикам германской армии обратились советские летчики – из немцев Поволжья: "Германские лётчики, сыны трудового народа! …Следуйте примеру Ганса Германа, Ганса Кратцке, Адольфа Аппеля, Вильгельма Шмидта из второй группы 54-й эскадрильи и Пауля Гофбауэра из первого звена первой группы той же эскадрильи и перелетайте к нам... Это твой долг, как честного немца, которому дорога честь германского трудового народа, который хочет освобождения германского народа от гитлеровского ига! (ГАНИСО. Ф. 1. Оп. 1. Д. 4835. Л. 109-112.)

 

…Наряду с другими гражданами страны тысячи советских немцев вступили в отряды самообороны. Начался сбор средств, как в республике немцев Поволжья, так и в других регионах компактного проживания советских немцев – на Украине, в Сибири и Казахстане, на нужды обороны…

 

Фото: ДАЦ-Архив.

Депортация: „Выселить с треском!“

 

…Но события на фронтах ВОВ развивались не в пользу Красной Армии. Германские войска продвигались вглубь территории СССР. К 11 июля ими был взят Минск, Витебск, Житомир, в районе Могилёва они вышли к Днепру. 13 августа румынские войска взяли в блокаду Одессу.

Имеются сообщения, в период всеобщей шпиономании это нисколько не удивительно, что население немецких поселений в окрестностях Одессы, занимавшее, как оценивают местные правоохранительные органы, выжидательную позицию, навлекло на себя определенное подозрение. Более того, в донесениях указывалось, что местные немцы даже обстреливали отступающие советские войска. Не сказано, однако, в них из чего это осуществлялось, и откуда вообще у местных немцев могло оказаться оружие…. Один из советских немецких историков пишет: „Советским военным командованием было зафиксировано несколько фактов изменнического поведения советских немцев, проживавших в сёлах в районе между Днестром и Одессой. Эти факты были доложены командованием Южного фронта лично И.Сталину. На донесении имеется его резолюция: «Товарищу Берия. Надо выселить с треском. И.С.»

 

В какой непосредственной связи эти исинуации находились в отношении немцев Поволжья, не говорится. Но фактом стало поголовное выселение советских немцев со всей европейской части СССР, начавшееся вслед за постановлением Политбюро и СНК от 26 августа и Указа Президиума Верховного Совета СССР от 28 августа 1941 г. А еще ранее на основе приказа Государственного Комитета обороны СССР от 14 августа 1941 г. началась депортация около 60-ти тысячного немецкого населения Крыма. Этот же приказ явился отправной точкой при выселении немцев из левобережной Украины. Одновременно были выселены немцы из Ленинградской области. Эти мероприятия, как и помещение советских немцев в так называемые трудармейские лагеря, являют собой составные части откровенного геноцида.

 

Для организации и проведения операции „Депортация“ в Поволжье было направлено 1 550 сотрудников НКВД, 3 250 работников милицейских органов и 12 150 красноармейцев внутренних войск.

 

3 сентября 1941 года от станции Эрленбах, в немецком Поволжье, отошел состав в полсотни товарных вагонов (в народе их называли „телячьими“), в которых на наспех сколоченных деревянных нарах разместилась очередная партия ссыльных российских немцев из немецких деревень гористой южной части АССР НП. В их числе были мои родители и старшие сестра, Мармира, (1935 г. р.) и братья: Вольдемар (1939 г. р.) и Вилли (1941 г. р.) из села Обердорф Эрленбахского кантона…

 

К 20 сентября 1941 г. из АССР НП было изгнано 376 717 советских граждан немецкой национальности и членов их семей. Всего же к началу весны 1942 года из европейской части СССР было депортировано 799 459 советских немцев, кроме этого около 100 000 подверглись преследованию по приговорам так называемых „троек“ или были расстреляны… И это все во время, когда на фронтах ВОВ, за свое Отечество воевали десятки тысяч советских немцев…

31 августа 1941 г. было принято закрытое постановление Политбюро ЦК ВКП(б) «О немцах, проживающих на территории Украинской СССР», предписывавшее ликвидацию антисоветского элемента в среде местных немцев и мобилизацию всего мужского немецкого населения от 16 до 60 лет в рабочие формирования. Из них были сформированы 13 строительных батальонов общей численностью 18 600 человек. Они стали изначальным „строительным материалом“ при организации будучих рабочих колонн, так называемой „трудармии“… Они были отправлены на Урал в «Ивдель-лаг», «Соликамбумстрой», «Богословстрой» и «Кимперсайлаг», действовавшие под началом НКВД.

Вследствие постановление ГКО № 1123 сс от 10.01.1942 г. «О порядке использования немцев-переселенцев призывного возраста от 17 до 50 лет» и приказа наркома внутренних дел СССР Л. Берия приказ № 0083 «Об организации отрядов из мобилизованных немцев при лагерях НКВД»)1 им последовавли мужчины в возрасте от 15 до 55 лет, а осенью того же года и женщины от 16 до 45 лет, исключая беременных и имеющих детей до 3-х летнего возраста, из числа сосланных немцев Поволжья и др. советских немцев. Осиротевших детей передавали родственникам, а если таковые не находилось, отправляли в детские дома.

Было организовано 34 лагеря НКВД и несколько десятков лагерей в других наркоматах. Основная масса мобилизованных работала на строительстве промышленных объектов и железных дорог, на лесозаготовках и в нефтедобывающей отрасли, на угольных шахтах и в рудниках. Несмотря на то, что они были обвинены в сотрудничестве с врагом и конвоировались не только на работу, но даже на комсомольские и партийные собрания - они добились права работать не для „искупления вины“, а, как вся страна, под лозунгом: „Всё для фронта, всё для победы!“. И работали до полного истощения.

Мой преподаватель, заведующий кафедрой немецкой филологии, профессор Гуго Едиг, бывший трудармеец, в одной из наших "подпольных" дискуссий рассказывал, что голод был постоянным спутником трудмобилизованных немцев. Особенно страдала молодежь, молодой организм которых при интенсивном физическом труде очень быстро сжигал выделявшиеся ему лимитированные калории. „Для нас зимой поджаренная белая, полевая мышь – была деликатесом… Нередко мы пробирались на свалку, где все более или менее съедобное уже давно было собрано, промышляли тем, что добывали ворон, а то и крыс. Такая охота нашими старшими товарищами была строго запрещена. Так как мы могли стать переносчиками заразы. Но среди нас были такие, которые нередко обезумевали от нестерпимого голода, а он властно требовал своего удовлетворения…“

До сих пор неизвестно точное число трудармейцев, погибших от голода и недоедания, холода и зноя и непосильной физической эксплуатации.

 

Мой отец, Вольдемар Эрлих, отбывал рабскую повинность на Урале, валил таежный лес, киркой и ломом – главным инструментом трудармейцев, вгрызался в промерзшую земную твердь, устраивая фундамент для будущего оборонного завода. Вернулся к семье, в ссыльном сибирском крае, осенью 1946 г. – актированным. Выжил. Но прожил не долго. Умер в январе 1954 г. 46 лет от роду…

В Богословлаге отбывал свою трудовую повинность Кондрат Урих, мой земляк и моих родителей, выселенных в начале сентября 1941 г. из Эрленбахского кантона АССР НП, проживающий ныне в с. Цветнополье, Одесского р-на, Омской обл. Кстати. 10 мая текущего года ему исполнилось 95 лет со дня рождения. Сердечно поздравляю! Здоровья Вам и многие лета, Кондрат Андреевич!

 

Богословлаг был лагерем НКВД, а это значило, что правила здесь царили „зековские“, вспоминал Кондрат Андреевич. Еще в сентябре-октябре лагерь был укомплекован 20 000 ссыльных украинских немцев. И вот прибыли мы, очередная партия мужчин – немцев Повольжья. Картина была удручающая: наши братья по несчастью были истощены до предела, опухшими от голода… Большинство из них погибло…

 

Мне довелось знать ветерана, когда он работал в моем родном селе Желанное главным зоотехником, затем председателем колхоза в немецком поселении Цветнополье (собственно, Блуменфельд). Награжден рядом высоких трудовых наград, в том числе орденами „Красного Знамени“ и „Знак Почета“. Об успехах Кондрата Андреевича мне приходилось писать в бытность мою редактором немецких передач Омского радио…

 

Кстати, следует заметить, что официально так называемого трудармейского статуса не существовало, были трудмобилизованные...  „Трудармейцами“ стали называть себя „партийцы“, вспоминал соратник и друг автора этого очерка, гл. тренер сборной СССР по хоккею на траве Эдуард Айрих, которые были призваны на принудительную работу военными комиссариатами. Они селились в казармах - фактически „зековских“ бараках, огражденных деревянным забором, поверх  которого тянулась колючая проволока, и свой внутренний распорядок и нормы поведения выстраивали на осно-ве распорядка воинских стройбатов.

 

Понятно, что называя себя „трудармейцами“, они подчеркивали свой - отличный от заключенных - статус, противодействуя тем самым устремлениям лагерного персонала сравнять их положение со статусом „зеков“. Так что в правовом отношении они в подавляющем большинстве все равно находились на положении заключённых: c охраной и блокпостами с караульными собаками. Из трудовой армии формировались отряды – по 1500-2000 человек. Отряды делились на колонны - по 300-500 человек, колонны – на бригады по 35-100 человек каждая.

 

Но даже в этих рабских условиях среди трудармейцев были свои передовики производства, подававшиее пример другим, собирая средства в фонд обороны. В упомянутом выше Богословлаге ими, среди которых - замечу между строк - находился и мой родственник, Карл Эрлих, было собрано и передано Красной Армии более 2 миллионов рублей на строительство воздушной эскадрильи. В телеграмме Сталина в ответ на эту инициативу говорилось: "Товарищам Шмидту, Штолю, Бройтигаму, Обгольцу, Эрлиху, Пфунду, Эппу. Прошу передать рабочим, инженерно-техническим работникам и служащим немецкой национальности, работающим на БАЗстрое, собравшим 353 783 рубля на строительство танков и 1 миллион 820 тысяч рублей на строительство эскадрильи самолётов мой братский привет и благодарность Красной Армии». (См. Константин Эрлих. Живое наследие. Алма-Ата, "Казахстан", стр. 345) Эта телеграмма опосредованно свидетельствует о признании на самом высоком уровне факта патриотического настроя трудармейцев.

Конечно, не надо думать, что этот настрой был „поголовным“. Он проявлялся более в среде молодых трудмобилизованных немцев, которые всем своим поведением, самоотверженным трудом демонстрировали свою „преданность советской власти“, противодействуя тем самым незаслуженному обвинению в пособничестве врагу… Старшее же поко-ление трудармейцев рассматривало свое пребывание за колючей проволокой советских лагерей как очередную кару за свое немецкое происхождение, неоднократно развергавшуюся по отношению к ним, начиная еще с „ликвидацион-ных указов“ царского правительства и дискриминационных рескриптов большевиков в 20-30 гг...

В рядах трудармейцев дело доходило нередко до открытых протестов против рабских условий труда и издевательств лагерного начальства. Комсомольцы и молодежь требовали отправки их на фронт. Давид Нойвирт, бывший трудармеец, мой коллега по работе в газете „Фройндшафт“ вспоминал: „В ключе этих протестов три наших барака забастовали и не вышли на работу, требуя отправки их на фронт. Я был в тот день дежурным по кухне. Вернувшись ве-чером в барак, я застал его пустым. Оказалось, что его обитатели, как и двух других, требовавших отправки на фронт, были увезены в неизвестном направлении… Больше их никто не видел: их всех, где-то… 360 молодых парней, комсо-мольцев, просто расстреляли, - об этом стало известно уже годы спустя…“.

 

Долгое время о жертвах среди советских немцев во время войны, на поселении и в «трудармии» говорить было заказано. Их истинное число неизвестно. Историки называют цифру в пределах 500 тысяч человек. Это 1/3 общего числа немецкого населения страны. В процентном соотношении это больше, чем потеряла Белоруссия, через которую дважды прошла война, потерявшая четверть своего населения.

 

Пустыми глазницами смотрят на нас ушедшие в небытие соплеменники - трудармейцы. Смотрят с недоумением и немым укором к властям предержащим: ну, где же справедливость, где ваша совесть?! Что еще требовалось от нас, чтобы доказать свою лояльность к родной стране?! Почему мы, в конце концов, признанные невиновными, до сих пор не получили полной и  безоговорочной реабилитации?!2.

 

Много лет позже российские немцы были оправданы в части обвинения их в пособничеству врагу. В Указе от 29 августа 1964 г. было обнародовано признание советской власти, что все действия и обвинения против советских немцев признаны огульными и явились результатом культа личности Сталина… Возвращение же в родные места возбраня-лось  … вплоть до 1972 г. А национальная государственность не восстановлена до сих пор…

 

Вячеслав Майер, старшина, защитник Брестской крепости. Фото: ДАЦ-Архив.

В составе действующих боевых частей

 

Тема участия российских немцев в боевых действиях на фронтах Великой Отечественной войны далеко не полностью изучена, потому что во время и долгие годы после войны оставалась за семью замками. Сегодня известно, что уже в первые дни войны российские немцы выступили на защиту рубежей своей родины.

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Во время многочисленных командировок по просторам необъятной страны я многократно встречался с участниками войны из числа наших земляков. Да и два моих дяди, Вилли и Константин (выпускник Харьковского военно-политического училища), воевали в начальный период войны на передовой.

Среди защитников Брестской крепости отличились командир полка майор Александр Дулькайт, подполковник Георг Шмидт, подполковник медицинской службы Эрих Кролл, полковой врач Владимир Вебер, старший лейтенант Александр Вагенлейтнер, старшина Вячеслав Майер, рядовые Николай Кюнг, Александр Герман и др.

Уже 26 июня страна узнала о подвиге российского немца, летчика Николая Францевича Гастелло, осуществившего первый в истории Великой Отечественной войны таран вражеской колонны и посмертно удостоенного звания Героя Советского Союза.

А в „Комсомольской правде“ 26 августа была опубликована статья и стихотворение армейского журналиста Л.Кацнельсона о героической смерти комсомольца из АССР НП Генриха Гофмана, попавшего в плен к врагу и погибшего, не выдав военных секретов. (Константин Эрлих. Живое наследие… Стр. 338.)

Константин Симонов развернул тему патриотизма советских немцев в своем романе  „Живые и мертвые“. Там его герой, генерал Серпилин, говорит об упомянутом  красноармейце Г.Гофмане следующие достопамятные слова: «Дайте мне семь тысяч таких немцев, как он, я из них дивизию сформирую и во главе ее пойду воевать с фашистами». Эти слова генерала и этот эпизод автора романа - дань мужеству и героизму солдат Красной Армии немецкого происхождения! „Красноармеец Гофман – ‘самый настоящий немец Поволжья‘. И об этом факте – пишет Симонов – в дивизии знали и покрывали, несмотря на то, что был строжайший приказ: немцев Поволжья во фронтовой полосе не держать. А этот немец воевал в роте разведчиков, и как раз он захватил того крайне необходимого ‘языка‘, которого в канун наступления приказано было взять на участке 111-й дивизии, и получил за это ‘Отвагу‘. Гофман – фигура символическая - обобщающий образ российского немца. Писатель был верен фактам: граждане СССР немецкой национальности с самого начала войны проявили не меньший патриотизм, чем другие представители многонационального советского народа“, - замечает историк Н. Бугай в беседе с журналистом А.Гришиным.

 

Добавлю: порой патриотизм в их сердцах проявлялся еще более отчетливей и откровенней, я бы сказал, более обнаженней и бурливей, так как уже сам факт их принадлежности к национальности врага довлел над их мировосприятием, заставлял их перестраховываться, совершая чудеса массового героизма!

 

Вначале августа Указом Президиума Верховного Совета СССР боевыми орденами были награждены полковник Н. Гаген, дослужившийся до командующего армией, и капитан А. Шварц. В 153-й стрелковой дивизии, которой командовал полковник Гаген, впоследствии Герой Советского Союза, отличились также российские немцы Б.Бауэр, А.Беккер, К.Кобер, Г.Финк, К.Целлер и др. «Комсомольская правда» сообщила 28 августа (парадокс: в день опубликования Указа Президиума Верховного Совета СССР о выселении немцев Поволжья) – об отважном бойце Генрихе Неймане, сбившем четыре вражеских самолета.

 

Осенью 1941 г. в советских войсках на передовой и в тыловых подразделениях числилось около 46 тысяч российских немцев, в том числе более 1600 офицеров. В обороне Москвы участвовали российский немецкий писатель Х. Эльберг (погиб в 1942 г.), сержант С.Волибрус, красноармеец Д.Энедерг. Ленинград обороняли лейтенант А.Корбмахер, сержант Г.Кельбеккер, рядовые Ф.Гете, И.Алтмаер. Среди защитников Сталинграда были красноармейцы Б.Штеттефельд, Н.Гиллер, С.Вахман, Д.Штосберг, К.Рейсвих. В битве на Курской дуге отличились гвардии сержант Г.Гельфер, рядовые М.Зюсман, К.Грегор, А.Брук, С.Меер, В.Бэм. В числе освободителей Украины и Белоруссии были старшина А.Мауль, рядовые М.Густимайер, В.Штенгель, Г.Бахман, В.Герман, А.Бромверт, Г Гаух, А.Шмидт, Я.Клигер. В боях на территориях прибалтийских республик отличились старший сержант А.Людвиг, младший сержант А.Р.Сальберг, рядовые А.Н. Винтер, Г.Г.Шнайдер. Среди освободителей Польши числятся старший сержант Б.Дейтер и гвардии рядовой И.Вокнер, Восточной Пруссии – бойцы Первой гвардейской стрелковой дивизии Н.Беллер и Клейнц. В боях под Бранденбургом смертью героя погиб лейтенант Л.Беккер.

 

Сотни российских немцев занимали командные должности во всех частях Красной Армии, авиации и флота. Назову лишь некоторые имена: генерал-майор, Герой Советского Союза, С.Волькенштейн, генерал-майор Г.Шульц, заместитель командующего ПВО фронта, генерал-майор авиации А.Борман, полковник Н.Охман, подполковник К.Видеман, капитан А.Штайнле, полковой комиссар И.Миксельберг и др.

На различных фронтах воевали Г.Нойман, Л.Шульц, М.Дистергефт, М.Карий, А.Берш, Э.Вайгель, Т.Бервальд, П.Левен, П.Айсфельд, Г.Михаэлис, А.Гейн, Р.Гейнц, П.Гольц, Я.Болендер, Ф.Трейт, И.Парт, В.Видеман, И.Короб, А.Гаст, О.Шекк, П.Рот, В.Шмидт и др. Двумя Орденами Красного Знамени отмечен подвиг командира танкового батальона В.Хамана, Ордена Красной Звезды удостоен летчик А.Миллер. В 1996 г. звание Героя Советского Союза было посмертно присвоено командиру звена Первого гвардейского минно-торпедного полка Балтийского флота старшему лейтенанту Э. Гомптнеру.

 

Известны случаи, когда российские немцы меняли свои фамилии на более «благозвучные» и участвовали в боевых действиях против врага. Это Пауль Шмидт (воевал под фамилией Али Ахмедов), Петер Левен (Левин), лейтенант Вольдемар Венцель (Венцов), Георгий Рихтер (Смирнов), Фризен (Фрезин), старший лейтенант Бойгель (Бойченко), Зейдель (Иваненко).

Вспоминаю эпизод из личной жизни…Как-то ко мне, ответственному редактору по выпуску немецкой литературы в издательстве „Казахстан“, на улице Абая, 143, зашел сотрудник газеты „Вечерней Алма-Аты“ Шахтов. Ранее мы были знакомы очень поверхностно.  - Проходил мимо, сказал мой гость, решил зайти к земляку…

Что коллега- журналист понимал под словом земляк я не сразу разобрался. Оказалось, что г-н Шахтов имеет с рождения немного другую фамилию, а именно: Шахт, просто Шахт! Я был приятно удивлен и еще более поражен, когда узнал некоторые подробности из биографии журналиста, что он изменил свою фамилию лишь затем, чтобы попасть на фронт, на передовую. И это ему удалось, правда, преодолев немало трудностей, прошел свой – славный боевой путь… Удостоен высоких наград… Я хорошо запомнил прощальное своего гостя: „Но я верну свою фамилию!“.

 

Примечательны судьбы Пауля Шмидта (Ахмедова) и Георга Рихтера (Смирнова), которые, пройдя славный боевой путь, в конце войны были разоблачены советской контрразведкой. Шмидт, на защиту которого стал сам маршал Г. Жуков, получил право вернуться в строй под своей настоящей фамилией, а Рихтер был лишен всех наград и осужден на пять лет лагерей.

 

Общее количество российских немцев, воевавших на фронтах Великой Отечественной войны в советских воинских частях составляло 64 644 человек. Из них: офицеров – 3 178, сержантов – 8 351 и рядовых – 53 115 человек.

 

Роберт Клейн, ст. лейтенант, Герой Советского Союза. Фото: ДАЦ-архив.

Партизанскими тропами

 

С началом войны массовых призывов российских немцев в армию более не производилось. Вместо этого их поголовно, с пятнадцатилетнего возраста, стали мобилизовывать в трудармию. Но, в виде исключения, некоторых всё же призывали в диверсионные отряды и группы, даже если они уже были отозваны из действующих частей Красной Армии и сосланы, как и все немецкое население, из исконных мест проживания в восточные регионы страны.

 

Президент России Владимир Путин недавно вспоминал, что его «отец был членом диверсионной группы, действовавшей во время войны в Ленинградской области под руководством Отто Рихардовича Шмидта». Я запросил в администрации президента, не входила ли названная группа в отряд известного разведчика, бывшего военного летчика, капитана Михаила Ассельборна, награжденного посмертно бое-вым Орденом Красного Знамени.

Ответа я пока еще жду. Но моя догадка имеет под собой определенную базу, так как Ассельборн руководил всеми разрозненными отрядами и группами, засылавшимися в тыл врага в обозначенном В.Путиным ареале в 1942-1944 гг. Сам же Ассельборн прославился тем, что совершил, кроме целого ряда дерзких вылазок во вражеские расположения, неповторимый в истории ВОВ героический 180-суточный диверсионный рейд в тылу врага. Он погиб восьмого июня 1944 г. во время прорыва кольца окружения близ латышского города Карсавой.

Я узнал о подвиге Михаила Ассельборна от Владислава Владимирова, помощника первого секретаря ЦК КП Казахстана Д.Кунаева в 1970-х годах, в бытность мою ответственным по выпуску немецкой литературы в издательстве «Казахстан». А были те времена не простые: советские немцы все еще маялись под ярлыком неблагонадежных.

 

В.Владимиров, известный литератор и публицист, проживающий ныне в Алма-Ате, поведал мне, что Давид Вагнер, сотрудник газеты «Фройндшафт», обратился к нему с просьбой помочь с публикацией своей книги об Ассельборне и его сослуживцах. Имея непосредственный выход на Д.Кунаева, Владимиров доложил шефу суть вопроса. Кунаев посоветовал, чтобы вступительное слово к этой книге подготовил лауреат Ленинской премии Сергей Смирнов, автор знаменитой книги «Брестская крепость» (в ней впервые были названы российские немцы − защитники Брестской крепости.

 

Смирнов согласился, но, увы, не успел – неожиданно скончался. Тем не менее, книга Давида Вагнера «Рыцари без страха» была опубликована и имена Михаила Ассельборна, пулеметчика Фридриха Гольцварта, радиста Иоганна Геги, минера Ивана Фризена вышли из тени замалчивания. Правда, опубликованный В.Владимировым, вослед этому событию, очерк «След в жизни и борьбе» («Простор», 1974, № 1) был подвергнут серьезной критике «за разглашение секретов особой государственной важности».

 

Но Казахстан (по определению В. Владимирова) уже «усыновил» героев, имя Ассельборна упоминалось в докладах Кунаева о бессмертном подвиге советского народа в Отечественной войне. Но только спустя сорок лет после войны, после неоднократных ходатайств, в том числе государственных мужей − Пономаренко, Кунаева, Климентьева, а также взявшего шефство над семьей Ассельборна космонавта Титова, М.Ассельборн посмертно был удостоен ордена Красной Звезды.

 

В числе злейших врагов рейха гитлеровское командование обозначило «террориста-преступника», Героя Советского Союза Александра Германа, действовавшего на территориях Ленинградской и Калининской областей в качестве командира партизанской бригады, а также старшего лейтенанта, Героя Советского Союза, Роберта Клейна, партизанившего в украинских лесах.

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Магдалина Дуккарт, подпольщица, погибла в застенках НКВД, реабилитирована и награждена гос. наградами - посмертно. Фото. архив.

В подполье

 

В конце 1970-х годов журналистские дороги занесли меня в немецкое селение Майкудук в пригороде Караганды.

В книжном магазине я встретился с местными читателями. По окончании этого мероприятия ко мне подошла пожилая женщина, Эмилия Дуккарт, и по секрету сообщила мне, что ее дочь Магда Дуккарт была разведчицей в подпольной группе Виктора Корнева, а по окончании войны по ложному обвинению была арестована и погибла в застенках НКВД.

Волей случая через некоторое время ко мне обратился ленинградский писатель Геннадий Лисов с просьбой перевести его книгу «Право на бессмертие» на немецкий язык и выпустить в свет в издательстве «Казахстан». Меня заинтересовала эта книга, так как кроме портрета разведчика, Героя Советского Союза Виктора Лягина – руководителя Николаевского подполья, в ней шла речь о жизни и борьбе против оккупантов местных жителей − его гражданской жены Магды Дуккарт и Адельхайт Кельм, жены соратника Лягина, Александра Сидорчука, а также неко-торых других российских немцев.

 

Именно семья Дуккарт приняла на постой, за несколько дней до оккупации гитлеровцами города Николаева, советского разведчика, прибывшего из Ленинграда для работы на местной судоверфи, инженера Виктора Корнева (настоящее имя В.Лягин). На семейном совете было решено представить дочь Эмилии Дуккарт, Магду, невестой Виктора, что, впрочем, стало со временем реальностью. Магда, работавшая переводчицей у адмирала фон Бодеккера на Николаевском судостроительном заводе, помогла В.Лягину устроиться туда на работу.

 

Полтора года успешно действовала группа Лягина в Николаеве и окрестностях. Подпольщики подорвали автобазу Четвертой воздушной армии противника и склад запчастей автомобильной и авиационной техники, а также паровой котёл на румынском корабле. Но главное, им удалось уничтожить Ингульский аэродром.

2 февраля 1943 г. Виктор Лягин по доносу женщины-врача местной больницы был арестован. Но ему удалось отвести беду от семьи Дуккартов: гестапо решило, что ни жена его, ни теща не знали, что породнились с советским разведчиком. Вне подозрений осталась и Адельгайт Кельм, муж которой, по неосторожности, подорвался на мине, установленной, о чем гестапо осталось в неведении, им самим на аэродроме.

 

Внук Виктора Лягина − Алексей Есипов повествует следующее: «Эмилия Иосифовна Дуккарт была верной помощницей Корнева (Лягина), без ее дома ему не удалось бы многое из того, что он совершил. Красавица Магда, профессиональная пианистка, дарила Виктору Александровичу так необходимую ему в то время нежность, искреннюю любовь, ее присутствие скрашивало напряженные будни разведчика».

Но если Адельхайт Адольфовне Кельм (скончалась 23 мая 2012 г., на 94-м году жизни) удалось убедить органы НКВД в том, что она вместе с погибшим мужем, Александром Сидорчуком, состояла в подпольной группе Лягина, то у Магдалины Дуккарт это не получилось, и она – невиновная, искренне сотрудничавшая с советским разведчиком, была арестована и после долгих изнурительных допросов и издевательств, доведенная до отчаяния и умственного помешательства, умерла в 1952 г. в Казанской психиатрической лечебнице НКВД.

 

Заметка на полях: Когда я работал над переводом книги Г. Лисова „Право на бессмертие“, я как-то в разговоре с зам. председателя Госкомиздата Казахстана Василием Скоробогатовым коснулся трагической судьбу Магды Дуккарт. Ветеран войны, журналист, писатель поведал мне, что он как-то, будучи гл. редактором областной газеты „Индустриальная Караганда“, сталкивался с информацией, что свой мученический земной путь Магда Дуккарт закончила в Кар-Лаге… Насколько эта информация соответствует действительности, необходимо было бы проверить. Я в свое время это сделать - по понятным причинам - не мог…

Кстати, мать Магды, Эмилия Дуккарт, умерла в 1979 г. в Караганде. Когда в стране началась хрущёвская оттепель, эти женщины были награждены государственными наградами. Но Магда Дуккарт об этом уже не узнала.

 

Широко известно имя Николая Гефта, возглавлявшего подпольную группу в морском порту Одессы. Среди его соратников, кроме русских и украинцев, были также российские немцы: В.Бурзи, А.Берндт и др. Читателям, вероятно, известны фильмы режиссеров Б.Дурова и С.Пучиняна «Повесть о чекисте» (1969) и «Схватка» (1972), снятые по одноименной повести В.Михайлова. Так вот, эти киноленты о советском разведчике, Герое Советского Союза Николае Гефте. После освобождения Одессы советскими войсками он был назначен командиром партизанского отряда «Авангард», действовавшего на территории Польши. 25 августа 1944 г., попав в засаду, он погиб.

 

Героизм российских немцев на фронте и в тылу противника был массовым. Несмотря на высочайший запрет участвовать в военных действиях на передовой, они пробивались на фронты и дали стране около двух десятков Героев Советского Союза, неисчислимое количество кавалеров боевых орденов. И это при том, что их подвиги нередко уничижались, так как за ними непрестанно следовала тень неблагонадежности и подозрительности.

 

Преклоним же колени перед этим мужественным народом!

 

Константин Эрлих,

д-р философии, кандидат исторических наук. 

 

См. также: https://www.neue-semljaki.de/images/journal/aug-2018.pdf

https://www.kp.ru/daily/26695/3720102/

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Theatertruppe, ein Szenenbild. Tara, Gebiet Omsk. Foto: Archiv.

 

 

 

 

 

Овации сквозь слезы:
на сцене - трагедия российских немцев

 

 

Долгих 75 лет после Указа Президиума Верховного Совета СССР от 28 августа 1941 года

о выселении немцев Поволжья невозможно было даже представить себе такое событие...

 

Начало на стр. 1.

 

Ведь в советские годы писать о репрессиях, о депортации, о несправедливостях, о положении российских немцев и даже об их истории, довоенной и дореволюционной, было запрещено. И хотя еще в 1964 году обвинения, выдвинутые указом, были признаны беспочвенными и сняты, и хотя еще в 1991 году в России был принят Закон «О реабилитации репрессированных народов», по которому должна была быть восстановлена ликвидированная Автономная республика немцев Поволжья, и хотя уже больше 20 лет периодически заседает Межправительственная российско-германская комиссия «по сотрудничеству в восстановлении государственности российских немцев», - говорить о трагичном прошлом и безрадостном настоящем российских немцев до сих пор было как-то… ну, мягко скажем, нежелательно. А тут…

В далекой Сибири, в небольшом городке Таре (27 тысяч жителей) Омской области, в местном театре 30 сентября 2017 года состоялась премьера. Был показан спектакль «Папин след» по известной повести Гуго Вормсбехера «Наш двор». Многие знают, что эта пронзительная повесть, написанная почти 50 лет назад, - именно о трагедии российских немцев. И что сама повесть прошла нелегкий путь, будучи под запретом почти до развала СССР.

 

Премьера произвела глубокое впечатление на зрителей. И не только на российских немцев: ведь трагедия нашего народа мало или совсем не известна в стране уже нескольким поколениям. Отмечалось также, что на премьеру в Тару прибыли представители Омской областной немецкой национально-культурной автономии и даже группа молодежи из Германии.

 

А затем, меньше, чем через два месяца, в Таре, в том же театре, носящем имя Народного артиста СССР Михаила Ульянова, прошел Всероссийский театральный фестиваль, посвященный 90-летию артиста. На этом фестивале вне конкурса был показан и спектакль «Папин след» (режиссер Константин Рехтин). Несмотря на то, что спектакль был внеконкурсный, он завоевал «Приз зрительских симпатий» и даже получил специальный приз жюри фестиваля «За высокие художественные достоинства и защиту общечеловеческих ценностей».

 

Более того: 25 ноября спектакль «Папин след» был показан в г. Омске, где в это время проходила конференция Областной национально-культурной автономии российских немцев. И на этот спектакль был приглашен сам автор повести «Наш двор», писатель Гуго Вормсбехер, живущий сегодня в Москве. После спектакля и после долгих оваций исполнителям и режиссеру, его тоже попросили на сцену, где он сказал:

 

«Сегодня очень необычный для всех нас день. Ведь 76 лет назад, в такое же зимнее время, мы оказались в этой же необъятной Сибири, выселенные из родных мест, обвиненные нашей же страной в предательстве, которого мы не совершали. В такое же время вскоре увезли под конвоем за колючую проволоку наших отцов, а затем и матерей – на лесоповал в тайгу, на стройки Урала, на шахты и рудники. После чего дети на годы остались одни – среди чужих людей, без собственной крыши над головой, без знания русского языка, без средств к существованию.

 

Целый народ, предки которого были когда-то приглашены Россией, народ, который внес в становление и развитие Российского Государства огромный вклад, уступающий по значению только вкладу самого русского народа, был репрессирован не за конкретную вину, а превентивно. Он снова, как в годы Первой мировой войны, стал виновным. Потому что Россия и Германия к 1941 году снова, как к 1914 году, добились таких успехов и могущества, что третьи силы в мире опять столкнули два великих народа, две великих страны в кровавой бойне, чтобы ослабить их как своих соперников. И снова в России виноватыми перед ней сделаны были ее же немцы. Только потому, что были одной национальности с ее противником.

 

Лишь после войны смогли родители – те, кто выжил, вернуться к своим детям – к тем, кто выжил. Но репрессии с окончанием войны не закончились. Еще 10 лет после нее мы были под надзором спецкомендатуры, были ограничены во всех правах, даже в праве на образование. И даже когда другим репрессированным народам разрешили вернуться в свои родные места и восстановили их автономные республики, немцам – не восстановили. Только в 1964 году с нас были сняты обвинения 1941 года, однако наказание осталось.

 

В 1965 году две делегации российских немцев отважились поехать в Москву, чтобы добиться реабилитации, но положение только ужесточилось. Даже в центральной газете для российских немцев, издававшейся тогда в Москве, запрещалось писать об истории и проблемах народа. Запрещалось даже употреблять слово «Волга», чтобы не вызывать «ненужных мыслей». После делегаций была закрыта вся очень развитая тогда у нас художественная самодеятельность – «чтобы не порождала автономистских настроений». Нам предлагалось петь «в общем хоре» с другими…

 

Повесть «Наш двор» была написана задолго до перестройки. Она тоже была запрещена к публикации. Запрет продержался 15 лет. Но и после публикации она долго оставалась под надзором. Так, ее хотели инсценировать в Немецком драматическом театре в Казахстане – «не получилось». «Мосфильм» вместе с западногерманской киностудией хотел поставить по ней фильм – «не получилось». «Театр на Таганке» в Москве лет 15 назад готовился поставить по ней спектакль – «не получилось».

 

И вот сегодня, через 76 лет после начала нашей трагедии, инсценировать повесть наконец удалось. Я глубоко благодарен Омской области за то, что это удалось сделать именно на сибирской земле. Я глубоко благодарен Омской областной немецкой национально-культурной автономии за большое содействие в этом. Но особая моя благодарность – драмтеатру города Тары, его главному режиссеру, его коллективу – за мужество в выборе этой повести для спектакля, за глубокое проникновение в ее материал и атмосферу, за глубокое сопереживание трагедии нашего народа.

 

Думаю, что эта работа театра будет иметь значение, выходящее далеко за пределы региона. Потому что этим спектаклем театр, можно сказать, первым в нашей стране дал начало процессу сближения наших народов через показ их истории и проблем, через устранение неведения и предубеждений. А это очень важно сегодня и для национальной политики нашей страны, и для самой нашей многонациональной страны, потому что углубляет взаимопонимание между народами, сближает их, и тем самым укрепляет их единство.

 

Мы уже ощутимо чувствуем, что наступает другое время. Ведь мы еще хорошо помним, через что мы прошли сами и через что прошла вся страна. Помним и то, какой Россия досталась нынешнему ее президенту после нескольких лет беспредела в ней команды первого ее президента. Помним, что ущерб, который был нанесен стране этим беспределом, был в два с половиной раза больше, чем ущерб от Великой Отечественной войны. И мы понимаем, что тогда в стране было не до отдельных проблем, в том числе и нашей, российских немцев: всем нам тогда надо было сначала спасти наш общий дом – нашу общую страну.

Гуго Вормсбехер, автор повести "Наш двор".

Сегодня мы видим, что страна во многом уже совсем другая, чем была еще 15 лет назад. Видим, что она опять способна решать и большие проблемы. Видим, что и на международном уровне ее, авторитет, роль и возможности неизмеримо возросли. И я думаю, мы можем надеяться, что сегодня нашей стране вполне по плечу решить и такой давний вопрос, как восстановление справедливости по отношению к российским немцам – единственному ее до сих пор не реабилитированному народу».

 

Наверняка многие из нас, несмотря на всю боль от так затянувшегося прихода справедливости и к нашему народу, могут согласиться с тем, что сказал автор повести «Наш двор» своим созрителям в зале…

 

Информация об этой новой работе театра расходится все более широко – достаточно набрать в интернете в Яндексе «Папин след». Все больше информации поступает и о планах театра, о том, что он получает предложения показать спектакль и в других регионах Сибири, в европейской части страны, в самой Москве, а также в Казахстане, и даже в Германии.

 

Не только побывавшие на спектакле российские немцы испытывают чувство глубокой благодарности Северному драматическому театру Омской области в г. Тара, – за внимание к судьбе нашего народа, за следование лучшим традициям дружбы народов нашей страны, за высокое творческое достижение. И можно, наверное, надеяться, что и другие российские немцы получат возможность ознакомиться с этим спектаклем.

 

И что общественные организации российских немцев, как на постсоветском пространстве, так и в Германии, сделают всё, чтобы тысячи российских немцев и людей других национальностей смогли увидеть этот спектакль и лично выразить свою глубокую признательность коллективу театра.

 

Д-р Вальтер Фризен (Dr. Walther Friesen, Inst. f. Orient.),
 зам. руководителя Экспертной группы по вопросам российских немцев (Дортмунд).

 

Для читателей – ссылки по теме:

 

1. Северный драмтеатр г. Тара: https://www.facebook.com/groups/norddrama/?multi_permalinks=1797518903879319&notif_id=1512360600269102&notif_t=group_activity 

2. Омская Областная НКА российских немцев: http://rusdeutschomsk.ru/index/nnka_omskoj_oblasti/0-10

http://rusdeutschomsk.ru/news/papin_sled_prizyvaet_najti_sokhranit_priumnozhit/2017-11-28-701

3. Спектакль «Папин след» в г. Омске 25.11.2017.

Фото Андреас Дель (553.7 Мб): https://cloud.mail.ru/stock/oFKkxftiW6XZkipwscnVDyM5

4. Читать повесть “Наш двор”: http://www.proza.ru/2011/01/29/1759

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Интервью Натальи Зауэр с Дмитрием Ремпелем.

GEDENKTAG 2017 -

ДЕНЬ ПАМЯТИ И СКОРБИ

 

Начало на стр. 1.

 

День, который не забыть...

 

К 12 часам дня у здания Рейхстага стало многолюдно, как обычно было много тури­стов. Люди с любопытством поглядывали на сцену, подходили с вопросами и с инте­ресом слушали речи выступавших.

 

Проповедь о душах погибших в кон­центрационных трудовых лагерях и в изгнании прочитал представитель Гер­манской церкви Христиан веры еван­гельской, проповедник Петр Тройе. На протяжении последних 10 лет он вместе с церковными хоровыми коллективами принимает активное участие в проведе­нии митинга Памяти. Депортация кос­нулась и его семьи.

 

«Мои предки – немцы Поволжья, - рас­сказывает Петр Тройе, – в начале войны они были высланы вначале в Кемерово, затем в северный Казахстан. Пережили нищету, голод, смерть близких людей. Но они ни­когда не теряли надежду и веру в живо­го Бога, веру в то, что существует в мире справедливость. Это помогло им пережить тяжелые времена. Я вырос в христиан­ской семье, мои предки всегда оставались верующими людьми, несмотря на то, что в СССР пытались выбить из людей веру в Бога. Очень важно знать историю своего народа, ведь не зная прошлого, мы слепо идем в будущее. На ошибках прошлого мы должны учиться, чтобы подобная трагедия никогда больше не повторилась».

 

Торжественное мероприятие сопрово­ждалось большой концертной программой. В паузах между выступлениями ораторов исполняли песни и играли на различных инструментах четыре молодежных музы­кальных группы, приехавших из городов Клоппенбург и Шпайер. Молодые люди своей прекрасной музыкальной програм­мой покорили слушателей. Организовал их приезд и концерт на митинг Памяти го­сподин Тройе.

 

Во второй части торжественного собра­ния к участникам митинга обратился Дми­трий Ремпель – председатель партии «DIE EINHEIT», а также член Всегерманского общественного объединения «Heimat» e.V.: «Митинг Памяти – важное мероприятие для многих российских немцев, в том чис­ле и для меня. Мои прадеды и деды также пострадали от репрессий. Один дед был 10 лет в тюрьме, другой - 25 лет в ссылке. Бу­дучи наказанными за преступление, кото­рого не совершали, они не обозлились на политиков. Поэтому моя сегодня задача, как политика не допустить повторения подобных ошибок. Хочу поблагодарить людей, которые организовывают это меро­приятие, потому что если мы перестанем проводить подобные митинги Памяти и начнем забывать ту войну, то может на­чаться другая. Странно и обидно, что на это мероприятие не приходят представители власти и правящих партий. Даже перед выборами в Бундестаг они, к сожалению, не нашли времени, чтобы посетить митинг Памяти и высказать нам, российским нем­цам, свою поддержку. Вижу, сегодня здесь присутствует много молодежи, это безус­ловно радует. Традиция проведения Дня Памяти должна жить и продолжать ее мо­лодым. Им нести это знамя дальше!»

 

 

«Народ родной мой, ты мной был всегда любим»

 

Продолжил торжественное меропри­ятие солист оперы Виктор Гартфельдер, исполнив песни - «Исход» на слова Алек­сандра Приба и Виктора Миллера и «Гимн российских немцев» - Константина Эрлиха. Слова песен задели многих присут­ствующих за живое и никого не оставили равнодушным.

 

Припев из «Гимна российских немцев»:

 

«Народ родной мой, ты мной был всегда любим,

ты путь земной мне сердцем освещал своим.

Из Волги-матушки, седого Рейна вод

бурливой лавой твоя кровь во мне течет».

 

Mein trautes Volk, leb in die Ewigkeit hinein –

der deutschen Mutternation - ein Edelstein,

von Mutter Wolga und des Vaters Rhein Geblüt, -

die Welt entzücken soll dein Glanz, der nie verblüht...

 

Отрывок из песни «Исход»:

 

«Долго в пасынках держала

нас безжалостная власть,

За людей нас не считала,

затоптать пыталась в грязь.

Мы страдали, мы терпели,

ожидая лучших дней,

Мы душой не очерствели,

верили в народ, в людей».

 

Виктор Гартфельдер рассказал нам, что не только из песен знает о страдани­ях российских немцев-переселенцев. Его родители тоже были насильно высланы из немецких поселений, находившихся под Житомиром (Украина) в Бурятию. У его матери Эльзы Филипповны было пя­теро детей, один ребенок умер в дороге на чужбину. Последним их пристанищем стал Туркменистан. Во время Второй мировой войны пропал без вести муж, и Эльза Филипповна осталась одна с ма­ленькими детьми, но выжила, не слома­лась. На родину своих предков, Германию, Виктор Гартфельдер переехал вместе с семьей из Ашхабада в 1998 году. С тех пор он живет в Берлине и работает в различных театрах оперным певцом.

 

Также с речью на памятном Митин­ге выступил постоянный его участник, председатель партии «Die Linke» в городе Квакенбрюке, руководитель организации «Народная дипломатия Германии» Андре­ас Маурер. Мы попросили г-на Маурера рассказать нашим читателям о себе и о том, почему он ежегодно посещает День памяти и скорби.

 

«Мои родители этнические немцы также были депортированы. Отец жил в Республике немцев Поволжья и был выслан в Казахстан, мама жила в Ставропольском крае и тоже была выслана в Казахстан. Там мои родители познакомились и пожени­лись. Они никогда не покидали надежды вернуться на родину. В 1988 году моя се­мья переехала в Германию, тогда мы были одними из первых российских немцев, кто покинул Советский Союз. Мне было 18 лет и я не знал немецкого, в кругу семьи мы общались на диалекте – платт­дойч. Я долго не разговаривал по-немецки, но постепенно начал учить язык и вскоре овладел им. У меня были очень хорошие учителя, спасибо им большое. После окон­чания учебы я стал государственным чи­новником, работал на почте, параллельно занимался политикой. И вскоре полностью ушел в политику.

В партии левых состою с 2008 года. Основал организацию, которая называлась «Народ за мой регион». Помо­гали мне во всех начинаниях мои соратни­ки - тоже, как и я, немцы из СССР. Мы с ними в одной команде вот уже 15 лет. 18 августа я принимал участие в Крыму на подобном мероприятии – Дне Памяти и Траура, по­священному памяти высылке российских немцев из Крыма.

 

В России это масштабное меро­приятие проходит в торжественной фор­ме, представители Правительства РФ от­крыто говорят, что это была историческая ошибка, несправедливость по отношению к российским немцам. На Дне Памяти при­сутствовал глава Республики Крым Сергей Аксёнов. Тут есть чему поучиться у рус­ских. Это хороший пример для Германии, ведь наши представители власти и поли­тики, к сожалению, игнорируют это меро­приятие. Но мы и впредь в этот день будем собираться, чтобы почтить память тех, кто не вышел живым из-за колючей проволо­ки так называемых трудовых лагерей и для того, чтобы поклониться и сказать спаси­бо тем, кто все это пережил и выжил».

 

Посетили траурное мероприятие так­же члены организации «Russland-Deutsche Wölfe» e.V. во главе с ее руководителем Александром Штайнле. По словам г-на Штайнле, они впервые на митинге Памяти и считают это нужным мероприятием, которое обязательно необходимо проводить и в будущем.

 

Хотим поблагодарить организаторов и всех активистов, принимавших уча­стие в митинге Памяти, без которых это ежегодное мероприятие на площади Рейхстага не состоялось бы.

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К 75-летию со дня изгнания российских немцев из мест их исконного проживания (1941-2016)...

 

Лидия Майер

 

Бабушкина песня

 

Начало на стр. 1.

 

Бабушка моя любила петь.

Помню я ее всегда поющей.

Хоть и жизнь ее, коль посмотреть,

Быть могла б и веселей, и лучше.

Но судьбу себе не выбирать

Немцам из республики на Волге.

В 41-ом был приказ: их гнать!

Гнать – и все! И разговор недолгий.

Впрочем, депортация была

Лишь началом долгого страданья.

Магистраль стальная их везла

Вглубь, в пучину зла и расставанья...

Как же из подкошенных людей

Батальоны трудармейцев встали?!

Как? Спросить бы нынче палачей,

Тех, что те приказы выполняли.

А приказы? Были ли еще

Злей, бесчеловечнее, жесточе?

Чтоб от женщин отрывать детей

Все равно – средь дня или средь ночи?

И в народе видеть только скот,

Скот бесправный, пахотный, рабочий?

А война идет, идет, идет,

Строй же трудармейцев все короче...

Каждая немецкая семья

В том строю родных не досчиталась.

Бабушка назад пришла одна –

Муж и сын навек в тайге остались...

 И – ни похоронки, ни креста,

Где бы можно праху поклониться.

Лишь теперь я знаю: неспроста

Помню и порой ночами снится:

У калитки бабушка стоит

И, глаза от солнца заслоняя,

Вдаль, куда-то в улицу глядит,

Где фигура движется мужская.

А потом легко слезу смахнет:

-Соллнышко сегодня ярко светит!

И печально песню запоет...

Простодушно верили ей дети.

Бабушка моя любила петь.

Помню эти грустные напевы

И такую в них печаль и боль,

Что для вдоха не хватало неба...

А было, лишь теперь я поняла:

Сердце болело – бабушка пела,

Память горела – бабушка пела,

Горе приспело – бабушка пела,

Тело болело – бабушка пела.

Бабушка моя любила петь.

Бабушка моя спасалась песней.

Ведь без песни можно умереть

В том молчанье, в тишине зловещей...

 

3. Молчанье

 

В той стране, где на правду

Всегда недород,

Может правду веками

Не ведать народ.

И какую же правду

Вам надобно знать?

Немцы умерли все,

Их не надо искать!

Нет на карте республики

Немцев Поволжья,

Значит, немцев нет тоже!

Найти – невозможно!

Так мы жили в России –

Как будто нас нет.

Там не каждому –

Щедрый полуденный свет.

Там иные должны

Оставаться в тени,

Если чьим-то глазам

Неугодны они.

И в молчании полном

Пришли мы сюда.

Нас никто и нигде

Не спросил: « Вы куда?»

И никто не заметил,

Как целый народ

Поднялся безнадежно

На тяжкий исход...

 

4.Возвращение

 

Мы вернулись. Что предки

Сказали б на это?

У истории нет,

Как известно, ответа.

Но, наверно, как предки,

Мы ищем ответ:

Верным был этот шаг

Или, может быть, нет?

Может, кто-то со мною

И не согласится,

Но Россия ведь снится,

Пока еще снится.

Как селенья германские

Прадедам снились,

Хоть повозки давно

По России катились.

Повторилась судьба.

Круг скитаний замкнулся.

Хоть чужой – голубой

Небосвод распахнулся,

И, как предки, для веры

И счастья в пути

Все мы ищем в нем свет

Путеводной звезды...

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Президенту Российской Федерации г-ну Путину В.В.

 

Уважаемый Владимир Владимирович,

 

волею судьбы и своими личными волевыми качествами Вы внесли неоспоримо грандиозный вклад в развитие современной цивилизации, разрушив жандармский однополярный мир, во весь голос заявив право России, российского многонационального народа, других народов планеты на свободное развитие в соответствии со своими традиционными духовно-философскими устоями, провозгласив на весь мир о праве народов самим решать свою судьбу, на свое исконное стремление жить в родственном окружении, о законной ответственности материнского этноса за своих собратьев по природной принадлежности и духовной культуре.

 

Общеизвестно, что вклад российских немцев в развитие экономики, военного дела, науки и культуры России, начиная с 12 века, воистину огромен. Чтобы в этом удостовериться, не надобно ворошить анналы истории, достаточно окинуть взглядом стены Георгиевского зала Кремля, где Вы, господин Президент, не редко проводите значимые государственные мероприятия, награждения граждан страны за достижения во благо России, и не трудно будет заметить, что чуть ли не треть фамилий в длинных списках великих людей Государства Российского - немецкие!

 

Мы требуем от руководства России конкретных практических действий по восстановлению нашей национальной государственности на территории Российской Федерации, отобранной у нас в результате огульных обвинений, а от правительства Федеративной Республики Германии прекращения сабботажа восстановления справедливости в соответствие с волеизъявлением нашего народа, выраженном в решениях 1-ого Чрезвычайного съезда немцев СССР 1991 года и на 1-ом Съезде немцев России 1993 года, а также Указом Президента России «О неотложных мерах по реабилитации российских немцев» (№ 231 от 21.02.1992 г.) и российско-германским Протоколом 1992 года, с тем, чтобы на нашем запланированном на 2015 год национальном Съезде начать практическую реализацию вопроса, положительное решение которого не только в интересах нашего многострадального народа, но и, в первую очередь, в интересах многонациональной России, с которой сотни тысяч наших соплеменников искренне связывают свою национальную перспективу!

 

Наш автохтонный российский немецкий народ более не должен оставаться в сиротском положении! Он заслужил уважительного отношения к себе!

 

Я не случайно подчеркиваю автохтонность моего народа, потому что сегодняшние российские немцы – это не просто потомки иностранцев, приглашенных Петром Первым и Екатериной Второй и другими Престольными особами Российской Короны в страну, мы являемся аборигенным, государствообразующим этносом, зародившимся в недрах России и состоявшимся славным, самобытным народом, со своей германо-славянской идентичностью, немецко-русской ментальностью, которыми мы заслуженно гордимся...

 

Смею предположить, что за Вами ход, г-н Президент!

 

С сердечной благодарностью за исчерпывающий ответ от имени инициативной группы России, Казаxстана и Германии Константин Эрлих - гл. редактор международного интернет-издания "ДипКурьер / Russlanddeutsche Allgemeine" (www.rd-allgemeine.de), историк, член Союза писателей России.

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Первый съезд советских немцев. Москва, 12-15 марта 1991 г. На переднем фоне казахстанская делегация. В третьем ряду в центре, 4-й справа - K. Эрлих; в четвертом ряду, 3-й слева - Г. Гроут. Фото: архив.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Генрих Гроут

 

К истории российского немецкого национального движения

 

Неудавшаяся нерасторопная попытка руководства СССР решить национальную проблему советских немцев в 1979 году, путем создания для них автономии на территории Целиноградской области, дала новый толчок для основательного осмысления этой проблемы и активизации действий в среде наших соплеменников.

 

Ознакомившись с этой абсурдной идеей, Константин Эрлих (позже ставший соорганизатором трех делегаций 1988 г., соучредителем ВОСН «Возрождение», основателем и многолетним лидером его казахстанской структуры) пришел с другим активистом немецкого национального движения Вениамином Гинцем, к мысли сформировать новую делегацию для поездки в Москву с целью убеждения руководства страны в необходимости и целесообразности решения главной проблемы своего репрессированного народа на его исконной поволжской родине.

 

За год до целиноградских событий 30-летний Эрлих по рекомендации коллектива и рескриптивному решению высшего эшелона союзной партийной иерархии возглавил редакцию по выпуску немецкой литературы при издательстве «Казахстан» в столице Республики Казахстан.

 

Здесь он активизировал контакт с пишущей братией из среды советских немцев, со многими из которых был ранее знаком и быстро выявил тех, кому небезразлична судьба народа. В частности, познакомился с проживавшим в Алма-Ате, уже упомянутым Вениамином Гинцем – участником второй делегации 1965 г. и сорванной третьей делегации 1967 г. Вдвоем они пришли к решению не медлить и срочно, по свежим следам, как говорится, готовить новую делегацию к летy 1980 года.

 

Оба подбирали людей для этого из круга своих знакомых, не сводя их в единый список по конспиративным соображениям. Константин Эрлих создал при своей редакции в Алма-Ате штаб по подготовке новой делегации, которая, в случае положительного развития событий, должна была стать третьей, добившейся приема в Москве. В этот штаб кроме Эрлиха и Гинца вошли Якоб Фишер (тогда молодой учитель одной из сельских школ Казахстана), Андрей Гартунг (заслуженный учитель страны) и Арно Прахт, преподаватель вуза из Хмельницка (Украина), пребывавший в то время в Алма-Ате на отдыхе.

 

Константин Эрлих также подготовил делегатов из числа своих активистов по прежней работе на Омском и Алма-Атинском республиканском радио: Т. Фукса (бригадира животноводческой бригады в Кокчетавской области), А. Римера (директора совхоза «Еркеншиликский» в Целиноградская область), К.Вельца (пенсионера из Целинограда), Валентину Рига (секретаря парткома совхоза «Петерфельд» из Северо-Казахстанской области).

 

Из Омска подключать никого однако не стал, так как все активисты, так или иначе занятые этой темой – от бывших студентов, с которыми он учился в одном вузе, так и преподавательский состав – среди них "автономисты-симпатизанты" проф. Г. Едиг, В. Шмунк, Р. Корн, Р. Рупп, А. Кох и др., находились под колпаком спецорганов.

 

Из Алма-Аты он заинтересовал Л. Эрлиха (пенсионера), Рудольфа Маурера (пенсионера). В. Михаэлиса (художника), В. Бауэра (пенсионера), И. Зауэра (диктора немецкого вещания). В Москве к делегации должна была присоединиться группа во главе с Г. Вормсбехером. В составе этой группы ожидались Иоганн Варкентин, Курт Видмайер и Роберт Вебер.

 

Готовность к участию делегации высказали Яков Геринг (депутат Верховного Совета СССР из Павлодарской области Казахстана), Фридрих Шнайдер (депутат Верховного Совета СССР из Алтайского края), а также писатель Герольд Бельгер из Алма-Аты (согласившийся на участие с оговоркой, т. к. запланировал отпуск в Юрмалу).

 

В резерве у Эрлиха значились: Д. Бурбах (директор совхоза «Красноярский», Целиноградская область), В. Гейнц (ученый, Алма-Ата), И. Сартисон (собкор газеты «Нойес Лебен» по Алма-Атинской области), Р. Вайнбергер (редактор технической литературы в издательстве «Казахстан», Алма-Ата), и некоторые другие.

 

Для готовящейся делегации Эрлих подготовил пояснительную записку - очерк истории советских немцев, их вклада в экономическое, культурное развитие и становление российского, а также советского государства, о достижениях Hемреспублики в предвоенное время, обосновал необходимость ее восстановления. Гинц стал автором проекта письма на имя Генерального секретаря ЦК КПСС и руководителя государства Л.И. Брежнева, которое отредактировал Эрлих. К концу июля 1980 года подготовительная работа была завершена, а сбор делегатов в Москве должен был состояться в середине августа.

 

Однако сотрудники КГБ заблаговременно узнали о готовящемся несанкционированном мероприятии и предприняли соответствующие контрмеры. Они поступили так же, как и для делегации, готовившейся к прорыву в Москву в 1967 году, то есть создали технические препятствия для прибытия в Москву.

 

В Алма-Ате вдруг не оказалось билетов на авиарейсы до столицы страны, что помешало Эрлиху и Гинцу своевременно вылететь туда. Некоторых участников делегации сняли с различных поездов, направлявшихся в Алма-Ату или в Москву. В результате до места назначения добрались только Якоб Фишер и его активисты Андрей Гебель, Владимир Горн и Давид Эккарт.

 

Вениамина Гинца, которого Эрлих рекомендовал в качестве руководителя данной делегации, арестовали и поместили в психиатрическую больницу, а позднее депортировали в ГДР. А. Гартунг, ошеломленный этим арестом и опасаясь собственного, сжег хранившиеся у него документы делегации.

 

Часть делегатов, оставшаяся в Москве без руководства и напуганная произволом властей, вернулась обратно. Обо всем этом мне совсем недавно, уже после выхода в свет книги Вилли Мунтаниола, который был среди организаторов упомянутой выше аналогичной (несостоявшейся) делегации 1967 года, поведал Константин Эрлих.

 

Поскольку об этих попытках созвать третью делегацию в 1967 и 1980 гг. почти ничего не было известно общественности в СССР, то собравшаяся в апреле 1988 г. в Москве инициативная группа советских немцев, с участием автора данных строк, объявила себя третьей делегацией, подчеркнув тем самым преемственность и приверженность предыдущим делегациям 1965 г. Роль и место этой, а также последующих четвертой и пятой делегаций в новейшей истории российских немцев описаны во многих материалах, в том числе и в моем докладе на международной научно-практической конференции, посвященной 20-летию ВОСН «Возрождение», состоявшейся в Берлине 28 марта 2009 года.

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Antonina Domke und Rudolf Bender sprechen zu "Russlanddeutsche im 2. Weltkrieg". Foto: „KulturA-Z“ e.V.

Russlanddeutsche im Zweiten Weltkrieg

 

Gedenkveranstaltung in Soest

 

Anfang S. 1.

 

Das Datum 70 Jahre seit Ende des Zweiten Weltkrieges hat uns dazu veranlasst, an die schlimmen Jahre 1941-1945 zu erinnern, denn das Kriegsende hat für unsere russlanddeutschen Landsleute noch lange nicht das Ende von Elend und Leid bedeutet: die Zwangsarbeitslager haben noch weiter bestanden, noch mehr, man hat die Russlanddeutschen unter die Sonderaufsicht der Kommandantur gestellt, die bis Mitte der 50-er Jahre aufrechterhalten worden ist.

 

Erst 1964 ist die teilweise Rehabilitierung der angeblichen „Volksfeinde und Diversanten“ gefolgt; das Brandmal der „Unzuverlässigkeit“ haben die Deutschen Bürger der SU bis in die späten 80-er Jahre hinaus zu tragen gehabt. In die Geschichte unseres russlanddeutschen Volksschlags ist diese Zeit als Jahrhundertdrama eingegangen.

Ausstellungsexponate. Foto: KulturA-Z e.V.

Das wurde ganz deutlich sichtbar, als mein Vater, Emil Domke, Jahrgang 1928, über das Schicksal seiner Familie berichtete, wo die Repressionsrate alle 100 % betrug: 4 männliche Mitglieder (sein Vater und drei ältere Brüder) wurden in den Jahren 1937-1938 von der NKWD verhaftet und erschossen; 4 restliche Mitglieder (seine Mutter, sein Bruder, seine Schwester und er selbst) wurden 1941 aus Wolhynien nach Kasachstan deportiert, später im Ural in der so genannten „Trudarmee“ und anschließend unter Sonderaufsicht fest-gehalten...

 

Somit: man kann und man darf das, was unseren Müttern, Vätern, Großeltern zugestoßen ist, nicht vergessen oder verdrängen – unsere Erinnerung muss weiter gepflegt werden. Das ist eine Ehren-sache der Nachkommen.

 

Und das tun wir auf unsere Art und Weise: Wir bewahren Lieder, schreiben Familiengeschich-ten auf, mit Hilfe von historischen Fotos, Bildern bzw. Haushaltsgegenständen erinnern wir an unsere Sitten, Traditionen und bieten Vorträge sowie Referate. Bei der Vorberei-tung des erwähnten Gedenktages sind uns sehr die literar-publizistischen Texte von Konstantin Ehrlich zugutegekommen.

Auftritt des Chors. Foto: KulturA-Z e.V.

Seine geschichtlichen Recherchen, seine Gedichte, und insgesamt die philosophische Sichtweise haben uns in unserem Vorhaben bzw. Visionen bestärkt – und wir bedanken uns ganz herzlich für sein Engagement und seine Unterstützung!

 

Also nochmal: Warum erinnert man sich immer noch an die 70 Jahre zurückliegende Zeit? Manch einer sagt, es soll ruhen, es ist vorbei und kommt nie wieder…

 

KulturA-Z hat darauf eine Antwort – die Wahrung und Weitergabe der Geschichte gehört zu den Aufgaben jeder Generation. An dieser Stelle wäre es angebracht, sich an die Worte des Richard von Weizsäcker zu erinnern: „Wer aber vor der Vergangenheit die Augen verschließt, wird blind für die Gegenwart.“ Dem hätten wir noch hinzuzufügen, dass es ohne die Vergangenheit auch keine Zukunft geben kann...

 

Danke, lieber Konstantin Ehrlich, dass Sie so eine wichtige Rolle im Werdegang unserer Generation spielen! Vielen Dank auch an Rudolf Bender und seine Familie für den selbstlosen Einsatz in Sachen Wahrung unseres identitätsbezogenen Gedächtnisses!

Antonina Domke,

Beauftragte für Kultur- und Öffentlichkeitsarbeit KulturA-Z e. V. Soest NRW www.kultura-z.de

antoninadomke@web.de

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Гуго Вормсбехер. Фото: архив.

Гуго Вормсбехер

 

Нацполитика из-под плинтуса или Окончательное решение немецкого вопроса по А. Журавскому?

 

Реабилитация» российских немцев так затянулась, и в ней уже столько наворочено, что казалось: удивить чем-то еще трудно. В самом деле: в 1941-ом их обвинили в укрывательстве на своих пшеничных полях «десятков тысяч германских шпионов и диверсантов»; на основе этих «достоверных данных» весь народ был выселен в Сибирь и Казахстан и всех, от 15 до 55 лет, на годы отправили за колючую проволоку в «трудармию»; после войны ввели режим спецпоселения (20 лет каторги за нарушение); в 1957-ом, когда другим репрессированным народам восстановили их республики, немцам – нет: они, как оказалось по более достоверным данным, хорошо работали, и регионы не хотели их терять; в 1965-ом с них сняли, наконец, все обвинения как необоснованные, но наказание оставили; в 1972-ом секретно отменили и запрет на возвращение «домой», - только не туда, откуда были выселены; в 1979-ом решили создать им автономную область в Казахстане, не спрашивая ни их, ни казахское население, и спровоцировали жесткие антинемецкие акции… После такого любой народ вроде бы должен быть готов уже ко всему.

 

Но впереди ждало еще немало. Перестройка опять вызвала надежды. В 1989-ом обещали восстановить АССР немцев Поволжья, но вновь появились «протесты местного населения»: «Лучше СПИД, чем немецкая автономия!» - предложили светлую альтернативу этому населению организаторы. В 1991-ом приняли Закон «О реабилитации репрессированных народов», но «гарант Конституции», подписав его, поехал на Волгу, где «ответственно», во все 40 градусов, заявил: «Никакой немецкой автономии не-бу-дет!». И предложил немцам селиться на военном полигоне, выкапывать там снаряды, «и Германия пусть поможет…». А на Закон о реабилитации положил на 20 лет свой мораторий. Вот такая «реабилитация»! Волна выездного цунами унесла больше половины «хорошо работающих», поставив по бартеру накарканный СПИД.

 

А в 1992-м был подписан российско-германский Протокол о сотрудничестве в восстановлении государственности российских немцев и создана Межправительственная комиссия по его реализации. Но - республики нет до сих пор, а немцы лишились даже того, что у них еще оставалось от Советской власти…

 

»Актуализация» пышным цветом

 

Однако за последние 15 лет Россия все же выбралась из комы, освободилась не-много от внешних и внутренних «консультантов», восстановила свою жизне- и дееспособность, свой авторитет в мире, что позволило не угаснуть окончательно надеждам российских немцев на то, что и они когда-нибудь дождутся справедли-вости. И время вроде пришло: Россия опять может уделять внимание и национальной политике, а президентские указы, четко выраженная цель, чтобы в стране «каждый народ, каждый гражданин мог чувствовать себя дома», разработка стратегии нацполитики, реабили-тация репрессированных народов Крыма, создание Агентства по национальной политике, - все это показывало, что идет не популистская кампания, а нарастающе масштабная работа и в так запущенном национальном вопросе. Что опять же поддерживало надежды. До самых последних дней.

 

Но в начале апреля 2015-го в Москве собралась рабочая группа для подготовки очередного (уже 21-го за 23 года!) заседания российско-германской Межправительственной комиссии (теперь она уже называется не по восстановлению государственности, а просто по проблемам российских немцев). О том, что же подготовили рассмотреть на Комиссии, рассказал на сайте Минкультуры замминистра А. Журавский – многолетний глава нацполитики периода ее обреченного застоя. Глава и раньше поражал своими высказываниями по проблематике российских немцев, но в этот раз превзошел сам себя настолько, что объяснить это способностями только одного должностного лица трудно. Остается предположить, что недостававший вклад в содержание принятых решений внесли испытанные вожди виртуальной «Самоорганизации российских немцев», так неразбавленно представленные на заседании группы и так успешно помогающие «нацполитике по российским немцам» годами оставаться в рамках семейного бизнеса.

 

Что же наметили на заседании? Согласно министерскому сайту (что означает «напечатанному верить»), наметили «актуализацию» Протокола (который так заждался своего исполнения, что, надо полагать, совсем пришел в негодность) и подготовить вместо него новое соглашение. Конкретно это звучит так.

 

«Перечень вопросов, которые актуальны для российской стороны, касаются прежде всего мандата межправкомис-сии», ибо есть «необходимость актуализации документа», то есть Протокола 1992 года.

 

Чем же вызвана эта необходимость? Оказывается, тем, что «некоторые пункты соглашения не исполняются». Логика железная: не исполняем – пересмотрим. Но могут ли исполняться хоть какие-то «пункты», если к исполнению главного пункта – восстановлению государственности, за 23 года даже не приступали?

 

Еще один аргумент - «большая часть той целевой группы, которая была предметом соглашения, в настоящий момент живет в Германии. Это, по разным оценкам, от 2,5 до 4 млн человек».

 

Тут возникает сразу несколько вопросов. Что же мешало исполнять Протокол, когда все российские немцы еще жили в России? Их было тогда слишком много? И с каких это пор российские немцы - несколько миллионов человек, всегда считавшиеся народом, вдруг стали «целевой группой»? Для кого? И для каких очередных великих целей? И – не затрудняет ли разброс в оценке этой «группы» от 2,5 до 4 млн. проведение хоть какой-то адекватной политики по отношению к ней?

 

Очередной аргумент: «Второй аспект, требующий совершенствования, - экономические обязательства германской стороны по инвестированию в экономические проекты в местах компактного проживания российских немцев, сегодня это … не является актуальным. И здесь мы видим понимание с германской стороны».

 

Понимание германской стороны можно, конечно, понять: ведь за 23 года совместного вдохновенного труда по «восстановлению государственности» компактность проживания российских немцев не только нигде, кроме как в самой Германии, не увеличилась, а даже уменьшилась: в двух разделенных на сотни километров национальных районах в Сибири примерно втрое. Откуда же возьмется у Германии энтузиазм вкладывать, как прежде, десятки миллионов ежегодно в эти компактные проживания?

 

Однако главное, что настоятельно требует «актуализации», в другом:

 

«Следующий пункт соглашения 1992 года связан с созданием республики немцев в Поволжье. В сегодняшних демографических обстоятельствах, когда российских немцев незначительное количество и большая их часть уехала в Германию, когда даже в немецких национальных районах сегодня этнические немцы являются меньшинством, создание республики немцев в Поволжье не представляется возможным. Более того, обсуждение административно-территориального устройства РФ, так же как и ФРГ, не может являться предметом договоренностей».

 

Тут вопросы уже рвутся как из кассетной бомбы. Например: с каких это пор народ численностью в 400 тысяч человек (примем пока этот итог последней «переписи») является «незначительным количеством»? И то, что в АССР НП в лучшие времена проживало 366 тысяч немцев, было еще как-то терпимо для СССР и Советской власти, но никак не сегодня? И значит ли это, что народы численностью меньше 400 тысяч отныне не должны иметь национально-территориальных образований? И все, кто их еще имеет, в том числе обладатели автономных областей, национальных округов и районов, будут теперь их лишены?

 

И кто это говорит о создании республики немцев в Поволжье, когда в Законе о реабилитации репрессированных народов и Протоколе речь идет о ее восстановлении? И когда уже давно отменены указы о выселении немцев и о разделе территории их республики, что означает: должно быть восстановлено то, что было до этих указов? И кому конкретно это восстановление «не представляется возможным»?

 

И кто такие эти этнические немцы? Чем они отличаются от российских немцев? И это они кинулись когда-то массово выезжать, чтобы их не заставили выкапывать снаряды? И теперь их недостаточно для реабилитации? А может, достаточно еще других, российских, немцев?

 

И кто собирается с ФРГ обсуждать «административно-территориальное устройство РФ, так же как и ФРГ», когда речь идет о восстановлении прав одного из народов России, о выполнении российского же Закона, а ФРГ лишь когда-то выразила готовность помочь в этом России? Или после подзабытого согласия России на присоединение ГДР к ФРГ там предстоят сегодня новые изменения «территориального устройства», в которых Россия участвовать уже не хочет?..

 

И еще: а при подписании Протокола в 1992 году «обсуждение административно-территориального устройства РФ» еще могло быть «предметом» двусторонних договоренностей? Невозможность обнаружилась только 23 года спустя? И если это стало теперь так категорически ясно, и других вариантов быть не может, то зачем все это выносить на обсуждение Межправкомиссии? Достаточно ведь просто уведомить «уважаемых партнеров» о принятой односторонней договоренности, и – всем исполнять: «Обсуждение не может являться предметом двусторонних договоренностей»! Каждый сверчок знай свой шесток!

 

Вот такой сегодня главный пункт актуализации российско-германского Протокола по А. Журавскому…  

 

 

«Инфраструктура» подрядчикам
вместо реабилитации народу?

 

Однако, как выясняется дальше, актуализация предполагает не только отряхнуть прах прежних законов и решений с ног знаменосцев нацполитики, но и создать для нее (нацполитики) новые локомотивы и приводные ремни.

 

«Для нас все те, кто переезжает в другую страну, считаются соотечественниками… В связи с этим дополнительным мандатом межправкомиссии могли бы быть вопросы культурноделового сотрудничества, поддержки российских немцев не только в России, но и в Германии».

 

И опять встают вопросы. Что, поддержка российских немцев в родном отечестве была уже выше крыши, пора обрушить ее и на все 4 млн. выехавших? И на какое такое «культурноделовое сотрудничество» так нужен сегодня актуализаторам «мандат»? Чтобы участвовать в распределении средств, которые германская сторона должна будет те-перь выделять и на своих новых «соотечественников» для поддержания уже их русского языка и культуры?

 

И что, налаженная система подрядного террора против выступающих за реабилитацию дает сбой? Несмотря на годы ее поддержки обладателями административных мандатов? Что, «элите» и «авангарду» этой системы, чтобы и дальше благополучествовать на трагедии народа, действительно требуется срочно создать на бюджетные деньги еще и частную инфраструктуру из ресторанов, гостиниц и лагерей, как уже не один год требует главный подрядный «российский немец»? И для этого и нужен теперь мандат на «дранг нах вестен»?

 

Или все еще проще: так как восстановление государственности российских немцев лишит подрядных культуртрегеров их многолетней кормушки, то и надо срочно «актуализировать» Протокол, выхолостив из него реабилитацию как угрозу будущей «инфраструктуре»?..

 

Как же это все воспринимать? Ведь наивно предположить, будто такие откровения выдаются на свет божий без всяких согласований. Или это очередной экспромт типа «ответственного заявления» Ельцина? Или настали времена, когда обычный чиновник лучше знает, чем Президент, от чего «каждый народ, каждый человек» будет чувствовать себя в своей стране дома?

 

Трудно и полагать, что Министерство культуры могло тут сыграть какую-то роль: оно ведь лишь сдало на время оказавшемуся без крыши над головой нацдепартаменту жилплощадь. Да и не Министерства культуры это дело, определять «административно-территориальное устройство РФ». И Нацагентство пока не сформировано, и функции его до конца не прописаны… Остается только утешиться китайской мудростью: не дай нам Бог жить в эпоху перемен?  

 

Возникает еще один немаловажный вопрос: а что же делали на заседании доблестные «представители российских немцев»? Ведь они для того и включаются в состав Межправкомиссии и ее рабочей группы, чтобы выражать и отстаивать интересы народа, помогать членам Комиссии как с российской, так и с германской стороны лучше понимать и учитывать эти интересы? Ведь без их согласия такие «предложения», ставящие крест на реабилитации, на будущем народа, отменяющие Закон и Протокол, исполнением которых две страны занимаются уже четверть века, - невозможны. Как же они допустили такое? Значит, они тоже были «за»? Тогда кто же уполномочил их на это? Ведь российские немцы 70 лет добиваются восстановления справедливости и своей государственности, и суицид не их цель.

 

Какие же цели у этой странной «самоорганизации», состоящей, как известно, из трех структур: общественная ФНКА - «президент» Г. Мартенс; подрядная МСНК – председатель Г. Мартенс, 1-ый зам. Ольга Мартенс; и общественная же НМО (Немецкое молодежное объединение, входит с состав МСНК) - председатель Маргарита Бауэр. Если учесть, что Г. Мартенс и О. Мартенс супруги, то «самоорганизация» получилась предельно «единой». Не удивительно, что едины и цели, и позиции руководителей. Так, Г. Мартенс считает: «необходимо создавать устойчивую инфраструктуру, что позволит перейти на другой уровень выполнения задач, стоящих перед Самоорганизацией». А его 1-ая зам. ответственно заверяет, что «общественные организации российских немцев никак не связаны с политикой. Самоорганизация российских немцев занимается исключительно этнокультурной образовательной и научной деятельностью, поэтому то, что нам сегодня приходится доказывать свою непричастность к политике, вызывает у нас чувство досады и сожаления».

 

Посочувствуем же олицетворениям такой спасительной в рыночных условиях аполитичности: наверняка нелегко решать вопрос реабилитации народа – политический во всех его нюансах, и сохранять при этом политическую невинность. Уши на заседаниях не приходится затыкать?

 

Получается, что «Самоорганизация», как не раз уже говорилось, представляет совсем не народ, а личный бизнес ее «лидеров» на противодействии реабилитации под демагогию о необходимости «поддержки многострадального народа» деньгами и «инфраструктурой» на проекты «Самоорганизации». И главная задача – не допустить ни в коем случае самой реабилитации, чтобы народ не взял распределение средств и создание «инфраструктуры» в свои руки.

 

Возникает также вопрос, особенно в свете инициатив А.Журавского по поддержке соотечественников: почему бы не привлечь к обсуждению и реализации планов Межправкомиссии, и вообще к российско-германским отношениям, так-же российских немцев Германии? Ведь это несколько миллионов человек, прошедшие через российские школы и вузы, знающие русский язык как сами русские, выросшие на русской культуре и связанные миллионами живых нитей с миллионами своих прямых родственников, друзей разных национальностей, коллег по работе в России и других странах СНГ. Они ведь могут оказать такую поддержку укреплению сотрудничества между обоими равно родными для них народами и странами! Начать можно хотя бы с тамошнего Землячества российских немцев – готовой представитель-ной структуры с многолетним богатым опытом. Оно уже давно, без всякой «самоорганизации», активно налаживает деловые и культурные связи с российскими регионами, и обладает в этом все растущим потенциалом...

 

Но заметим: это нужно делать не вместо реабилитации, а вместе с реабилитацией – на ее фундаменте. А пока реакция российских немцев на публикацию «апрельских тезисов» – гробовое молчание. Как когда-то в стране после статьи Нины Андреевой «Не могу поступаться принципами» против перестроечной актуализации ценою в Советский Союз. И действительно: как это воспринимать? Что, Закон, Протокол, реабилитация – теперь наплевать и забыть? А программа «актуализации» и есть подлинная позиция России по «окончательному решению» немецкого вопроса?

 

 

Сколько репрессированных требуется для реабилитации?

 

Весь этот давний процесс завершается (???) сегодня на жестком стыке с другим процессом, который запустили майские указы Президента, разработка новой стратегии нацполитики, реабилитация народов Крыма, создание совершенно новой структуры – Агентства национальной политики, а также назначение его руководителем (надо полагать, с учетом того, что национальный вопрос в стране – тоже вопрос государственной безопасности) и совершенно нового человека. И российские немцы воспринимают этот новый процесс с очередной большой надеждой.

 

Это связано не только с затянувшейся уже на 70 лет полной выключенностью их как народа из жизни страны, но и с их ментальностью. Ведь за 250 лет своей российской истории они сложились как бинациональный народ. Для меня они - дитя от смешанного брака между русским и немецким народами. Им одинаково дороги и их немецкая, и российская (русская) составляющие, и утрата любой из них, независимо, от выезда в Германию или от нереабилитации в России, означает перестать быть народом вообще. И хорошо они могут себя чувствовать только когда их великие родители живут в мире и согласии. Поэтому и стараются стянуть их родные руки при ссоре: уж они-то знают, сколько им пришлось пережить, когда ход событий выходил за рамки логики.

 

А логика и в самом деле была, и остается, более чем странная: сначала всех выселить, запретить «навечно» возвращение, а потом говорить, что немцев для восстановления их республики в прежних местах проживания мало. Принять закон о реабилитации, и тут же заявить, что никакой республики «не-бу-дет». Разжечь антинемецкие настроения, и ссылаться на то, что «население против». Вытолкнуть 2,5 миллиона человек из страны, и объяснять потом невозможность восстановления республики тем, что «большинство выехало». Не позволить десяткам тысяч желающих переехать в национальные районы, и прекращать помощь районам из-за снижения там доли немцев. Подменить реабилитацию народа мелкой подрядной возней на бюджетные деньги, приведшей к плачевным результатам, и предлагать создать «инфраструктуру» для новой поддержки этой возни.

 

Далека от нормы логика и в другом. Немцев действительно осталось мало? Всего 400 тысяч? Но в АССР немцев Поволжья, напомним, их было 366 тысяч. А сегодня с российскими немцами других стран СНГ их более 600 тысяч, а если не «по переписи», а по факту – то минимум полтора миллиона. Да если еще из Германии захотят вернуться…

 

И вообще: сколько должен насчитывать народ, чтобы справедливость к нему могла быть восстановлена? И если 400 тысяч недостаточно, то как быть с еще имеющимися национальными образованиями в России? И будет ли теперь отменен Указ Президента о реабилитации народов Крыма, как не отвечающий арифметике суверенной нацполитики «актуализаторов»?

 

 

«Низзя»… До каких же пор?

 

«Российская сторона» в Межправкомиссии не впервые поднимает вопрос об «актуализации». Но впервые это выражено так полно и откровенно. Что это, сжигание мостов перед очередной реорганизацией в нацполитике? Или попытка успеть навязать свою позицию создаваемому Нацагентству? Чтобы оно тоже шло верной дорогой под испытанным лозунгом «Лучше СПИД…»?

 

И почему об актуализации неизменно заводят речь не для выполнения Закона и Протокола, а для снятия вопроса о реабилитации вообще? Хорошо еще, что германская сторона сохраняет нордическую стойкость в перманентно неустойчивом сотрудничестве (25 преобразований и смен руководства в нацполитике за 23 года – это ведь не для слабонервных!). Прямо как ныне российская сторона в отношениях с Украиной, которая тоже старается актуализировать Минские соглашения так, чтобы о них вообще забыли, но… чтобы все же выделяли миллиарды на «инфраструктуру» для светлого будущего недобравших еще чего-то олигархов.

 

Просто удивительно: у нас в стране столько высококлассных ученых и специалистов в национальном вопросе, такой уникальный многовековой опыт, но уже столько лет слышим разве что мантру о необходимости подрядного «мониторинга»! Особенно это видно на российских немцах: ведь ни по одному другому народу за это время вопрос реабилитации не был проработан так глубоко и системно, не было принято столько нужных, в интересах государства, решений, не было вложено столько средств, пусть в основном и германских. Результат? - Смотрите «апрельские тезисы» замминкультуры и динамику роста благосостояния избранных культуртрегеров.

 

Не покидает ощущение, что 23 года вместо работы по выполнению Закона и Протокола, вместо поиска эффективных путей решения задач в постоянно меняющихся условиях, шел поиск лишь поводов для их невыполнения – «ничего личного», просто бизнес на ритуальных услугах для конкретного народа.

 

В чем же дело? Ведь российские немцы за несколько веков столько сделали для Государства Российского во всех его сферах; внесли такой вклад в освоение и превращение в житницу России пустых земель Поволжья, Украины, Крыма, позже Сибири, еще позже – Целины; возводили даже за колючей проволокой в трудармейских лагерях военные заводы, добывали уголь, валили лес; но своим хорошим трудом, как оказалось, только наступили на горло собственной реабилитации.

 

И уже 25 лет Германия оказывает помощь России «в поддержку российским немцам» (уже под миллиард набежало), и Россия тоже выделяла помощь, но почему-то очень уж часто при этом лишь возрастало противодействие реабилитации. И даже то, что шло на действительно нужную поддержку в сфере родного языка и культуры, пройдя через руки «новых российских немцев», оказывалось очень уж малоэффективным.

 

Известно также, что за всю свою историю российские немцы не имели ни одного межнационального конфликта. Вспомним хотя бы их Обращение к населению, проживающему на территории бывшей АССР НП, принятое на учредительной конференции Всесоюзного общества «Возрождение» еще в 1989 году – единогласно!

 

«…Мы заявляем, что, пережив вместе со всем советским народом трагедию войны с ее многочисленными жертвами, считаем невозможным для себя требовать возвращения нам наших домов и имущества, незаконно конфискованных в 1941 году при выселении, ибо не советский народ виноват в этом и тем более не те люди, которые сегодня живут в наших домах. Пусть наши дома, в которых родились мы и которые стали приютом для вас, бу-дут для вас такими же родными, какими были для нас.

 

Мы заявляем, что не претендуем на город Энгельс - бывшую столицу нашей республики. Пусть он останется таким, как сложился - современным русским городом.

 

Мы считаем, что большинство крупных населенных пунктов на территории бывшей АССР НП должны по возможности получить свою автономность в будущей республике с тем, чтобы не нарушать их сложившийся уклад, чтобы сохранить полную возможность беспрепятственного обучения на родном языке в школах, обеспечить и на будущее свободное развитие в них национальной культуры…».

 

Есть ли в мире хоть еще один пример такого уважения к интересам другого народа? И не будем винить простых людей за то, что мы услышали тогда в ответ из наших бывших домов: ведь сегодня, опять же на примере Украины, видно, до чего может довести целый народ даже чужеродная «элита», чтобы грабить его и страну дальше, а тогда в Поволжье была ведь в доску «своя» власть, и с гораздо более скромной «инфраструктурой».

 

Странно также читать в министерской публикации только о невозможности восстановления АССР НП. Ведь уже много лет как российские немцы предложили и другой подход к вопросу, а именно: решить его как экономический проект. Для чего составить пакет из нескольких актуальных для страны или конкретного региона программ типа градообразующих, провести среди регионов конкурс на лучшую их территориальную привязку и пригласить для их реализации в основном российских немцев. И все условия, необходимые для реабилитации, будут созданы практически автомати-чески: компактное проживание, экономическая база и рабочие места, соцкультбыт, образовательные учреждения и органы управления. И это будет экономически, демографически, политически очень выгодно и стране, и конкретному региону, и его населению. Это тоже «не представляется возможным»? Почему?..

 

Интересная сложилась ситуация: на самом верху национальному вопросу уделяется все больше внимания, а на «ис-полнительском» уровне по-прежнему звучат заявления, будто призванные показать, кто в доме хозяин. Неладно что-то (было?) в датском королевстве нашей нацполитики!

 

Давно известно также, что Америка старается категорически не допустить сближения России и Германии, ибо это «чрезвычайно опасно» для гегемонии США. (Две прошедшие мировые войны – убедительный результат этих стараний). И невольно возникает вопрос: что, и в нашей нацполитике есть еще внешние и внутренние «советники», которые стремятся не допустить этого сближения даже в реабилитации российских немцев?

 

 

Без личного контроля никак

 

На последней «прямой линии» с Президентом В. Путиным было поднято много серьезных вопросов. В том числе о проблемах космодрома «Восточный», который все больше входит в наши души; о жилье для ветеранов войны, о пострадавших в недавних пожарах в Восточной Сибири, об обезболивающих лекарствах и аппаратах искусственного дыхания для измученных больных, о тренажерах для медицинской реабилитации конкретных нуждающихся. Ответы были в духе Президента: это все наши люди, и помощь будет оказана, и сроки были поставлены, а что можно, решалось не отходя от кассы: уже на следующий день некоторые конкретные просьбы были удовлетворены.

 

На этой «прямой линии» вопрос о реабилитации российских немцев в очередной раз не прозвучал. Понятно: он лишь один из миллионов обращений, наполненных болью, надеждой и стремлением помочь своей стране стать лучше. Но системно он очень перекликается с озвученными. И с проблемой космодрома - по перспективному значению для страны (и по тому, как подрядные интересы далеко не всегда совпадают с государственными). И с проблемой жилья для ветеранов - ведь российские немцы как народ тоже коллективный ветеран войны, и тоже до сих пор без своего дома. И с проблемой погорельцев – ведь российские немцы пожаром репрессий тоже были лишены всего, что веками создавали своим трудом. И с измученными больными – ведь они тоже уже столько лет мучаются от нестерпимой боли утраты родного языка и национальной культуры, без системы поддержки дыхания и жизни народа.

 

Не пора ли и вопрос о реабилитации российских немцев взять, наконец, под личный контроль Президента? И желательно, как на космодроме «Восток», тоже с участием представителей «трудового коллектива». Не тех, кто годами делает бизнес на противодействии реабилитации, а тех, кто за реабилитацию – в интересах страны. Чтобы и российские немцы смогли, наконец, опять вернуться в строй третьего союзника России, сравнимого по значению с ее Армией и Флотом, – в строй единства ее народов. Единства, без которого, как показывает история, даже армия и флот не всегда могут уберечь страну от катастроф.

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Rose Steinmark, die Preisträgerin. Foto: Archiv.

Wir gratulieren!

Ehrengabe für Rose Steinmark

 

"Ihr Werk und Engagement repräsentieren gleichermaßen die kulturelle Identitätsfindung der Russlanddeutschen wie die Vermittlung dieser Identität", begründete die Juri ihre Entscheidung...

 

Es geht um Rose Steinmark. Für ihr langjähriges und kontinuierliches Eintreten für die russlanddeutsche Kultur und die Bewahrung russlanddeutscher Identität wurde ihr eine Ehrengabe in Höhe von 2.500 Euro verliehen.

 

Innenminister Reinhold Gall, der die Preise am 17. November 2014 im Innenministerium in Stuttgart verliehen hat, sagte zur Juryentscheidung: „Die Jury hat mit ihrer Entscheidung herausragende Repräsentanten der Vermittlung russlanddeutscher Kultur ausgezeichnet. Die Preisträger haben sich mit ihrem Schaffen in besonderer Weise um deren Erhalt und Pflege sowie um die Geschichte der Deutschen aus Russland verdient gemacht.“

 

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Die Jury setzt sich zusammen aus Mitgliedern, die vom Innenministerium, der Künstlergilde Esslingen e.V. und der Landsmannschaft der Deutschen aus Russland benannt sind.

 

Auf Vorschlag des Bundesvorstandes der Landsmannschaft gehören der Jury Nelli Kossko (Meckenheim),  Ida Martjan (Karlsruhe) und Waldemar Weber (Augsburg) als Jury-Vorsitzender an.

 

Aus Volk auf dem Weg, Nr. 3, 2015.

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Dr. Anton Bosch

Unbekanntes Kapitel aus der Geschichte des Zweiten Weltkrieges

Ein beinahe völlig unbekanntes Kapitel in unserer Geschichte bleibt die so genannte Repatriierung der Russlanddeutschen Ende des 2  Weltkrieges… Der promovierte Historiker Anton Bosch liefert uns einen Bericht aus erster Hand.

 

Repatriierung der Russlanddeutschen nach Kriegsende

 

Ein besonders dunkles Kapitel der Deportation Russlanddeutscher ist als "Repatriierung" in die Geschichte eingegangen. Sie betraf zwei Bevölkerungsgruppen von Deutschen aus Russland, etwa 30.000 so genannte "Vertragsumsiedler" die aufgrund der Festlegungen des Hitler-Stalin-Paktes in den Jahren 1939-41 aus den baltischen Ländern, Ostpolen und Bessarabien überwiegend in das Warthegau umgesiedelt worden waren.

 

Etwa 200.000 so genannte "Administrativumsiedler", die meist aus der Ukraine stammend, beim Rückzug der Wehrmacht 1943/44 in großen Trecks ins Warthegau und nach Ostdeutschland umgesiedelt worden waren (vgl. dazu "Süd-Treck" link). Dort wurden sie von den sowjetischen Truppen überrollt und in Sammellagern interniert. Zu dieser Gruppe sind noch ca. 50. 000 Repatrianten hinzuzuzählen, die sich bei Kriegsende in den westlichen Besatzungszonen befanden und von den Westalliierten an die sowjetischen Repatriierungskommandos überstellt wurden.

 

Die rechtliche Handhabe für die zwangsweise Rückführung dieser Gruppen durch die sowjetischen Militärbehörden war mit den Abkommen der Alliierten von Jalta und Potsdam 1945 gegeben.

 

So wurde die Repatriierung von russischer Seite offiziell als ein "normaler Akt" hingestellt und mit dem Versprechen einer Heimkehr der Betroffenen in ihre früheren Heimatorte "versüßt". Dass sie stattdessen nach Sibirien deportiert wurden und unter welchen unmenschlichen Bedingungen dieses ganze Geschehen für die "Heimkehrer" wirklich ablief, geht aus den detaillierten Schilderungen eines Zeitzeugen hervor, des Anton Bosch, der aus der deutschen Kolonie Kandel bei Odessa stammt.

 

Sein Bericht wird von uns in Auszügen link wiedergegeben.

Insgesamt werden die Opfer aller Deportationen von Russlanddeutschen in den Jahren von 1941 bis 1946 auf etwa 30% der Betroffenen geschätzt. Daraus lässt sich ableiten, dass von den etwa 970.000 Russlanddeutschen, die von den Deportationen erfasst waren, etwa 300.000 Personen ums Leben kamen.

 

"Die Russen kamen auf Panjewagen mit kleinen Mongolenpferden am dritten Tage [nach dem Abzug der Amerikaner Ende Juli 1945 – d. Verf.] in den Raum zwischen Weißenfels-Naumburg.-Querfurt, begannen bei den Einwohnern nach Alkohol zu suchen und nahmen alles mit, was nicht niet- und nagelfest war. Besonders gierig waren sie auf Armbanduhren, Fotoapparate und Akkordeons. Alles geraubte Gut wurde auf Pferdewagen geladen und in Richtung Eisenbahn weggeschafft.

 

Bald erschien auch ein russischer Kommandant in unserem Dorf und begann geschickt für sein Land zu werben. Durch die Flüsterpropaganda, die er in Umlauf setzte, wollte er den Eindruck erwecken, daß die Rußlanddeutschen wieder nach Hause fahren dürften. Es wurde bewußt das Wort das Wort Bauer, im Gegensatz zum Kolchosnik, gebraucht, denn die Flüsterpropaganda wollte damit den Menschen suggestiv beibringen, daß es wieder so etwas wie ein freies Bauerntum geben werde. Man habe ja auch die Kirchen wieder für den Gottesdienst geöffnet, hieß es. Rußland habe sich im Krieg gewandelt, die Kirchen seien wieder geöffnet, in der Armee dürften die Offiziere wieder ihre Achselstücke tragen, ja sogar, daß die Kolchosen wieder abgeschafft worden seien, also mit einem Wort – in der UdSSR sei es mindestens so gut, wenn nicht gar besser, als in Deutschland.

 

Am 30. Und 31. Juli gingen dann ein Sowjetoffizier und zwei Soldaten mit Maschinenpistolen, begleitet von deutschen Kommunisten mit roten Armbinden, von Haus zu Haus und trieben ihre Opfer zu den auf dem Dorfplatz stehenden Lkws der Roten Armee. Die Einsammlung aller Landsleute verlief planmäßig nach den von den Besatzern vorher erstellten Listen. Auf diese Art und Weise wurden Tag für Tag Ortschaften »geräumt«.

 

Das größte Sammellager für »Heimkehrer« befand sich in der Nähe der Stadt Halle in einer ehemaligen deutschen Kaserne. Es hatte bei voller Belegung eine Kapazität von 11 000 Personen. Nach Ankunft der »Heimkehrer« wurden von einer Militärkommission die Personalpapiere geprüft. Viele Landsleute vernichteten ihre deutschen Personalausweise, vor allen Dingen die mit Adler und Hakenkreuz ausgestatteten Geburtsurkunden ihrer in Deutschland geborenen Kinder (als ob sie mit dem Kinderkriegen ein Verbrechen begangen hätten). Die Ankommenden wurden in Baracken eingewiesen. Das Lager war mit Stacheldrahtverhauen umgeben, so daß der Eindruck erweckt wurde, die Menschen befänden sich in einem Gefängnis.

 

 Die Lagerverwaltung bestand aus Sowjetoffizieren der inneren Streitkräfte (MWD) und einigen deutschen Zivilisten, die sich durchweg höflich und entgegenkommend zeigten. In der Regel gab es dreimal täglich warmes Essen aus einer Gulaschkanone der ehemaligen deutschen Wehrmacht: morgens Kascha aus Graupen oder Grütze, mittags die traditionelle russische Krautsuppe, gelegentlich auch deutsche Erbsensuppe, und abends wieder Kascha mit schwarzem Tee. Brot gab es zu allen Mahlzeiten zwei Schnitten pro Person.

 

Bald setzte die Umerziehung der Lagerinsassen ein. Für die Kinder wurden eigens dafür in der UdSSR ausgebildete Erzieher angestellt. Die Kinder wurden »spielend« prosowjetisch unterrichtet. Da gab es Politik in Gedichtsform, Liedern und Kinderspielen. Folgende Reime sind mir noch in Erinnerung:

 

 Hammer, Sichel, Sowjetland,

 Wenn ich zeige mit der Hand,

 Fährst du mit ins Sowjetland.

 Sie rüttelt sich, sie schüttelt sich,

 Sie wirft die Beine hinter sich.

 Wir klatschen in die Hand

 Und fahrn ins Sowjetland.

 

Mit solchen und ähnlichen Mitteln lockten die Sowjets ihre ehemaligen Staatsbürger zurück ins Paradies der Werktätigen. Alle »Heimkehrer« wurden beim Eintreffen genauestens erfaßt und beobachtet. In jedem größeren Lager war eine Untersuchungskommission des MWD intensiv beschäftigt, die Leute zu prüfen. Diese Kommissionen, die aus ausgesuchten und speziell ausgebildeten MWD-Offizieren bestand, prüfte jeden »Heimkehrer« einzeln, wobei dieser genauestens über seine Tätigkeit während der deutschen Besatzungszeit Bericht erstatten mußte. Hier fanden bereits einige Festnahmen von Rußlanddeutschen statt.

 

Nach drei Wochen verbreitete sich wie ein Lauffeuer die Nachricht, daß alle Lagerinsassen nach Sibirien deportiert würden. Das verursachte viel Unruhe. Einige meldeten sich für einen Besuch zu »Verwandten« nach Halle ab und kehrten nicht zurück, andere stiegen nachts über den Zaun und gingen in den Westen. Die Lagerverwaltung verschärfte daraufhin die Kontrollen im Lager. Ausgänge wurden nicht mehr genehmigt. Dies alles ließ uns Schlimmes ahnen.

 

Mitte August 1945 wurden die ersten Züge, bestehend aus fünfzig bis sechzig Güterwaggons, auf das Lagergleis geschoben und die »Heimkehrer« mit ihren Habseligkeiten verladen. Täglich verließen ein bis zwei Züge, vollgestopft mit Menschen, das Lagertor in Richtung Osten, der aufgehenden Sonne entgegen. Was sie dort erwartete, wußte niemand.

 

Der Zug fuhr südöstlich von Leipzig über Dresden in Richtung Oder. Auf größeren Bahnhöfen gab es in der Regel keinen Halt, desto länger mußte der Eschelon, wie der Zug vom Kommandanten genannt wurde, auf den kleinen Bahnhöfen halten. Oftmals wurde er auf Abstellgleise geschoben und mehrere Tage stehen gelassen. Die Pausen wurden zwangsweise immer länger, bedingt durch die chaotischen Zustände in Polen, wo oftmals keine Kohle und kein Wasser zum Nachfüllen der Lok vorhanden war, wegen fehlender Lokführer oder auch wegen vorrangiger Befahrung des einzig übriggebliebenen Gleises, denn die Russen hatten schon streckenweise das zweite Gleis abmontiert und ins Sowjetland verbracht.

 

Jeder »Repatriant« mußte sich selbst um seine Verpflegung kümmern. Am schlimmsten hatten es die Großfamilien, die aus den ausgehungerten Städten Deutschland deportiert worden waren, denn sie hatten sich dort keine Nahrungsmittel für die bevorstehende Reise besorgen können. Der vom Zugführer wöchentlich verteilte Proviant reichte kaum zwei Tage. Der Pajok (Ration) für eine Person pro Tag bestand aus 250 Gramm Suchari, eine Art Zwieback aus russischem Schwarzbrot, einem halben getrockneten Salzfisch oder ebensoviel stinkendem Hering, etwas schwarzem Tee und manchmal ein wenig Zucker dazu. Diese Produkte mußte der Waggonälteste mit zwei Helfern vom Waggonkommandanten montags abholen und verteilen. Den ganzen Wochenproviant konnten die drei Männer mühelos in Futtersäcken, im Dialekt »Stumpen« genannt, leicht tragen.

 

Nach dreiwöchiger Fahrt blieb der Zug, wieder einmal vor Tagesgrauen, auf den Bahngleisen stehen. Die Insassen hatten kein Gefühl für Raum- und Zeitorientierung mehr. Sie hatten sich einfach ihrem Schicksal hingegeben, ohne zu fragen, wo sie sich befanden oder warum der Zug wieder einmal stehen blieb. In den Wochen ihrer Irrfahrt durch Polen hatten sie es gründlich gelernt, nicht zu fragen, denn Auskunft über das Ziel ihrer Fahrt bekamen sie niemals zu hören.

 

Mit Tagesbeginn, gegen acht Uhr, hörte man laut fluchende Stimmen der Militärbegleiter des Zuges. Die Sprüche der beiden Wachsoldaten und des Offiziers waren zwar bekannt, aber jetzt klang in ihnen etwas Freches, Drohendes, das nichts Gutes ahnen ließ. Die Sieger fühlten sich vermutlich durch die Berührung mit dem Boden und der Luft Rußlands ihrer Obrigkeit verpflichtet, einen neuen, strengeren Ton einzuschlagen. »Türe aufmachen ... Alles ausladen«, schrien sie mehrmals, am Zug auf und ab marschierend. Wir schrien zurück und weigerten uns, dem Befehl zu gehorchen, denn draußen regnete es in Strömen, und man sah keine Transportmittel, die die Habseligkeiten und die Kinder wegbringen konnten.

 

Nach mehrmaligen vergeblichen Aufforderungen, die Waggons zu räumen, gab der Begleitoffizier den Befehl, Warnschüsse abzufeuern. Die Waggoninsassen spürten, daß es ernst, sehr ernst wurde, und begannen ohne Zögern, ihr verbliebenes Hab und Gut aus dem Wagen in den Matsch zu werfen. Nach zwei Stunden war alles ausgeladen, und der Lokführer gab nach dreimaligem Pfeifen wieder Volldampf. Die Lok der Deutschen Reichsbahn schleppte eilig die 52 leeren Waggons, die den Menschen während der letzten fünf Wochen ein Dach über dem Kopf geboten hatten, davon in Richtung Westen, vermutlich, um die nächsten zweitausend Menschen »freiwillig« zurück ins sowjetische Vaterland zu holen.

 

Nach dem abgefahrenen Leerzug öffnete sich dem Blick ein Lager am Berg, auf der südlichen Seite einer sowjetischen Breitspurbahn. Soweit das Auge reichte, konnte man Tausende mit Blech, Brettern und Lumpenfetzen bedeckte Erdlöcher sehen. Das strömende Regenwasser wurde von den darin hausenden Menschen durch Dämme um die Erdhütten herumgeleitet. Der lehmige Boden war trotzdem so glitschig, daß die Bewohner dieser Löcher sich zwischen den Hütten nur mit Hilfe von Stöcken und Zaunpfählen bewegen konnten. Wir Neuankömmlinge suchten, jeder auf eigene Faust, ein von unseren Vorgängern zu-rückgelassenes Loch zu finden. Hier wurde das ungeschriebene Gesetz der Taiga brutal sichtbar. Jeder versuchte, für sich et-was zu finden, ohne Rücksicht auf die Schwachen und Kranken.

 

Unser »Wagenältester« entdeckte als erster ein mit Regenwasser gefülltes Loch. Die Familie begann mit Schüsseln und Eimern das Wasser herauszuschöpfen, und bald war die »Hütte« mit ein paar im Lager aufgesammelten Brettern und mitgebrachten Decken und Regenmänteln gedeckt. Im vier Quadratmeter großen Loch fanden Platz: seine eigene Familie mit fünf Personen und der typhuskranke Junge seiner Schwester.

 

Die Schwester selbst mit ihren Zwillingen zog in Richtung der in der Lagermitte stehenden zwei Holzbaracken, die den heimkehrenden Russen und Ukrainern zur Verfügung standen. Draußen war es schon stockfinster, als sie hineinging und mit einem hilfesuchenden Blick die Menschen auf den dreistöckigen Pritschen anblickte. Sie entdeckte eine Frau aus Kandel bei Odessa und bat sie um Hilfe. Diese gab ihr sofort einen Wink, nicht Deutsch zu sprechen, sonst würden beide hinausgeworfen, und zeigte auf den freien Platz auf dem oberen Stockwerk einer leerstehenden Pritsche.

 

Mitten in der Nacht, zwischen elf und zwölf Uhr, hörten die Bewohner der Baracke ein fürchterliches Geschrei: »Gdje russkije Nemzy? – Wo sind hier die Russendeutschen? Gdje sdesj Faschisty? – Wo sind hier die Faschisten?« Alle, sowohl Russen als auch Nichtrussen, versteckten sich vor Angst unter ihren Decken und warteten das weitere Geschehen ab. Vier betrunkene Marodeure rissen die Decken von den liegenden Menschen und suchten nach versteckten Deutschen. Sie fanden schließlich ein Opfer und zerrten es aus der Baracke hinaus in die dunkle Nacht. Es war eine junge Frau, an der sich die Banditen draußen vergingen. Ihre flehenden Schreie waren noch bis spät nach Mitternacht zu hören. Niemand wollte und konnte dem Opfer helfen.

 

Die Räuberkommandos zogen in der Regel zu fünf bis sechs Mann in Ledermänteln und Schaftstiefeln, bewaffnet mit Stechmessern und Pistolen, durch das Lager und gingen gezielt auf ihre Opfer los. Im Alkoholrausch fluchend und drohend, stürzten sie sich auf ihre Beute und schleppten sie ins Freie. Sie schrien dabei: »Wo sind die Russendeutschen? Wir bringen sie um. Wo sind die Sachen der Vaterlandsverräter? Her damit!« Am schlimmsten waren die hübschen jungen Frauen und Mädchen dran. Die jungen Mütter drückten ihre Babys an die Brüste, in der Hoffnung, sich selbst und ihre Kinder zu retten. Einige junge Männer versuchten, mit Spaten, Zaunlatten und Beilen eine Art Selbstwehr zu organisieren, hatten jedoch wenig Erfolg, denn die Banditen waren mit Pistolen bewaffnet. Rettung brachte erst der anbrechende Tag, denn mit Sonnenaufgang zogen die Täter mit vollgestopften Säcken davon. Man konnte sich bei niemandem beschweren, denn die Lagerleitung nahm keine Anzeigen an, mit der Begründung, man müsse für eine ordentliche Anzeige die Täter mit Namen benennen.

 

Nach einer Woche Aufenthalt im Lager Kowel hatten die »Repatrianten« nur einen Wunsch, so schnell wie möglich aus diesem Todeskessel zu entkommen, egal wohin, nach Hause ans Schwarze Meer oder nach Sibirien; dabei waren die »ausprobierten« Methoden nur ein Vorspiel der Leiden in der sibirischen Deportation. Nach acht Tagen wurden wir mit dem obligatorischen Befehl »Dawaj, Dawaj, po wagonam« wieder aus den Erdlöchern geholt und weiterverfrachtet.

 

Über Smolensk ging es zunächst nach Wjasma. Hier an diesem Eisenbahnknotenpunkt, der die letzte Möglichkeit bot, in die Südukraine umzuschwenken, wurde die Hoffnung der Deportierten, doch noch »nach Hause« zu gelangen, endgültig zerstört. Die »Heimkehrer« rückten in den immer kälter werdenden Waggons noch enger zusammen und bereiteten sich seelisch und physisch auf einen sehr langen Winter vor. In die breitspurigen »Wagony« wie Vieh eingepfercht, hatten die 102 Menschen im Wagen Nr. 12 nur halb soviel Platz wie in den Güterwagen der Deutschen Reichsbahn, nämlich einen Streifen von 22 Zentimeter, oder umgerechnet hatte eine Person eine Fläche von 0,7 Quadratmetern; zum Stehen zuviel und zum Sitzen zuwenig, geschweige denn zum Liegen. Für das Restgepäck, das in der Hölle von Kowel bis auf weniger als die Hälfte zusammengeschmolzen war, konnte der Raum nur senkrecht in Anspruch genommen werden. Für menschliche Bedürfnisse blieben nur einige Quadratdezimeter auf der Bodenfläche an der Waggontür übrig.

 

Waschmöglichkeiten gab es nicht. An manchen Bahnhöfen konnten wir, wenn es der Zugkommandant erlaubte, uns an der Wassertankstation der Loks das Gesicht waschen. Dieses »technische« Wasser, manchmal eine zweifelhafte dunkle Brühe, wurde auch zum Trinken und Kochen in die Waggons mitgenommen. Überdies vermehrten sich die in Kowel mitgenommenen Läuse zu Millionen und breiteten sich sowohl am Körper als auch in den Kopfhaaren aus, so daß die Opfer beim Anhalten des Zuges ihre Unterwäsche über offenem Feuer »braten«, sprich desinfizieren mußten.

 

Die Namen der Bahnhöfe hatten längst vom Polnischen ins Russische gewechselt, ungewiß war nur die Zugrichtung. Wir standen stundenlang am geöffneten Türspalt, buchstabierten laut die vorbeihuschenden Namensschilder der Stationen, kritzelten auf Zeitungspapier die Eisenbahnlinien ein und diskutierten über die noch mögliche Änderung der Zugrichtung gen Südosten. Indes kroch die Zugraupe unaufhaltsam dem Osten entgegen. Das Herbstwetter wurde kälter, die eisigen Regenfälle peitschten an die Außenwände der Waggons und ließen uns noch näher zusammenrücken. Angst und Bange, das Weinen der Frauen und das Stöhnen der Männer begleiteten ständig die überstrapazierten Menschen in den ungeheizten rollenden Viehwagen.

 

Gegen Mitte Oktober starben jede Nacht zwei bis drei »Repatrianten« im rollenden Zug. Die Angehörigen hatten keine Möglichkeit, die Verstorbenen zu bestatten. Die Toten mußten auf Anweisung des Zugkommandanten nach Aufnahme ihrer Daten an irgendeinem namenlosen Bahnhof eingewickelt in Decken liegengelassen werden. Von wem und wo sie beerdigt wurden, haben die Angehörigen nie erfahren. Und so liegen sie bis heute in der russischen Erde an den Eisenbahnstationen mit kyrillischen Namen auf der Strecke zwischen Kowel und dem Ural, bis an das Ende des zu Sowjetrußland gehörenden Osteuropa, ohne Kreuze und ohne Namensschilder auf ihren Gräbern.

 

Am 20. Oktober 1945 verließ der Zug Kasanj, die Landeshauptstadt Tatariens, schwenkte in nördliche Richtung ein und steuerte ein neues Ziel am Westural an. Waren es die zahlreichen Toten der letzten Woche, war es der so früh in diesem Jahr einsetzende Winter, oder hatte ein örtlicher Apparatschik nach frischen Arbeitskräften für das Industrie- und Rüstungsrevier des Westural gerufen? Niemand weiß, wer auf den Gedanken kam, die halbverhungerten, halberfrorenen Menschen im bereits erreichten Uralgebiet abzuladen und in Gewahrsam zu nehmen.

 

Am 25. Oktober wurden drei Waggons mit ca. fünfhundert Personen vom Zug abgehängt und, wie man hörte, in die Holzsägewerke der Stadt Sarapul abgeschoben. Verwandte und Bekannte aus dem ehemaligen Baden in Odessa wurden hier für viele Jahre voneinander getrennt. Die restlichen fünf Waggons mit über 360 Menschen wurden 75 Kilometer weiter, am Ende der Eisenbahnstrecke, am Morgen des 28. Oktober 1945 bei Schneetreiben entladen.

 

Wir waren an unserem bislang unbekannten Ziel angekommen – in Kilmes, zu der Zeit noch »4. Strojploschtschadka«, auf deutsch »4. Baustelle«, genannt, nach über zwei Monaten Reise am Ort unseres nunmehr beginnenden neuen Lebens.

 

Der Akt der Übergabe des angekommenen Menschengutes dauerte weniger als eine Stunde. Es wurden lediglich die Namenslisten der Deutschen einschließlich der mitgebrachten Leichen überprüft und die Entgegennahme der Deportierten durch Unterschriften des Zugkommandanten und des Genossen Sabreckow mit rundem sowjetischem Wappenstempel besiegelt. Dann zerrten die frierenden Menschen ihre geringe Habe aus den Viehwaggons und lagerten sie im Schlamm neben dem Eisen-bahngleis.

 

Bald danach erschienen zwölf Pferdegespanne mit kleinen Mongolenpferden und, »o Wunder«, deutschsprechenden Fuhrmännern: Deutsche wie wir, überwiegend aus dem Wolgagebiet stammend und bereits 1943 in diese Wildnis geschickt, zur berühmt, berüchtigten »Trudarmija«, die hier den Grundstein der »4. Baustelle« mitten im Urwald gelegt hatten.

 

Die erste Begegnung mit Schicksalsgenossen wirkte auf viele wie ein Wunder. Man sagte sich: »Wenn diese Wolgadeutschen hier die grausamsten Kriegsjahre überlebt haben, werden wir es mit Gottes Hilfe auch schaffen.« Man lud seine Besitztümer auf die Pferdegespanne und freute sich, von einem Wolgadeutschen von den verlausten rollenden Gefängnissen weggebracht zu werden.

 

Es schneite in dicken Schneeflocken den ganzen Oktobertag auf die zugefrorene Erdkruste Udmurtiens. Die Räder versanken bis an die Naben im schwarzen, matschigen Schlamm. Die abgemagerten kleinen »Mongolki« hatten nicht die Kraft, die Wagen von der Stelle zu bewegen. Wir mußten absteigen und im tiefen Morast den Pferden helfen. Zwölf Fuhren mußten an diesem Tag insgesamt viermal fahren, bis am späten Abend alle 364 Menschen zum Barackenlager transportiert waren.

 

All dies lief unter den strengen Augen des sichtlich zufriedenen Genossen Sabreckow ab, der am Abend des 28. Oktober 1945 seiner NKWD-Zentrale in Ishewsk über die erfolgreich durchgeführte Ausladeaktion des auf der »4. Baustelle« angekommenen Menschenmaterials seinen Rapport erstatten konnte.

 

Auf einem Areal von 300 mal 300 Metern standen zehn Doppelbaracken. Alle zehn Baracken waren zum Verwechseln ähnlich, so daß die neuen Bewohner in der Nacht oftmals die Eingänge verwechselten. In jeder Barackenhälfte wurden bis zu sechs Familien auf dreistöckigen Holzpritschen untergebracht. An der Innenzwischenwand stand ein großer russischer Ofen mit vorne angebautem Kochherd, der rund um die Uhr geheizt werden mußte. In den Baracken gab es weder Wasserversorgung noch Sanitäranlagen, deswegen mußten die Kinder und alten Menschen in der Nacht für das Notdürftige die Nachttöpfe, sofern man welche hatte, benutzen, sonst gingen alle zum Gemeinschaftseimer an der Ausgangstür, der seinen Gestank über die gesamte Baracke in der Nacht verbreitete.

 

Es gab keine Art von Licht, denn es fehlten nicht nur Petroleumlampen, sondern auch Petroleum, von elektrischem Strom ganz zu schweigen. Während der zunehmend länger werdenden Nächte mußten die Kinder für Beleuchtung durch Schindelholz aus Fichtenbaumstümmeln sorgen. Nach zwei Stunden solcher Holzbrenner war der Sauerstoff restlos verbraucht, und die Räume standen voller Rauchschwaden, unter denen die älteren Menschen mit Atembeschwerden schwer zu leiden hatten.

 

Auch das Holz zum Heizen der Baracke mußten die Kinder und alten Menschen, von der Obrigkeit »Ishdiwenzy«, d. h. Nichts-tuer genannt, aus dem naheliegenden Wald heranschaffen und ofengerecht zersägen und zerspalten. Die Mitesser hatten die ungeschriebene Aufgabe, für Wärme in den Baracken zu sorgen, bis zur Rückkehr der schuftenden Brotverdiener, die nach zwölf Stunden Härtestarbeit im Walde das dringende Bedürfnis hatten, sich am Ofen aufzuwärmen und ihr durchnäßtes Fußwerk, bestehend aus Lumpenwickeln und Holzrindeschuhen, zu trocknen.

 

Die erste Morgenaufgabe der Männer war, die eingeeiste Tür mit dem Beil aufzuhacken und die hartgefrorene Eisschicht aus den Fugen des Türrahmens zu entfernen. Erst danach konnten der Schnee vor dem Barackeneingang weggeschaufelt und der Zugang zur Baracke von den über Nacht niedergefallenen Schneemassen befreit werden. Die »Arbeiter« wuschen in der Regel ihre Gesichter nach dem Aufstehen mit Wasser in den aus Deutschland mitgebrachten Alu- und Blechschüsseln. Manche gingen hinaus in den Hof und rieben sich die Gesichter mit Schnee ab. Die komplizierte Kunst danach war das Anlegen der »Fußwickel« und das Festbinden der »Batschker«, der aus Lindenbaumrinde geflochtenen Schuhe. Die »Fufaikas«, die gesteppten Wattejacken und die dicken Wattehosen, waren morgens beim Anziehen meist noch feucht, man tröstete sich und sagte: »Die werden am Leibe wieder trocken.«

 

Eine Brotration von 600 Gramm bekamen nur die Schwerstarbeiter, die ihre tägliche Norm erfüllten; für einen Arbeiter, der das Soll nicht erzielte, gab es nur 400 Gramm des lebensspendenden Mischbrotes. Die Meister und Brigadiere (Vorarbeiter) konnten nach eigenem Ermessen für überdurchschnittlich gute Leistungen zusätzliche Brotrationen zuteilen. Meist steckten sie die dafür notwendigen Gutscheine aber in die eigene Tasche und tauschten sie gegen Wodka und andere defizitäre Waren. Die Matadore des mittleren Führungspersonals gaben einen Teil ihrer Beute an die Obrigkeit ab und verschafften sich somit wieder mehr Brotgutscheine für den nächsten Monat. Das ganze Zuteilungssystem war von unten bis oben korrupt.

 

Für Kinder und ältere Menschen gab es am Anfang 250 Gramm Brot pro Person. Ende 1946 wurde ihnen die Brotzuteilung gänzlich gestrichen. Besonders in den kinderreichen Familien herrschte bittere Hungersnot. Die Beine der älteren Menschen begannen sich mit Wasser zu füllen. Das Wort »geschwollen« machte die Runde und bedeutete soviel wie »ständig hungern«, im ärztlichen Jargon: Distrophie.

 

Bald kam jemand auf die Idee, junge Tannenzweige aufzukochen und mehrmals am Tage als Tee zu trinken. Der Aufguß schmeckte penetrant bitter, stillte aber für kurze Dauer den Durst und verdrängte den Hunger. Not macht erfinderisch, und so begannen wir, auf dem naheliegenden Kartoffelfeld der Nachbarkolchose mit Spaten und Brecheisen unter der meterhohen Schneeschicht nach nichtgeernteten Kartoffelresten zu graben. An manchen arbeitsfreien Sonntagen konnten zwei Männer bis zu zwei Eimer gefrorene Kartoffeln »stupfeln« und ihren hungernden Kindern bringen. Zu dieser Zeit wurden in allen Baracken auf den Gußplatten der Kochherde die »Krumbeerakiechla« gebacken. Trotzdem starben viele Barackeninsassen am Ende des ersten Winters den Hungertod.

 

Im Herbst 1946 wurde eine 360 PS starke Dampfmaschine »Buckau-Wolf« aus Magdeburg ins Lager gebracht und im Kraftwerk aufgestellt. Der dazugekoppelte Generator aus dem russischen Werk »Elektrosila« aus Leningrad lieferte aber nur 250 Kilowatt, so daß die volle Leistung der Kondensations-Dampfmaschine nicht ausgeschöpft werden konnte. Immerhin kam ab dieser Zeit der erste elektrische Strom in die Wohnungen und zu den Antrieben der Holzverarbeitungsmaschinen.

 

In diesem Jahr trafen überhaupt viele Maschinen und Ausrüstungsgegenstände aus Deutschland ein. Außer der Dampfmaschine aus Magdeburg kamen Seilwinden mit Dampfantrieb aus Schlesien, Elektromotoren und Schaltgeräte der Firmen Bosch, Siemens und AEG, Dampflokomotiven für Schmalspur aus Deutschland, ja sogar rostige Eisenbahnschienen der Firma Krupp, Baujahr 1892, trafen auf der Baustelle in Kilmes ein und wurden teilweise eingesetzt, teilweise als unbrauchbar wegen fehlender technischer Unterlagen verschrottet.

 

 Für die durch Zuzug einheimischer Russen, Udmurten und Tataren beträchtlich erweiterte Siedlung wurden im Sommer ein Klubhaus im Blockhausstil und eine zentrale »Radiostanzija« errichtet. In den Wohnungen wurde auf Anordnung des Parteisekretärs der sogenannte Radioteller aus schwarzer Dachpappe installiert, damit die Werktätigen immer Moskau hören und die Anweisungen des großen Führers Stalin empfangen konnten. Die Wunder der Technik waren nicht gerade billig; ganze 29 neue Rubel wurden vom nächsten Monatsgehalt eines Arbeiters, das nur ca. 600 Rubel betrug, abgezogen.

 

Außerdem mußte ab sofort laut Verordnung der Parteizentrale jede Familie die Zeitung »Udmutskaja Prawda« abonnieren, obwohl kaum jemand von uns Russisch lesen konnte. Dies interessierte die Partei nicht, sie handelte nach der Devise Lenins: »Wer's nicht kann, muß es lernen; wer sich weigert, wird gezwungen!«

 

Ende November 1948 wurden alle Deutschen in der Arbeitskantine, genannt Stolowaja, zusammengetrieben. Es präsidierte die berühmt-berüchtigte Trojka. Unter den drei Herren saß ein hochdekorierter Offizier im Range eines Majors des NKWD (Volkskommissariat für Innere Angelegenheiten) namens Leschtschukow; der Parteisekretär und der Direktor des Holzgewinnungsbetriebes Moskwin waren ebenfalls anwesend.

 

Die Versammlung an diesem Sonntagnachmittag dauerte eine Stunde. Ohne große Vorrede zog der Offizier aus einem verschlossenen Umschlag ein Papier und verkündete mit strenger, geübter Militärstimme, daß die Partei- und Staatsführung beschlossen habe, die Deutschen dort, wo sie sich zur Zeit befinden, »auf ewige Zeiten anzusiedeln«, und daß für die Flucht eine Gefängnisstrafe nicht unter zwanzig Jahren vorgesehen sei. Ab sofort würden die Deutschen »Spezposelency« (Sondersiedler) genannt; sie dürften sich nur noch im Umkreis von zwei Kilometern zwischen der Arbeitsstelle und der Baracke »frei« bewegen. Wer außerhalb dieses Gebietes erwischt werde, müsse ebenfalls mit 20 Jahren Gefängnisstrafe rechnen. Für die Ausführung dieses von Stalin und Kalinin unterschriebenen Ukas sei der sogenannte »Spezkommandant« am Wohnort zuständig. Alle Fragen der Arbeitsdisziplin sowie persönliche Probleme würden ausnahmslos von diesem Offizier geregelt.

 

Das hieß: Wenn sich ein Meister oder Brigadier über einen Deutschen beschwerte, hatte der »Spezkommandant« die Pflicht, die betreffende Person zu einer Gehirnwäsche in sein Büro zu bestellen; den Formen der Hexenjagd waren keine Grenzen gesetzt.

 

Die Anwesenden im Alter über sechzehn Jahre mußten den Ukas über Ansiedlung »auf ewige Zeiten« unterschreiben und sich verpflichten, mindestens einmal im Monat vor dem Kommandanten zu erscheinen. Major Leschtschukow, ein typischer Vertreter des Regimes, zeichnete sich durch besonders strenge Haltung den Deutschen gegenüber aus. Er ließ sie regelmäßig alle zwei Wochen in seinem Büro erscheinen und stellte jedesmal bohrende Fragen zur Vergangenheit, insbesondere zur Tätigkeit während der deutschen Besatzungszeit und über die Verhältnisse in Deutschland von 1944 bis 1945. Er interessierte sich für alle Bekannten und Verwandten, gleichgültig, ob sie in der Sowjetunion, in Westdeutschland oder gar in den USA lebten, und schrieb die gewonnenen Informationen sorgfältig in seine Unterlagen ein, die er in seinen Panzerschrank aufbewahrte. Auf diesen Safe war er besonders stolz. Üblicherweise öffnete er ihn während eines Verhörs mehrmals, um somit die Position des Kommandanten zu demonstrieren."

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Jakob Wedel mit seiner "Bademagd"...

Am  30.  Juli  verschied  Jakob  Wedel,

 

der namhafte russlanddeutsche Bildhauer

 

Anfang S. 1.

 

1966 meisterte Jakob Wedel im externen Studium in der Kunsthochschule Frunse das Fach Bildhauerei - mit Prof.W. Pusyrewskij als Lehrmeister. Weiteres Studium in der Fachrichtung Skulptur und angewandte Kunst mit dem Praktikum in Moskau bzw. Leningrad folgen sodann. 

 

Sein weiterer beruflicher Werdegang ist nun mit der Kunst verbunden: vorerst als Künstler in der Kunstabteilung des Kulturministeriums der Kirgisischen Republik, dann als Lehrer an der Kunstschule. In diese Zeit fällt auch die Zusammenarbeit mit den Koryphäen der Künstlerzunft – G. Ajtijev aus Frunse und Prof. G. Arapow aus Moskau. Von 1973 bis zu seiner Ausreise im Jahr 1988 nach Deutschland, war Jakob Wedel leitender Künstler in der Abteilung angewandte Kunst und Skulptur im Zentrallabor für Volkskunst Kirgisiens tätig. Sein umfangreiches Talent konnte er hier jedoch nicht voll umsetzen, denn er war in seiner geistigen Freiheit aufgrund von Vorschriften des Sowjetsystems ziemlich eingeschränkt.

 

Als Jakob Wedel nach Deutschland kam, wurde er sofort als Stipendiat im Künstlerhaus Schwalenberg für drei Jahre eingestellt. Hier in der Künstlerstadt des Kreises Lippe in Nordrhein-Westfalen erreichte er als freischaffender Künstler den Höhepunkt seiner schöpferischen Tätigkeit und schuf hunderte Werke aus Holz und Gips. Große Anerkennung fand er in Schwalenberg und Detmold durch seine Werke, die im Museum für russlanddeutsche Kulturgeschichte präsentiert worden sind, sowie darüber hinaus - auch in ganz Deutschland und weltweit. 2006 würdigte ihn das Land Baden-Württemberg mit seinem Kulturpreis „Deutscher Künstler aus Russland“.

 

Ausstellungen

 

In der Kunstszene war Jakob Wedel seit der Austellung seiner Werke 1968 in Buchara, Usbekistan, kein Unbekannter mehr, danach folgten Ausstellungen in weiteren 19 Ländern, darunter in Russland, Kanada, Japan, Deutschland, Paraguay (mit der Wanderausstellung des Museums für russlanddeutsche Kulturgeschichte, 2009). Er wurde mit zahlreichen Auszeichnungen und Stipendien gewürdigt.

 

Werke


Ca. 400 seiner Werke sind in seiner alten Heimat Kirgisien entstanden. Weitere 400 Kunststücke wurden in Deutschland vom Künstler geschaffen. Mehr als 200 seiner Werke bringt Jakob Wedel nach Deutschland mit. Viele seiner Werke sind in Museen Moskaus, St. Petersburgs, Bischkeks und Berlins vertreten; die größte Sammlung seiner Werke ist im Museum für russlanddeutsche Kulturgeschichte in Detmold untergebracht.

 

Jakob Wedel. "Die Mutter". DAZ-Archiv.

Gips, Knete und Holz gehörten zu seinen bevorzugten Materialien. Einige Werke sind in Bronze abgegossen. Seine Hauptthemen waren Geschichte der Russlanddeutschen, Volkskunde und Natur Kirgisiens, Menschen, Tiere, abstrakte Themen.

 

Die Intarsie „Manastschy Sajakbaj Karalajev (1894 – 1971)“ und die Kujrutschuk-Reihe von 21 kleinen aus Holz geschnittenen Plastiken (hergestellt 1973 und 1983 – 1988), sowie andere 18 aus Holz geschnittene Plastiken hat Jakob Wedel Kirgisen gewidmet.

 

In Deutschland:

 

Die Werke von Jakob Wedel schmücken nicht nur die Straßen und Plätze der Hauptstadt Kirgisiens - Bischkek, sondern auch Horn-Bad-Meinberg, Schwalenberg, Berlin. Im Rathaus von Schwalenberg stehen drei seiner Skulpturen. Das Denkmal „Den Russlanddeutschen, die in der Sowjetunion unter Stalins Regime gelitten haben“ im Parkfriedhof Marzahn, Berlin, ist mit Jakob Wedels Plastik „Die letzte Kraft“ ein Ort des Gedenkens an die Leiden der Russlanddeutschen geworden. „Der Barmherzige Samariter“ ist am Gemeindehaus Schwalenberg, 1996 angebracht.“Die Bademagd“ steht im Kurparkeingang Rose Klinik in Bad-Meinberg, 1998, „Die Gänseliesel“ in Schwalenberg u. a. mehr. Einige seiner Werke hat er der Bürgerstiftung Schwalenberg überlassen.

 

Den größten Schatz des Künstlers hat das Museum für russlanddeutsche Kulturgeschichte als Schenkung von ihm bekommen. Es sind über 100 Skulpturen, Büsten, Intarsien, Bilder, Reliefs. So ausdrucksvoll die Geschichte der Russlanddeutschen darzustellen, ist nur ihm gelungen. Es sind seine Werke wie „Die Troika oder die Rote Bande“ (1996), „Der Leidensweg, die Verbannung der deutschen Frauen 1942“ (1989 – 1991), „Die letzte Kraft“ (1990), „O, Gott, erbarme dich“ (1998), Porträtbild „Fritz Müller. Der seelisch und physisch gebrochene“ (1968). In diesen Werken ist der ganze Schmerz der Russlanddeutschen in der Sowjetzeit zum Ausdruck gekommen. Die Besucher werden mit voller Wucht mit dem Schicksal der Deutschen in der Zeit 1917 – 1956 konfrontiert, wenn sie vor diesen Werken im Museum stehen.

 

„Beindruckend seine Werke - genial traumhaft in der handwerklichen Ausführung", wie ein Kunstjournalist 1994 bemerkte. "Mit sparsamen Mitteln und profanen Werkstoffen: Gips, Holz, aber mit ungebrochener schöpferischer Kraft und unendlich feinfühligen Künstlerhänden, schafft er Skulpturen, Reliefs abstrakt oder realistisch; Werke die leicht in die Tradition Dürers, Riemenschneiders oder Käthe Kollwitz’s eingereiht werden könnten. Eine eigene Philosophie und Lebensanschauung, erlittenes Unrecht, Verachtung seines Könnens, nur wegen seiner Herkunft, prägen diesen Bildhauer Jakob Wedel… Ein hervorragender bildender Künstler, der es zwar niemals selbst über sich sagen würde, aber jeder Betrachter seiner Werke spürt es sofort: Seine Kunst kommt wahrhaftig vom Können!“.

 

Jakob Wedel, ein herzensguter Freund und Mensch, ein namhafter Bildhauer und Künstler, hat der Nachwelt eine facettenreiche Palette von Schnitzkunst-, Bildhauer- u.a. Werken hinterlassen, die zweifelsohne die Ewigkeit überdauern werden. Wir werden das Andenken an ihn stets in unseren dankbaren Herzen bewahren.

 

Im Namen der Künstlerkollegen und Landsleute

Dr. Katharina Neufeld, Museum für russlanddeutsche Kulturgeschichte,

Dr. Konstantin Ehrlich, DipKurier / Russlanddeutsche Allgemeine Zeitung.

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Russlanddeutsche: zwischen Hakenkreuz und Sowjetstern

Totalitarismus und Völkermord - Zwangsaussiedlung der Russlanddeutschen aus ihren angestammten Gebieten in der ehemaligen UdSSR

Von Dr. Konstantin Ehrlich

 

Prolog

 

Die deutschen Aussiedler aus Russland und anderen Republiken der einstigen UdSSR, die das Einwanderungsbild Deutschlands in den letzten Jahren beherrschen, sind Nachfahren deutscher Emigranten, die die deutschen Lande seinerzeit aus unterschiedlichen Gründen und zu verschiedenen Zeiten verlassen haben. Die Beweggründe dieser Jahrhunderte andauernden Auswanderung (ebenso wie auch der gesamten Ostsiedlung) waren hauptsächlich politischen, wirtschaftlichen und religiösen, aber auch demographischen, ethnischen und juridischen Ursprungs. Sie verlief in mehreren Etappen, oft mehr oder weniger geordnet, auf Anregung herrschender russischer Eliten.

 

Ursprünglich ließen sich die Deutschen in Russland in drei geographisch-soziale Gruppen einteilen, und zwar:

 

- die Deutschen in den Ostseeprovinzen (Kurland, Livland und Estland), als Baltendeutsche bezeichnet;

- die Deutschen in den russischen Handelsstädten, die den Ursprung des späteren städtischen Deutschtums bildeten;

- die Deutschen in den Ackerbaukolonien, die so genannten Kolonisten.

 

Die erste Gruppe, also die deutsche Volksgruppe in den von Russland in der Zeit Peters I. und Katharinas II. eroberten Ostseeprovinzen, war dreifacher Herkunft. Sie setzte sich zusammen aus:



- Nachkommen von deutschen Rittern, die bereits im 13. Jahrhundert in diese Gegend eingefallen waren und Teile davon erobert hatten;

- Nachfahren von später nachgezogenen Beamten, Militärfachleuten, zahlreichen Gelehrten und Künstlern sowie deutschen Kolonisten;

- germanischen Indigenen.

 

Die zweite Gruppe, die das städtische Deutschtum bildete, bestand aus Kaufleuten, Gelehrten, Künstlern, Ärzten und Apothekern, Staats- und Verwaltungsbeamten, Militärangehörigen, Handwerkern u. a., die sich in russischen Städten sowohl einzeln als auch gruppenweise, meist dem Ruf von russischen Regenten folgend, ansiedelten, sowie aus nachgezogenen Abkömmlingen deutscher Kolonisten.

 

Die dritte Gruppe, bestehend aus meist bäuerlicher Bevölkerung, den deutschen Kolonisten, ließ sich nach dem Ort der Ansiedlung bzw. dem Religionsbekenntnis gliedern. Als die zahlenmäßig stärkste deutsche Gruppe sind in der russischen Geschichte die so genannten Wolgadeutschen gekennzeichnet. Es waren die von Katharina II. in den Jahren 1764-1769 an der unteren Wolga angesiedelten, aus Hessen, den Rheinlanden, aus Württemberg, Lothringen, Elsass, Bayern, der Pfalz, aus Westfalen, Hannover, Holstein, Mecklenburg, Sachsen, Schlesien und Böhmen stammenden Einwanderer (denen sich freilich auch etliche Franzosen, Schweizer, Ungarn, Slawen, Dänen und Schweden anschlossen), die in großen Gruppen nach Russland einreisten.

 

Diese massenhafte Auswanderung der Deutschen nach Russland stützte sich auf das Manifest der Kaiserin vom 22. Juli 1763, welches den umsiedlungslustigen Ausländern großzügige Vergünstigungen und wichtige Freiheiten versprach, darunter: freie Wohnortwahl, uneingeschränkte Religionsausübung, Freistellung vom Militär- und Zivildienst und eigene Selbstverwaltung sowie Befreiung von Steuern. Diejenigen, die sich in ganzen Kolonien in unbewohnten Gegenden ansiedelten, hatten "30 Frey-Jahre, die sich aber in Städten niederlassen, und sich entweder in Zünften oder unter der Kaufmannschaft einschreiben wollen, auch ihre Wohnung in Unserer Residenz Sanct Petersburg oder in benachbarten Städten in Livland, Estland, Ingermanland, Carelen und Finnland, wie nicht weniger in der Residenzstadt Moskau nehmen, haben 5 Frey-Jahre, in allen übrigen Gouvernements- und Provinzial- und anderen Städten aber zehen Frey-Jahre zu genießen...". 1

 

Gleichzeitig verabschiedete die russische Regentin einen Ukas über die Gründung einer Verwaltungsbehörde, der so genannten "Cantzelley der Vormundschaft für die Ausländer", kurz "Tutel-Kantzelley" genannt, und räumte den Umsiedlern das Recht ein, "innere Verfassung der Jurisdiktion nach ihrem eigenen Gutdünken, solchergestalt, dass sie von Uns verordneten obrigkeitlichen Personen an ihren inneren Einrichtungen gar keinen Anteil nehmen werden..." auszuarbeiten. Was in den meisten deutschen Niederlassungen, auch in den in der Zeit Alexanders I. und später gegründeten, geschah.

 

Als weitere deutsche Volksgruppen galten die Ukrainedeutschen, die Krim-, Bessarabien- und Transkaukasien-Deutschen, die Wolhynier, Sareptaner (eine ursprünglich aus Herrnhut stammende Gemeinde, die sich nach jahrzehntelanger Einschränkung und Verfolgung in ihrer Heimat 1765 bei Zarizyn, am Sarpa-Fluss, niedergelassen hatte) u. a. Eine besondere Volksgruppe bildeten die Mennoniten, Anhänger der Religionslehre Menno Simons', die sich Ende des 18. Jahrhunderts in der Südukraine und in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts an der Wolga sowie im Zuge der Weiterwanderung in Zentralasien angesiedelt hatten. Genauer eingeteilt wurden sie nach dem Ort ihrer Ansiedlung: Chortitzaer Mennoniten, Molotschnajer Mennoniten, "Trakter" Mennoniten u.a.

 

In der Geschichte der Ansiedlung der Deutschen im Russischen Reich können vier Perioden unterschieden werden:

 

1. Periode - 13. Jahrhundert bis erste Hälfte des 18. Jahrhunderts: Besiedlung des Baltikums, Gründung von deutschen Gemeinden in den Staats- und Handelsmetropolen Russlands;

 

2. Periode - 1763-1769: Beginn der massenhaften Auswanderung der Deutschen nach Russland. Ansiedlung von deutschen Kolonisten im Wolgagebiet, bei St. Petersburg, in den Gouvernements Tschernigow, Woronesh und in Livland;

 

3. Periode - 1787-1823: Niederlassung von deutschen Einwanderern in Wolhynien, der Südukraine, auf der Krim, in Bessarabien und Transkaukasien.

 

4. Periode - 30er bis 70er Jahre des 19. Jahrhunderts: Gründung von weiteren deutschen
Kolonien in Wolhynien sowie in Podolien, Ansiedlung deutscher Handwerker in der Umgebung von St. Petersburg und Nowgorod. Gründung weiterer mennonitischer Gemeinden im Gouvernement Jekaterinoslaw und zweier Ansiedlungsgruppen an der Wolga.

 

Erst nach der "Übergabe der ausländischen Ansiedler an die allgemeinen Institutionen für Bauernangelegenheiten" am 17. Dezember 1866 und der Einführung der Semstwos sowie der Aufhebung der Selbstverwaltung im deutschen Dorf (1871) und schließlich der Einführung der allgemeinen Wehrpflicht (1874) bricht die landwirtschaftliche Kolonisation Russlands ab, nicht jedoch die Einwanderung von deutschen Industriellen und Handwerkern. Diese erlebt sogar einen erheblichen Zuwachs.

 

Die Gründung von ersten deutschen Kolonien im Orenburgischen, in Sibirien und Mittelasien ist mit einer anderen Art der Kolonisierung, der so genannten Weiterwanderung, die in Folge von Übervölkerung und des eingetretenen Bodenmangels zutage trat und mehrere Regionen Russlands betraf, in Verbindung zu setzen. So siedelten aus den alten mennonitischen Mutterkolonien in Wolhynien etliche Familien an den Molotschnaja-Fluss über, und im Nordkaukasus gründeten wolgadeutsche Umsiedler eine ganze Reihe von Niederlassungen. Auch religiöse Gründe waren oft der Grund für die Weiterwanderung der deutschen Kolonisten. Die Einführung der allgemeinen Wehrpflicht in Russland im Jahr 1874 veranlasste zum Beispiel mehrere mennonitische Familien aus den Niederlassungen am Fluss Molotschnyje Wody und den deutsch-mennonitischen Gemeinden an der Wolga nach Zentralasien umzusiedeln, wo sie in den heutigen Gebieten Tschimkent und Dshambul, in Kirgisien sowie Usbekistan eine Reihe von deutschen Kolonien anlegten.

 

Wie bereits vermerkt wurde, stammten die sich in Russland ansiedelnden Kolonisten nicht nur aus verschiedenen Gegenden des "Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation" und einigen anderen benachbarten Staaten, sondern sie siedelten sich dort auch zu verschiedenen Zeiten an. Dazu kam noch die Unterschiedlichkeit von Sprache, Dialekt und Mundart, Religionsbekenntnis und sozialer Zugehörigkeit, wirtschaftlicher und kultureller Entwicklung, so dass es eines verwaltungsmäßigen, rechtlichen und sprachlichen Annäherungsprozesses von bestimmter Dauer bedurfte, bis die verschiedenen Umsiedlergruppen zu einer ethnischen Gemeinschaft zusammenfanden.

 

"Die deutschen Kolonisten, die, gefesselt durch den Zarismus, eingekeilt in verschiedene, zumeist nomade Völkerschaften, Schritt für Schritt Kampf führend gegen die Ungunst der rauen Natur, Scholle um Scholle für Ackerbau, Kultur und Zivilisation errungen haben, sie halten an ihrer nationalen Eigenart fest. Die Wetterfestigkeit der Naturvölker der Steppe, verschmolzen mit der Zähigkeit und Arbeitsamkeit des Westeuropäers, ergab einen eigenartigen, Achtung gebietenden Menschenschlag", schrieb in den 1920er Jahren die Zeitschrift "Das neue Russland". 2

 

Die einstigen Unterschiedlichkeiten von Sprache und Dialekt, Volksleben und Kultur schwanden dahin, so dass sich die Einwanderer mit der Zeit zu einer Sprache, der deutschen Kanzleisprache, wenngleich mundartlich gefärbt, bekennen konnten. Die Zeit war es auch, die die deutsche Lebensweise innerhalb der Umsiedlergruppen dominierend machte.

 

Anfang des 20. Jahrhunderts stellten die Deutschen im Baltikum 165.600 Personen - 6,9 Prozent der Gesamtbevölkerung, im Wolgagebiet 395.800 Personen - 6,4 Prozent, im Königreich Polen 407.700 Personen - 4,3 Prozent, in Neurussland 377.300 Personen - 3,5 Prozent, im Gouvernement Wolhynien 171.300 Personen - 5,7 Prozent. Im Gouvernement St. Petersburg lebte eine große Zahl von Deutschen in der Stadt selbst. Im Jahr 1881 zählte die Hauptstadt mit etwa 850.000 Einwohnern 65.000 Deutsche.

 

Die Deutschen in der Ukraine konzentrierten sich hauptsächlich in den Gouvernements Cherson (6,6 Prozent der Gesamtbevölkerung), Jekaterinoslaw (5,4 Prozent) und Taurien (8,8 Prozent). Vom bebauten Boden hatten die Deutschen in diesen Gegenden entsprechend 19,1 Prozent, 25 Prozent und 38,3 Prozent im Besitz. Über das verhältnismäßig meiste Ackerland verfügten die Deutschen im Bezirk Simferopol auf der Krim mit 77,8 Prozent und in der Umgebung von Odessa mit 60 Prozent der gesamten Ackerfläche; dabei stellten sie in diesen Gegenden lediglich 9,2 Prozent bzw. 7 Prozent der Gesamtbevölkerung.

 

Beträchtliche Gruppen von Deutschen lebten im belorussisch-litauschen Raum, in Nord- und Transkaukasien sowie in Bessarabien und dem Gouvernement Stawropol. 3

 

Inzwischen nahm die Übervölkerung im europäischen Teil Russlands immer mehr zu. Infolgedessen und bedingt durch den Bau der Sibirischen Eisenbahn sowie die Anfang des 20. Jahrhunderts eingetretene agrarische Unordnung, wurde die Umsiedlung noch mehr beschleunigt. Am 10. März 1906 wurde durch einen Erlass der Regierung die so genannte Stolypin-Reform verabschiedet, in der die Umsiedlungsfreiheit gesetzlich verankert wurde.

Bereits im Jahr 1908 siedelten in die Gegend hinter dem Ural 665.000 und ein Jahr später 615.000 Menschen um. Auch große Scharen von deutschen Bauern zogen nach Sibirien und Kasachstan sowie nach Übersee.

 

Zu Beginn des 20. Jahrhunderts rückten die Russlanddeutschen unter den Nationalitäten des Russischen Reichs, ungeachtet dessen, dass 102.000 von ihnen von 1901-1909 nach Amerika ausgewandert waren, an die 9. Stelle vor. In absoluten Zahlen zählten sie im 1917 2.338.500 Personen und waren in ihrer überwiegenden Mehrheit russische Untertanen. Zahlreicher waren jetzt nur noch Russen, Ukrainer, Polen, Juden, Belorussen, Kasachen, Tataren und Finnen.4

 

Nur beiläufig sei hier vermerkt, dass die Verdienste der Russlanddeutschen in der Wirtschaft Russlands hervorragend waren, nicht zuletzt dank der Einführung von fortschrittlicher Technologie in der Landwirtschaft und im Manufakturwesen. So bedienten sie sich der erfolgssicheren Fruchtfolgemethode und führten die leistungsstarke Rinder- und Pferdezucht ein. Allein die Schaffung der "roten (deutschen) Kuh", die bis heute als eine der besten Rinderrassen gilt und unter dem Namen "Stepnaja" in weiten Gegenden Kasachstans und Sibirien gezüchtet wird, ist einmalig in der Geschichte.

 

Große Verluste erlitt die deutsche Bevölkerung infolge der Revolutionsjahre und des Bürgerkrieges sowie der anschließenden Hungerjahre. Weiter verringerte sich ihre Zahl in der Sowjetunion, nachdem Finnland, Polen, die baltischen Staaten und Bessarabien die Selbstverwaltung erhalten hatten bzw. von der Sowjetunion abgetrennt worden waren.

 

Das Gebietsparteikomitee der 1918 gegründeten wolgadeutschen Kommune berichtete höher stehenden Institutionen von einer totalen Hungersnot, die 70 Prozent der Bevölkerung erfasst hatte. Aufstände und Auflehnungen gegen die Sowjets machten sich breit, die auch auf russische Dörfer übergriffen. Ausländische Organisationen starteten Hilfsmaßnahmen für "die Hungernden an der Wolga".
 

Die Sowjetmacht versuchte jedoch aus propagandistischen Gründen die Ausmaße der Hungersnot zu vertuschen. Der Hungertod und die Abwanderung aus dem deutschen Wolgagebiet bewirkten, dass die Zahl der deutschen Bevölkerung in nur acht Monaten von 452.000 Ende 1920 auf 359.000 am 15. August 1921 zurückgegangen war. Zum 1. Januar 1922 hungerten trotz der breit entfalteten Hilfe von nationalen, internationalen und konfessionellen Hilfsorganisationen an der Wolga rund 25 Prozent der Bevölkerung. 5

 

Auch der Hunger in Folge der Missernte des Jahres 1924 an der unteren Wolga erlangte Massencharakter und forderte große Opfer an Menschenleben, wenngleich man in der deutschen Kommune darauf besser vorbereitet war als auf die Hungersnot der Jahre 1921-1922. Die insbesondere aus dem Ausland (Deutschland und Amerika) eintreffende Unterstützung mit Nahrungsmitteln wurde ausgehend vom Klassenprinzip verteilt. Allerdings waren die Pakete aus dem Ausland, auf denen konkrete Empfänger angegeben waren, mit äußerst hohen Zollgebühren belastet, so dass viele Hungernde sie nicht erhalten konnten. In den Archiven gibt es zum Beispiel ein Schreiben des Lehrers E. Schneider aus dem Dorf Kaluga, der bittet, sein Paket, das in Pokrowsk im mHerbst 1924 eingetroffen war, gebührenfrei erhalten zu dürfen. Es blieb jedoch unbeantwortet. 6

 

Große Opfer an menschlichem Leben hatten die deutschen Kolonisten in Südrussland, der heutigen Ukraine, und in Sibirien, die in die Wirren der Kämpfe zwischen den Rot- und Weißgardisten unmittelbar mit einbezogen wurden, zu beklagen.

 

Die Einrichtung der politischen Selbstverwaltung in den deutschen Siedlungen des Wolgagebiets durch die Gründung der Arbeitskommune der Wolgadeutschen am 19. Oktober 1918, die am 6. Januar 1924 in die Autonome Republik der Wolgadeutschen umstrukturiert wurde, die Einführung des Deutschen als Amts- und Unterrichtssprache im selben Jahr (selbstverständlich nachdem die Folgen der Missernte von 1924 überwunden waren) und nicht zuletzt die neue wirtschaftliche Politik (die so genannte NÖP) führten dazu, dass große Gruppen von Russlanddeutschen in die Wolgaregion umsiedelten. Auch aus dem Ausland kamen nicht wenige Russlanddeutsche zurück, so dass die Wolgadeutschen bald die stärkste kompakt siedelnde deutsche Volksgruppe innerhalb der Sowjetunion bildeten. Als Beispiel dafür möge das Gesuch des Mitgliedes der Kommunistischen Partei aus Kirgisien, Abraham Janzen, an das Talassker Kantonparteikomitee, datiert vom 13. April 1927, dienen, der seine Obrigkeit um die Genehmigung seines Umzugs in die Autonome SSR der Wolgadeutschen ersuchte. Als ersten Grund für den gewünschten Wohnortwechsel nannte er die Tatsache, dass er seit geraumer Zeit in einem entlegenen Dorfe wohne, das von "fanatischen Deutschmennoniten" besiedelt sei. Der Umzug an die Wolga würde ihm die Möglichkeit bieten, in einer in kultureller Hinsicht besser entwickelten Umgebung mit "selbstbeherrschten Parteimitgliedern" zu arbeiten, was ihm helfen würde, sich auch politisch zu steigern.

 

Zum anderen erwähnte er, seine Frau, die des Russischen nicht mächtig sei, würde am neuen Wohnort die Möglichkeit bekommen, sich ebenfalls gesellschaftlich zu betätigen, woran sie sehr interessiert sei.

 

Als dritten Grund nannte er die Unmöglichkeit, seinen ältesten Sohn (acht Jahre) einzuschulen, da dieser wie auch seine drei anderen Kinder die russische Sprache überhaupt nicht beherrschten. Seine Kinder in einer deutschen Siedlung in die Schule zu schicken, habe wenig Sinn, da sie dort seiner Ansicht nach "nicht die den Kindern eines Kommunisten entsprechende Erziehung erhalten" könnten. Abschließend betonte er, er habe vom Gebietsparteikomitee der Republik bereits die Erlaubnis zur Ansiedlung in der ASSR der Wolgadeutschen erhalten. 7

 

In ihre angestammten Gebiete kamen auch mehrere Emigranten zurück, die noch während des Ersten Weltkrieges und in den Hungerjahren 1921-1922 auf der Suche nach Arbeit nach Amerika oder nach Deutschland ausgewandert waren. Sie folgten der "Amnestie im Zusammenhang mit der Gründung der ASSR der Wolgadeutschen" vom 5. April 1924, derzufolge alle Emigranten mit Ausnahme von "aktiven Feinden der Sowjetmacht" von jedweder Maßregelung befreit werden sollten. Es sei hier unterstrichen, dass dieses Dokument in Wirklichkeit eher propagandistischen Zwecken diente, als dass es eine wahre Rückwanderung von Russlanddeutschen beabsichtete. Die Emigranten gerieten mit ihrer Rückkehr in eine Falle: Bereits Ende der 20er Jahre fielen viele von ihnen dem Terror der bolschewistischen Gewalt zum Opfer; die restlichen wurden bis auf einzelne Ausnahmen von den Massenrepressalien in der zweiten Hälfte der 30er Jahre erfasst.

 

Nach der Volkszählung vom 17. Dezember 1926, die nach Angaben von Dr. Helmut Anger 8 die deutschen Niederlassungen in Sibirien und Asien nicht vollständig erfasst hatte, zählte Sibirien, einige Gebiete des heutigen Nordkasachstan mit eingeschlossen, 503 deutsche Siedlungen mit 108.816 deutschen Einwohnern. Insgesamt gab es in der 2. Hälfte der 20er Jahre in der Sowjetunion 741 deutsche Dorfräte (Gemeinden); im Wolgagebiet waren es 191, in der Ukraine und Moldawien 231, in der RSFSR und anderen Republiken 313.9 Die Gesamtzahl der Deutschen in der UdSSR belief sich nach der erwähnten Volkszählung auf 1.238.549 Personen, von denen 184.769 das städtische und 1.053.780 das kolonistische Deutschtum darstellten. 806.301 Deutsche lebten in Russland, 393.924 in der Ukraine, 25.327 in Transkaukasien und 7.075 in Weißrussland.

 

Große Menschenopfer forderten die drakonischen Maßnahmen der Sowjetgewalt in den 20er Jahren. Das war zum einen die so genannte Entkulakisierung, in deren Folge Zehntausende von Russlanddeutschen das Land verließen bzw. verhaftet, hingerichtet oder in menschenleere Ostgebiete des Landes zwangsverschickt wurden. Zum anderen waren es insbesondere die durchgehende Zwangskollektivierung der Bauern in der UdSSR (1929-1932), die eine Hungersnot (1933) bewirkte, die Industrialisierung, die Zwangsaussiedlung von Wolhyniendeutschen im Jahr 1935 und die massenweisen Repressalien (1936-1939), die so genannten Säuberungen, denen mehrere Millionen Menschen, darunter wohl nicht zuletzt ein beträchtlicher Prozentsatz von Russlanddeutschen, die schon Anfang der 30er Jahre in die Liste der "unzuverlässigen Bürger" eingetragen wurden, zum Opfer fielen.

 

Mit dem Übergang der Sowjetverwaltung von der NÖP-Politik zur Planwirtschaft wurde der freie Getreidehandel im Lande untersagt. Stattdessen wurden die Bauernwirtschaften verpflichtet, eine bestimmte Menge von Getreide und anderen Nahrungsmitteln zu festgelegten Preisen - die drei- bis viermal niedriger waren als die Marktpreise - an den Staat zu liefern. Das Nichterfüllen dieses Solls wurde mit Freiheitsentzug und anderen "Vergeltungsmaßnahmen" - wie Konfiszieren des Eigentums, Zwangsausweisung u. ä. - geahndet. Und wenn auch diese Handlungsweise nicht gegen die Russlanddeutschen als konkrete Volksgemeinschaft gerichtet war, so wurden sie doch von ihr am härtesten getroffen, da sie 15 Prozent der Großbauernwirtschaften im Land stellten.

 

Einen eindeutigen Beweis für den Genozid des Sowjetregimes an der russlanddeutschen Bevölkerung liefern uns die statistischen Daten über die Zahl der Deutschen in der Ukraine. Laut Volkszählungen zählten sie 1926 393.924 und 1939 405.001 Personen. Der Zuwachs in der Zeitspanne 1926-1939 betrug demzufolge nur 11.077 Personen, also 2,8 Prozent. Im Landesdurchschnitt belief sich dagegen der Geburtenüberschuss für den gleichen Zeitraum auf 15,9 Prozent.

 

Für die gesamte Sowjetunion nennt die Volkszählung von 1939, die von Stalin höchstpersönlich überwacht und zweifelsohne in so mancher Hinsicht korrigiert wurde, eine Zahl von 1.423.545 (in einem Bericht des NKWD an das ZK der Partei wird die Zahl 1.427.232 genannt10) Personen deutscher Nationalität. Der Zuwachs der Russlanddeutschen für die Jahre von 1926 bis 1939 betrug demnach nur 185.000. Nimmt man die durchschnittliche Geburtenrate in der Sowjetunion von 15,9 Prozent im Zeitraum von 1926 bis 1941 als Ausgangspunkt - die entsprechende Abweichung der Russlanddeutschen, die im Normalfall eine der höchsten Geburtenraten im Land aufwiesen, berücksichtigend -, gelangt man zu dem Schluss, dass in der genannten Zeit mindestens 120.000 Personen deutscher Nationalität Opfer der Völkermordpolitik der Sowjetgewalt gegenüber den Russlanddeutschen geworden sind.

 

Endgültig zum Verhängnis wurde für die Russlanddeutschen der Einfall der Deutschen Wehrmacht in die Sowjetunion im Jahr 1941. Sie hatten nun "eine doppelte Last zu tragen", denn dieser Überfall hatte für sie "neben dem allgemeinen Kummer einen besonderen tragischen Sinn: Es war allgemein bekannt, dass die UdSSR-Deutschen in keinem Verhältnis zu Nazi-Deutschland standen und dass sie in keinem Maße die Verantwortung für seine Gräuel teilten, doch in den Jahren des Krieges klang schon selbst das Wort 'nemez' (Deutscher) wie eine Anschuldigung". 11

 

Bolschewistische Rassenpolitik gegenüber den Russlanddeutschen

 

Es ist eine Tatsache, dass das Wohlbefinden der Deutschen in Russland immer von der Qualität der Beziehungen zwischen Russland und Deutschland abhängig gewesen war. Daran änderte sich auch nichts in der Zeit der Herrschaft der Sowjets. Abgesehen davon, dass die Bolschewiken bei der Ausführung ihrer barbarischen Zielsetzungen viel präziser waren und zielstrebiger handelten als die Beamten der russischen Monarchie. Sie strebten nämlich eine utopische Idee an, die sie in den Rang einer Religion erhoben hatten, und da gab es keinen Raum für Andersdenken,  geschweige denn für Andershandeln.

 

Besonders schlecht erging es unter der Diktatur des Proletariats den nationalen Minderheiten, den Russlanddeutschen in erster Linie. Als Erstes traf sie, da sie wohlhabender gewesen waren als die benachbarten Völker, in vollem Maße die "Prodraswjorstka" (Getreideablieferungspflicht), sodann die Entkulakisierung, d.h. die Enteignung von Großbauern, und schließlich die Zwangskollektivierung. Die Übergriffe der Sowjetmacht in dieser Zeit sind uns aus der geschichtlichen Literatur sowie den Berichten von Augenzeugen hinlänglich bekannt. Familien, die bis zu 13 und mehr Personen zählten und ein, zwei Kühe, ein paar Pferde und etliches Federvieh ihr eigen nennen durften, wurden in der Regel als ein der Sowjetmacht feindliches Element abgestempelt - mit all den daraus resultierenden Folgen. Alle der noch 1928 über 1 Million zählenden Kulaken- (lies: Großbauern-)wirtschaften in der Sowjetunion, von denen ein beträchtlicher Teil Russlanddeutschen gehörte, wurden bis 1932 expropriiert; viele Familienoberhäupter wurden entweder hingerichtet oder interniert, andere mit ihren Familien nach Sibirien bzw. in den Hohen Norden deportiert.

 

Am 3. Februar 1930 wurde in der deutschen Wolgarepublik eine "Gebietssonderkommission zur Liquidierung des Kulakentums" ins Leben gerufen, die - sich auf die Weisungen der Partei und Stalins persönlich, der die Kolchosbauern zu einer durchgängigen Kollektivierung aufrief, stützend - einen entsprechenden Plan mit Zahlen von Wirtschaften, welche im jeweiligen Kanton enteignet werden sollten, aufstellte, indem sie alle sowjetfeindlichen Elemente in Klassen einteilte.

- Auf die 1. Kategorie, die als aktive Konterrevolutionäre gekennzeichnet wurden, verhaftet und eingekerkert werden sollten, entfielen 570 Bauernwirtschaften;

- der 2. Kategorie, die der Aussiedlung außerhalb der Nishne-Wolshsker Region, zu der ab 1928 die ASSRdWD administrativ gehörte, ausgesetzt werden sollten, gehörten 1.600 Bauernwirtschaften an:

- in die 3. Kategorie, die der Wolgarepublik verwiesen werden sollten, wurden 280 Bauernwirtschaften eingetragen:

- die 4. Kategorie, die aus ihren Dörfern in besondere Kulakensiedlungen innerhalb der Wolgarepublik umgesiedelt werden sollte, stellten 4.900 Bauernwirtschaften.

 

In diesem barbarisch-zynischen Programm, das von übereifrigen Partei- und Sowjetfunktionären selbstverständlich überboten wurde, wurden auch die Daten der Inhaftierung bzw. Ausweisung der "Konterrevolutionäre" festgelegt.

Allein in den Monaten Februar, März und April 1930 wurden aus der Wolgarepublik etwa 6.000 Personen ausgesiedelt. Die Gesamtzahll der hingerichteten und internierten deutschen Familienoberhäupter in dieser Zeit ist uns leider unbekannt; erwähnt sei jedoch, dass allein im Januar dieses Jahres 476 Personen - Anhänger der so genannten "aufständischen konterrevolutionären Kulakengruppierungen" - verhaftet wurden.

 

Uns ist ein Brief eines enteigneten "Großbauern" der 2. Kategorie überliefert worden, in dem der Verfasser über seine Leiden am Ort der Aussiedlung im hohen Norden berichtet. Aus ihm völlig unverständlichen Gründen sei er am 20. Februar 1930 aus seinem Heimatort in die Stadt Soljwytschegodsk im Gouvernement Sewero-Dwinsk umgesiedelt worden. Aus seinem Hause sei er vom Vorsitzenden des Dorfrates und einem Milizionär geholt worden. Mit ihm habe man seine gesamte Familie ausgesiedelt, seine Frau (42 Jahre) und seine Kinder Georg (18), Gottlieb (14), Heinrich (11), Anna (9), Johann (8), Jakob (6) und Philipp (4). Drei der Kinder seien in der Verbannung bereits gestorben. Seit der Aussiedlung der Familie waren zur Zeit der Abfassung des Briefes 40 Tage vergangen.12

 

Wie ersichtlich, unterschied sich das Schicksal der Kinder von ausgesiedelten Bauern (2. Kategorie) nur wenig von dem der Kinder, die ihrem Schicksal nach der Inhaftierung ihrer Eltern selbst überlassen wurden (1. Kategorie), bemerkt der Historiker Arkadi Hermann. Der einzige "Vorteil" der Ersten habe darin bestanden, dass sie Not und Entbehrungen mit ihren Eltern geteilt hätten und in ihren Armen gestorben seien.

 

In den Monaten März bis Mai 1931 wurden aus den deutschen Siedlungen an der Wolga 919 Familien von enteigneten Bauern (5.273 Personen) deportiert. Am 10. Juli 1931 siedelte man 2.211 arbeitsfähige Männer nach Kasachstan aus, denen man später ihre Familien in zehn Eisenbahnzügen nachschickte. Ende Juli, Anfang August desselben Jahres deportierte man weitere 2.443 Familien (11.285 Personen) nach Kasachstan.13

 

Auch noch 1933, und zwar allein im Mai, wurden 388 entkulakisierte Familien, darunter 38 Familien örtlicher Kommunisten, ihrer Heimatorte verwiesen, obwohl die deutsche Wolgarepublik die durchgängige Kollektivierung bereits im April 1931 für abgeschlossen erklärt hatte.

 

Ähnlich - mit nicht geringerer Anzahl von Opfern - verlief die Kollektivierung der Bauernwirtschaften auch in den deutschen Siedlungen der Ukraine, Sibiriens und in anderen Regionen der Sowjetunion, wo die Russlanddeutschen oft viel wohlhabender waren als in der Wolgarepublik, geschweige denn als die benachbarte anderssprachige Bevölkerung. Das schürte nicht zum ersten Mal in der russischen Geschichte Hass; man erinnere sich nur an die Kampagne gegen die deutsche Überfremdung, die von pseudopatriotischen Journalisten und russischen Nationalisten Ende des 19. Jahrhunderts und während des I. Weltkrieges vom Zaun gebrochen wurde. Seit dieser Zeit wurde die Abneigung gegenüber der einheimischen deutschen Bevölkerung sogar auf Staatsebene geschürt; den Beweis dafür liefern uns die Diskussionen in der russischen Duma nach Kriegsbeginn, in deren Folge die berüchtigten Erlasse der Zarenregierung von 1915 verabschiedet wurden, gemäß denen die Wolhyniendeutschen ihrer angestammten Wohngebiete verwiesen wurden. Diese Erlasse sollten dann auch auf die übrigen Kolonistensiedlungen im europäischen Russland übertragen werden.

 

Nicht sehr verwunderlich erscheinen demnach Aussagen, dass es "in den 20er Jahren unmöglich gewesen" sei, "unter der deutschen Bevölkerung der Ukraine, des Altai oder Sibiriens irgendwelche Klassengrenzen zu ziehen", da ein jedwedes kolonistisches Dorf als "kulakisches Dorf" gekennzeichnet werden konnte.



 

Um der Verfolgung der roten Kommissare zu entgehen, gab ein Teil der deutschen Bauern sein Eigentum freiwillig ab und trat den Kolchosen bei. Ihre "bourgeoise" Vergangenheit sollte sie aber später, in den Jahren des großen Terrors 1936-1939, einholen, in denen sie bis auf nur einzelne Ausnahmen der bolschewistischen Guillotine zum Opfer fielen.

 

Es gab aber auch Fälle der Auflehnung gegen die usurpatorische Gewalt der Sowjets, die von den Bolschewiken gnadenlos unterdrückt wurden und in der sowjetischen Geschichtsliteratur als Klassenkampf gekennzeichnet werden. Hier ein Beispiel aus erster Hand:

 

"Akte der Übergabe an die Kolchose 'Landwirt' des Eigentums des wohlhabenden Bauern aus der Siedlung Romanowka, K. W. Penner... 1931, am 22. Mai, ist diese Akte von dem Stellvertreter des Vorsitzenden des Dorfrates, Janzen, Ja., dem Sekretär des Dorfrates, Peters, A., dem Brigadier Neumann, P. P., dem Bevollmächtigen des Dorfrates, Neumann, G. Ja., und dem Ausführungsbeauftragten, Janzen, I. F., über Folgendes ausgestellt worden:

An diesem Tage ist von uns an die Kolchose 'Landwirt' das Eigentum der wohlhabenden Wirtschaft von Penner, K. W., übergeben worden. Bei der Übergabe der Kühe ist die Schwiegertochter von Penner, Penner Jelisaweta, uns mit einer Heugabel am Garteneingang in den Weg getreten, indem sie die Übergabe verhindern wollte. Bei der Übergabe der Schweine ist von uns im Stall ein im Mist versteckter Kasan (gusseiserner Kessel - K. E.) entdeckt worden, wonach wir eine sorgfältige Durchsuchung der Wirtschaft unternahmen und im Gartengebüsch sowie an anderen Orten Gegenstände ausfindig machten, deren Auflistung wir beigelegt haben. Das Aufführen Penners mit seiner Familie war bösartig... Die Akte ist für die Erörterung auf der Sitzung des Armenkomitees zwecks Einleitung entsprechender Schritte aufgestellt worden. (Unterschriften: A. Peters, Janzen)"14

 

Die durchgängige Kollektivierung der Landwirtschaft, die auf Anregung Stalins im Sommer 1929 gestartet wurde und Ende 1929 ein galoppierendes Tempo erreichte, die nackte Willkür der Sowjetgewalt und die Gesetzlosigkeit verursachten weit verzweigte Protestaktionen in vielen Regionen der Sowjetunion, von denen die Russlanddeutschen nicht ausgenommen blieben.

 

Die damaligen Übergriffe der Sowjetmacht trieben Zehntausende von Russlanddeutschen in die Emigration, vor allem nach Amerika. 1928 wurde jedoch die Grenze verriegelt. Tausende von auswanderungsbereiten Deutschen, die sich 1929 vor den Toren Moskaus angesammelt hatten, um die Ausreisegenehmigung der Sowjets bzw. eine Aufnahme in Deutschland zu erwirken, und nun eine strikte Absage der Sowjets erhielten, wurden der Ausweglosigkeit preisgegeben. Erst nachdem die NKWD-Leute ihre Operation zur Zwangsrückführung dieser Menschen an ihre früheren Wohnorte begonnen hatten, schaltete sich die Deutsche Botschaft ein, wodurch es etwa 6.000 Auswanderern gelang, nach Deutschland und dann nach Amerika auszuwandern. Die überwiegende Mehrheit aber musste Moskau verlassen und mitten im Winter den Rückweg nach Sibirien und in die Ukraine antreten, wobei viele dem Hunger und der Kälte erlagen.

Eine gegen die Ausreise ins Ausland entfaltete Kampagne griff um sich. Anschuldigungen des Hochverrats wurden fabriziert und publik gemacht. Tausende Russlanddeutsche wurden von den sowjetischen Gerichten verurteilt und gerieten in Arbeitslager oder wurden erschossen.

 

Mit dem Jahr 1933, das in die Geschichte als ein Jahr des großen Hungers selbst in den Getreideregionen des Landes, das deutsche Wolgagebiet mit einbezogen, eingegangen ist, waren "die Grundlagen des Sozialismus in der UdSSR im Wesentlichen geschaffen", wie es in den Parteidokumenten und der Geschichtsliteratur der Sowjetzeit hieß, und das Land trat nun "in die Etappe der Vollendung des sozialistischen Aufbaus ein". Es ging jetzt darum, "die Reste von kapitalistischen und konterrevolutionären Elementen im Lande vollständig auszuschalten". Diese Zielsetzung der proletarischen Gewalt fand ihren praktischen Ausdruck in der Niederschlagung der so genannten "Hungerrevolten" im selben Jahr.

 

Die Hungersnot, deren erste Symptome sich bereits Ende 1932 zu offenbaren begannen, nahm im Sommer 1933 gewaltige Ausmaße an. Es gibt inzwischen eine große Anzahl von Dokumenten, die Licht auf eine Tragödie werfen, die - wie inzwischen bekannt - durch die menschenfeindliche Politik der bolschewistischen Verwaltung des Landes binnen zwölf Jahren bereits das zweite Mal hervorgerufen wurde. Uns sind zum Beispiel Berichte des Staatsanwaltes der ASSR der Wolgadeutschen, A. Skudra, an den Staatsanwalt der RSFSR, A. Wyschinski, erhalten geblieben, in denen unter anderem festgestellt wird, dass es in einer Reihe von Dörfern der deutschen Wolgarepublik, insbesondere im Kanton Balzer, Fälle des Hungertodes unter den Kolchosbauern und des Kannibalismus gegeben habe. Im Dorf Huck seien in der Zeit vom 1. bis 15. März 70 Personen gestorben. Infolge totaler Untätigkeit des Dorfrates seien die Leichen zwei bis drei Wochen nicht beerdigt worden. In Dönhoff seien vom 1. bis 12. März 57 Personen gestorben, die ebenfalls lange unbeerdigt geblieben seien. Im Dorf Kutter seien im März pro Tag sieben bis acht Personen gestorben, die bis zu zehn Tage lang nicht beerdigt worden seien.

 

Im Mai verschlechterte sich die Situation noch mehr. So meldete Skudra am 27. Mai zur Situation im Kanton Balzer an seinen Kollegen in Moskau den Hungertod von 892 Personen in der Zeit vom 1. bis 24. April.15

 

Unvorstellbar war das Verhalten von Sowjetfunktionären, die inmitten des schrecklichen Hungers, von dem das deutsche Wolgagebiet heimgesucht wurde, aus der Republik "26,6 Tonnen von geräuchertem Speck, 40,2 Tonnen Butter, 2,7 Waggons geschlachteten Federviehs, 71 Tonnen schwarzer Johannisbeeren u. a." ausführten.16

 

Gleich nach der Machtergreifung Hitlers, mit der sich in der Sowjetunion Misstrauen und Angst gegenüber Deutschland breit machten, begannen die Sowjets Listen von Russlanddeutschen, die allesamt für unzuverlässig erklärt wurden, nach dem "Gesetz des Blutes" aufzustellen. Das geschah jedoch im Verborgenen. Uns will es scheinen, dass die Umsiedlung der Deutschen und der Polen aus Wolhynien - verordnet am 1. Januar 1935 - bereits mit Hilfe solcher Listen durchgeführt werden konnte. Das wird schließlich dadurch bestätigt, dass es dem NKWD gelang, die Operation der totalen Zwangsverschickung von Russlanddeutschen im Jahr 1941 in sehr knapper Frist und mit "vortrefflicher Sorgfalt" zu realisieren.

 

Die Historikerin Dr. Ingeborg Fleischhauer bezeichnet diese Handlungsweise der Sowjets als "charakteristische Präventivmaßnahme", die auf "die Neutralisierung einer potentiellen 'fünften Kolonne' von rund 1 Million Deutschen im Falle des befürchteten Angriffs" gerichtet gewesen sei.17 (Derselben Meinung ist auch Meir Buchsweiler, worauf wir später zurückkommen werden). Nichts sagt sie (die sie mehrere Arbeiten zum NS-Genozid an Juden publizierte) jedoch darüber, dass die Aufstellung von Listen, d.h. die landesweite nach biologischen Kriterien(!) bewerkstelligte Erfassung und die darauf folgenden Zwangsaussiedlungen aus den angestammten Gebieten, die zerstreute Ansiedlung an Verbannungsorten in einer fremdvölkischen Umgebung, die Trennung von Familienmitgliedern, Geschlechteraussonderung, Schließung von kulturellen Einrichtungen sowie das Verbot der Muttersprache im öffentlichen Verkehr - was die deutsche Minderheit in der Sowjetunion mit voller Härte getroffen hat - die wichtigsten Merkmale einer Völkermordpolitik eines Staates bzw. Regimes sind.

 

Lange Jahre konnte das Vorhandensein solcher Listen nicht nachgewiesen werden. Es gab nur Vermutungen und Berichte von Betroffenen. Dr. Fleischhauer gebührt riesiger Dank dafür, dass sie einen wichtigen und eindeutigen Beleg dafür finden konnte. So zitiert sie aus einem Brief von Prof. Jewgenija Ewelson, die von den Sowjets für die Erstellung eines Fragebogens zur Erfassung von Deutschen mit einem "Zweimonatsgehalt" und einem Kurorteinweisungsschein ausgezeichnet wurde:

 

"Wenn die sowjetische Presse davon spricht, dass der Angriff Hitlers auf die Sovjetunion unerwartet kam und man keine Daten über die Deutschen (innerhalb der Sowjetunion) besaß, so kann ich dies nur als unwahr bezeichnen." Prof. Ewelson war zu jener Zeit Studentin der Abendkurse des P.-Stucka-Instituts für Jurisprudenz.

Etwa gegen Ende des Jahres 1934, so erinnert sie sich, wurde sie in das ZK der KPSS eingeladen, wo sie vom Vertreter G. Malenkows für die Industrieabteilung des ZK der KPSS und Leiter der Rechnungsabteilung desselben Organs, Boris Stepanowitsch Rewskij, empfangen wurde. Dieser teilte den sich bei ihm bereits versammelten Menschen mit, dass es sich "um eine ernste Frage von großer Tragweite" handle. Sie werde deshalb geheim behandelt. Alle Anwesenden seien "zu strengster Geheimhaltung verpflichtet".
Er sagte, das Zentralkomitee der Partei sei daran interessiert, "vollständige Informationen darüber zu erhalten, wo und in welcher Funktion im ganzen Lande in der Industrie Personen deutscher Nationalität beschäftigt seien". Man wolle es so erfahren, "dass niemand ahnen könnte, dass das ZK und die KPSS sowie (alle einschlägigen) Institutionen an dieser Frage interessiert seien..."

 

Die Anwesenden legten los. Es habe "zahlreiche unsinnige Vorschläge gegeben", so Frau
Ewelson. Dann sei sie zu Wort gekommen, wobei sie ihre Vorstellungen zu dem Problem darlegte. Sie erinnerte die älteren Kollegen daran, dass der Oberste Rat für Landwirtschaft kürzlich in Volkskommissariate aufgeteilt worden sei, diese Volkskommissariate aber noch keine genauen Bestandsaufnahmen besäßen, und zwar nicht nur im Hinblick auf das Personal, sondern sogar im Hinblick auf die ihnen anvertrauten Unternehmen. Aus diesem Grunde würde sie "die Durchführung der Passportisierung der gesamten Industrie vorschlagen". Man solle "das vorhandene Grundkapital und die Gesamtzahl der Arbeiterführungskräfte nachprüfen, darunter auch das technische und Ingenieurspersonal, und diese Aufstellungen nach Nationalitäten aufschlüsseln, damit dabei nicht deutlich würde, dass das Interesse allein Personen deutscher Nationalität gelte".

 

Der von der jungen Studentin vorgeschlagene Plan fand sogleich Unterstützung. Und: Es "wurde eine Gruppe zur Ausarbeitung des Schemas der Passportisierung der Industrie gebildet; ihr gehörten Rewskij selbst, der Leiter der Kaderabteilung des Volkskommissariats für Forstindustrie, ein gewisser Dynin, und ich selbst an... Man arbeitete intensiv, und mein Schema wurde auf die gesamte Sowjetunion angewandt. ... Mit Gewissheit ... kann ich sagen: Ende 1934 wurde jeder Deutsche, der in Russland geboren oder zur zeitweiligen oder permanenten Arbeit im weiten Bereich der sowjetischen Industrie ins Land geholt worden war, unabhängig davon, zu welchem Bereich er gehörte, im vollen Umfang personell erfasst, und dies sowohl im jeweiligen Volkskommissariat als auch in der Zusammenstellung aller Personalien im ZK der KPSS."

 

Die Arbeit sei "termingerecht und unter strengster Geheimhaltung durchgeführt worden. Doch ist der Stempel 'Geheim' nicht immer verwendet worden, um die Aufmerksamkeit nicht auf diese sog. Passportisierung zu lenken". Ende 1934 sei der gesamte Listenbestand aller in der Industrie tätigen Deutschen, unabhängig von ihrer Stellung und Funktion, dem ZK der KPSS vorgelegt worden. Auf diese Weise habe es "auf dem gesamten Territorium der UdSSR kein Eckchen mehr" gegeben, "das nicht in vollem Umfang erfasst worden wäre, und keinen Deutschen mehr, von dem man nicht gewusst hätte, womit er sich offiziell beschäftigt und aus welchen Personen seine Familie" bestehe.

"Von Rewskij, mit dem ich bis zu meiner Abreise aus der Sowjetunion (um die Mitte der 70er Jahre, I. F.) gute Beziehungen unterhielt, weiß ich, ... dass mein Schema, mit einigen Korrekturen versehen, auch auf die anderen (volkswirtschaftlichen) Bereiche und Gebiete ausgedehnt (und angewendet) wurde. So wurden die Deutschen der UdSSR (in allen Arbeitsbereichen) erfasst."18

 

Eine hysterische Spionomanie, von deren Folgen zuallererst die Russlanddeutschen betroffen wurden, erfasste alle Lebensbereiche des Sowjetstaates. In dem Beschluss des Kirgisischen Gebietskomitees der KP der Bolschewiki "Über die Arbeit unter der deutschen Bevölkerung" hieß es zum Beispiel:

"Es ist festzustellen, dass in den Rayons Kirgisiens, in denen deutsche Siedlungen vorhanden sind, die sowjetfeindlichen Elemente ihre Tätigkeit rücksichtslos fortführen. Eine Reihe von antisowjetischen Elementen aus dem uns fremden Kulakenumfeld sind Kolchosmitglieder, sogar Mitglieder von Kolchosvorständen, oder sind auf pädagogischer Arbeit in deutschen Schulen betätigt. Bis jetzt hat man gegen diese sowjetfeindlichen Elemente keine entscheidenden Maßnahmen unternommen."

 

Davon ausgehend hatte das Gebietskomitee beschlossen: "... unter der deutschen Bevölkerung eine aktive politische Arbeit zu entfalten, indem man erklärt, dass die Sowjetmacht keine Versuche von antisowjetischen Handlungen dulden und davor keinen Halt machen wird, solchen Personen die Staatsbürgerschaft zu entziehen, indem man sie der Grenzen der Sowjetunion verweisen wird."

 

Die örtlichen Partei- und Sowjetorgane seien zu verpflichten, von der deutschen Bevölkerung zu verlangen, Beziehungen mit den ausländischen, bourgeois-faschistischen Organisationen (Erhalt von Paketen, Geld) einzustellen. ...Besonderes Augenmerk sei auf den Unterricht der russischen und kirgisischen Sprache in den deutschen Schulen zu richten.

 

Das NKWD wurde beauftragt, konterrevolutionäre und antisowjetische Elemente auszuheben, und zwar: "a) die wegen antisowjetischer Tätigkeit Verurteilten, für das Nichterfüllen von Festsolls und der Verurteilung Entflüchteten; b) die Kulaken, die aus anderen Rayons der Union geflüchtet sind und eine Wohnstätte in den deutschen Kolonien bekommen haben, die in denselben antisowjetische Tätigkeit betreiben; c) Personen, die eine bösartige gegensowjetische und konterrevolutionäre Agitation betreiben, Widerstand gegen Maßnahmen des Sowjetapparats organisieren; d) die provokatorische Gerüchte und nationalsozialistische Ideen verbreiten; e) die das Verschicken von Geldüberweisungen und Paketen aus dem Ausland organisieren; f) eine Prüfung von Leitungsbeständen der deutschen Kolchosen, örtlichen Sowjetapparaten vorzunehmen, aus diesen das fremde Element zu entfernen... (Sekretär des Gebietskomitees der KP (der Bolschewiki) Kirgisiens, Belozki)."19

 

Solche und ähnliche Beschlüsse von Partei- und Sowjetorganen wurden in allen Gegenden der Sowjetunion, in denen deutsche Bevölkerung ansässig war, verabschiedet und als Leitfaden für die Tätigkeit von untergeordneten Behörden verwendet. Die berüchtigte Säuberung, von der bolschewistischen Gewalt inspiriert, griff allerorts um sich; Zehntausende von Russlanddeutschen wurden dabei hingerichtet oder interniert.

 

Auch außerhalb der größeren Ballungszentren von Russlanddeutschen trieb die bolschewistische Gewalt ihr Unwesen. Bekannt ist, dass in Aserbaidschan und Georgien mehrere Männer, Frauen und Kinder nach Karelien zwangsumgesiedelt wurden. Sie alle wurden wegen angeblicher Sabotage- und Spionagetätigkeit, Mitgliedschaft in konterrevolutionären und sowjetfeindlichen Organisationen und Gruppen sowie Verbindungen mit dem Ausland, Propaganda für eine auswärtige Macht, Zellenbildung einer sowjetfeindlichen Partei, Verbreitung verbotener Literatur, Aussprengung falscher Gerüchte usw. gerichtlich verurteilt und deportiert". 20

 

Verwunderlich klingt vor diesem Hintergrund die Frage einiger Historiker, ob die Russlanddeutschen anderen Minderheiten gegenüber benachteiligt wurden. In einer Polemik mit Dr. Karl Stumpp kommt zum Beispiel Meir Buchsweiler zu der Schlussfolgerung, dass die UdSSR-Deutschen in der Zeit vor dem Zweiten Weltkrieg "nicht deshalb so schwer litten, weil man sie gegenüber anderen Minderheiten diskriminiert hätte, sondern weil sie in ihrer Mehrzahl jenen Gruppen angehörten, gegen die sich die Regierungsmaßnahmen richteten".21

Am 17. Januar 1939 meldete das NKWD der UdSSR an das ZK der Partei die Zahl der nach biologischen Kriterien erfassten Russlanddeutschen, und zwar nach einzelnen Regionen gemäß der Volkszählung von 1939, deren Ergebnisse bekanntlich nur in Hauptzügen publik gemacht wurden: Die NKWD berichtete von 1.427.232 Bürgern deutscher Nationalität in der Sowjetunion. Angaben für einzelne Republiken und Gebiete:

- in der RSFSR: 700.231,

- in der Ukrainischen SSR: 392.458,

- in der Republik der Wolgadeutschen: 366.685,

- in der Krim-ASSR: 51.299,

- in der Region Ordshonikidse: 45.689,

- in der Region Krasnodar: 34.287,

- in der Aserbaidschanischen SSR: 23.133,

- in der Georgischen SSR: 20.527,

- in der Weißrussischen SSR: 8.488,

- in der Kirgisischen SSR: 8.426,

- in der Region Chabarowsk: 5.696,

- in der ASSR der Kabardiner und Balkaren: 5.327,

- in der Dagestanischen ASSR: 5.048,

- in der Kalmückischen ASSR: 4.150,

- in der Baschkirischen ASSR: 3.299,

- in der Nord-Ossetischen ASSR: 2.924,

- in der Region Primorje: 1.911,

- in der ASSR der Tschetschenen und Inguschen: 858,

- in der Armenischen SSR: 433,

- in der ASSR der Tschuwaschen: 102.23

 

Einen unmittelbaren Einfluss auf die Situation der Deutschen in der Sowjetunion hatten die Verträge zwischen Deutschland und der UdSSR im August und September 1939. Diese Vereinbarungen entstanden keinesfalls zufällig, waren vielmehr verursacht durch das Wesen der beiden Regimes. Auch sei an dieser Stelle erwähnt, dass Stalin bereits an der Schwelle seiner staatspolitischen Tätigkeit Hitler unmittelbar half, indem er zum Beispiel im Jahr 1924 bekannt gab, dass sich der Faschismus auf die aktive Unterstützung der Sozialdemokraten stütze. Diese Organisationen würden einander nicht ausschließen, sondern ergänzen. "Sie sind keine Antipoden, sondern Zwillingsbrüder", schrieb Stalin.

 

Später definierte der sowjetische Führer die Sozialdemokraten als "Sozialfaschisten", als "die führende Partei des Finanzkapitals". Im Grunde genommen, half Stalin Hitler, an die Macht zu gelangen, indem er die Reformisten in ihrem Kampf gegen die Arbeiterklasse dadurch unterstützte, dass er die Sozialdemokraten als "rechten Flügel des Faschismus", als Helfershelfer des Nationalfaschismus bezeichnete.

 

Und als Anfang der 30er Jahre die Krise der Weltwirtschaft, die in Deutschland am krassesten zum Ausdruck kam, eine millionenstarke Arbeitslosenmasse auf die Straßen trieb, begannen die deutschen Kommunisten, dem Befehl aus Moskau folgend, gegen die Sozialdemokraten inbrünstig loszudonnern. Das kam Hitler sehr gelegen, der sofort nach der Machtübernahme die "heilige Mission" übernahm, das Heimatland vor dem "roten Terror" zu beschützen.

 

Es liegt keine genaue Zahl von Sozialdemokraten und Kommunisten vor, die auf der Flucht vor der Verfolgung der Nazis in die Sowjetunion einreisten, sodann aber von Stalin direkt in die Gestapo-Kerker eingeliefert wurden. Auch Stalins Rede, in der er am 10. März 1939 auf dem XIX Parteitag die "freundschaftlichen Beziehungen" Deutschlands und der Sowjetunion gegen Angriffe der englischen, französischen und nordamerikanischen Presse in Schutz nahm, ist nicht zu unterschätzen!

 

Den Weg zum Hitler-Stalin-Übereinkommen, das in der Geschichtsliteratur  ungerechtfertigter Weise als Molotow-Ribbentrop-Pakt bezeichnet wird, ebnete die Rede des sowjetischen Diktators auf der Sitzung des Politbüros am 19. August 1939. Sie ist den meisten Historikern ebenso unbekannt geblieben wie der Auftrag Stalins an General Shukow, einen Plan zum Überfall Deutschlands aufzustellen.

 

Hier ein wortgetreuer Auszug daraus; der Zynismus und die schlaue Berechnung ihres Autors spiegeln sich darin krass wider: "Die Frage Krieg oder Frieden tritt für uns in eine kritische Phase ein. Wenn wir einen Vertrag über gegenseitige Hilfe mit Frankreich und Großbritannien abschließen, so wird Deutschland auf Polen verzichten und nach einem modus vivendi mit den Westmächten suchen müssen. Dem Krieg wird vorgebeugt werden, jedoch im Weiteren können die Ereignisse einen für die UdSSR gefährlichen Charakter erfahren. Wenn wir den Vorschlag Deutschlands annehmen, mit ihm einen Nichtangriffspakt abzuschließen, wird es Polen natürlich überfallen, und eine Einmischung Frankreichs und Englands in diesen Krieg wird unvermeidlich. Westeuropa wird starken Unruhen ausgesetzt werden. Unter diesen Umständen werden wir viele Chancen haben, abseits vom Konflikt zu bleiben, und wir werden mit einem günstigen Eintritt in den Krieg unsererseits rechnen können."

 

Man muss es dem Tyrannen lassen: Er erwog alle Details meisterhaft. Zur Idee der Weltrevolution, der er bis an sein Lebensende anhing, sagte Stalin: "Die Erfahrungen der letzten 20 Jahre beweisen, dass es zu Friedenszeiten unmöglich ist, in Europa eine derart starke kommunistische Bewegung zu schaffen, mit derer Hilfe die bolschewistische Partei die Macht ergreifen könnte. Eine Diktatur dieser Partei wird eigentlich nur im Ergebnis eines großen Krieges möglich sein. Wir werden unsere Option treffen. Diese liegt schon klar auf der Hand: Wir müssen den deutschen Vorschlag annehmen und die britisch-französische Mission höflich zurückschicken. Der erste Vorteil, den wir daraus ziehen werden, wird die Vernichtung Polens sein - bis hin zu den Zugängen zu Warschau, einschließlich Ukrainisch-Galiziens. Deutschland gesteht uns volle Handlungsfreiheit in den baltischen Staaten zu und erhebt keinen Einspruch gegen die Rückgabe Bessarabiens an die UdSSR. Es ist bereit, uns Rumänien, Bulgarien und Ungarn als Einflusssphären zu überlassen..."24

 

Nach einer kurzen Diskussion, die Stalin nur rein äußerlich interessierte, traf er die Entscheidung zu Gunsten des Krieges!

 

Am Abend des 23. August unterzeichneten Molotow und von Ribbentrop im Namen der Regierungen der Sowjetunion und Deutschlands den Nichtangriffspakt, der "ausgehend von den grundlegenden Bestimmungen des Neutralitätsvertrages, der im April 1936 zwischen Deutschland und der UdSSR geschlossen wurde", die Vereinbarung beinhaltete, dass sich die "vertragsschließenden Teile" verpflichten, "sich jeden Gewaltakts, jeder aggressiven Handlung und jeden Angriffs gegeneinander, und zwar sowohl einzeln als auch gemeinsam mit anderen Mächten, zu enthalten...". Unter Weiterem wurde vereinbart, dass "die Regierungen der beiden vertragsschließenden Teile künftig fortdauernd zwecks Konsultation in Fühlung miteinander bleiben" werden, "um sich gegenseitig über Fragen zu informieren, die ihre gemeinsamen Interessen berühren...".

 

Auf solche Weise, "geleitet vom Bestreben, die Sache des Friedens zwischen Deutschland und der UdSSR zu festigen...", wie es in der Präambel zum Nichtangriffsvertrag heißt25, einigten sich die menschenverachtenden Zwillingsregimes in ihrem Streben zur Weltherrschaft. Das war jedoch, wie bereits bekannt geworden ist, noch nicht alles. Es wurde auch ein geheimes Zusatzprotokoll, dem eine Landkarte der vierten Teilung Polens beilag, unterzeichnet, in dem es "in streng vertraulicher Weise" um die "Abgrenzung der beiderseitigen Interessensphären in Osteuropa" ging. Das Zusatzprotokoll verankerte nämlich die territorial-politische Neugestaltung Europas, worüber die Weltöffentlichkeit lange Jahre im Unklaren verblieb. Aber eben darin lag der besondere imperialistische Charakter des abgeschlossenen Vertrags, der den Weg zur Entfesselung des II. Weltkrieges ebnete.

 

"Für den Fall einer territorial-politischen Umgestaltung in den zu den baltischen Staaten (Finnland, Estland, Lettland, Litauen) gehörenden Gebieten bildet die nördliche Grenze Litauens zugleich die Grenze der Interessensphären Deutschlands und der UdSSR... Für den Fall einer territorial-politischen Umgestaltung der zum polnischen Staate gehörenden Gebiete werden die Interessensphären Deutschlands und der UdSSR ungefähr durch die Linie der Flüsse Narew, Weichsel und San abgegrenzt. Die Frage, ob die beiderseitigen Interessen die Erhaltung eines unabhängigen polnischen Staates erwünscht erscheinen lassen und wie dieser Staat abzugrenzen wäre, kann endgültig erst im Laufe der weiteren politischen Entwicklung geklärt werden.

 

...Hinsichtlich des Südostens Europas wird von sowjetischer Seite das Interesse an Bessarabien betont. Von deutscher Seite wird das völlige politische Desinteresse an diesen Gebieten erklärt..."26

 

Aus dieser Sicht scheitern alle Versuche sowjetischer Provenienz, die Zweckmäßigkeit des Abschlusses des Nichtangriffspakts zu rechtfertigen. Sicher konnte Stalin jedoch die angebliche Notwendigkeit der Paktschließung durch eine Menge Begründungen erklären: Dies habe ihm eine gewisse Atempause geboten, das Verteidigungssystem des Landes weiter westlich zu verschieben, der Vertrag sei ein Manöver gewesen, damit nicht die UdSSR, sondern die Westmächte in einen endgültigen Konflikt mit Deutschland einbezogen würden u. ä.

 

Übrigens behaupten die Apologeten Stalins, laut dem Historiker Joachim Fest, dass dieser an jenem 23. August das Gleiche getan habe wie Chamberlain ein Jahr zuvor in München: Stalin habe Polen preisgegeben, um Zeit zu gewinnen, wie seinerzeit Chamberlain die Tschechoslowakei geopfert habe, um die Expansionsgelüste Hitlers zu bezähmen.

 

In diesem Zusammenhang vermag keines der genannten Argumente den verbrecherischen Charakter des von der Sowjetunion und Deutschland am 23. August signierten Geheimen Zusatzprotokolls zu rechtfertigen, das den Nichtangriffspakt in einen Angriffspakt verwandelte und die furchtbare Tragödie einleitete, in die nicht nur Europa, sondern die ganze Welt gestürzt wurde. Und es geschah eigentlich nichts Außergewöhnliches. Stalin lechzte nach einem Krieg. Nur im Ergebnis eines großen(!) Krieges konnte, so dachte er, seine fixe Idee der Weltrevolution verwirklicht werden. Darüber äußerte er sich unzweideutig auf der erwähnten Sitzung des Politbüros am 19. August. Die Aufgabe bestand also nur darin, in den Krieg in einem günstigen Moment einzurücken.

 

Das Thema eines europäischen Krieges beuteten abermals auch die westlichen Politiker aus, darunter (und vor allem!) Churchill, "der nach einem Krieg schon immer trachtete" (Sebastian Haffner). "Deutschland wird stark, wir müssen es zerschlagen", sagte er zum US-General Robert E. Wood im November 1936. Dieselben Worte wiederholte er im Gespräch mit dem deutschen Botschafter von Ribbentrop im September 1937, wobei er zufügte: "Wie 1914."

 

Auf dem 19. Parteitag der KPdSU bemerkte auch Stalin, dass die Welt sich in Richtung eines neuen Krieges bewege und der Terror auf dem Gebiet der Innenpolitik in den kapitalistischen Ländern als ein notwendiges Mittel zur Festigung des Hinterlandes der künftigen Fronten erscheine. Nicht erwähnt hat er jedoch, dass er sich von denselben Prinzipien leiten ließ, als er zur Abrechnung mit den  Klassenfeinden", den so genannten "Kulaken" und anderen "Agenten der internationalen Bourgeoisie", aufrief sowie Massenrepressalien in Armee und Flotte anordnete.

 

Die Geschichte ist Zeuge dieser Gräueltat. Gemaßregelt wurden drei der fünf Marschälle der Sowjetunion, alle 17 Armeekommissare, 14 von 16 Armeeoberbefehlshabern, beide Flaggoffiziere, 60 von 67 Korpsbefehlshabern, 25 von 28 Korpsgenerälen, 136 von 199 Divisionskommandeuren, 221 von 397 Brigadekommandeuren und 34 von 36
Brigadekommissaren.

 

Es ist für eine längere Zeit verschleiert geblieben, wie viele hunderttausend UdSSR-Bürger Opfer der sozial-bolschewistischen Guillotine wurden, wie viele Millionen Schicksale der stalinsche Terror auf dem Gewissen hat.



Mit den erwähnten Verträgen zwischen Deutschland und der Sowjetunion steht ein weiteres von Hitler und Stalin getroffenes Abkommen in unmittelbarem Bezug, und zwar das "vertrauliche deutsch-sowjetische Protokoll über die Übersiedlung von Personen aus den Interessensgebieten der Vertragspartner vom 28. September 1939", das die Grundlage für die spätere Deportation der Juden nach Ostpolen bildete und den Anfang vom Ende für mehrere deutsche Volksgruppen, die früher in ihrem überwiegenden Teil dem Russlanddeutschtum angehörten, bedeutete.

 

"Die Regierung der UdSSR", hieß es in diesem Dokument, "wird den in ihren Interessensgebieten ansässigen Reichsangehörigen und anderen Persönlichkeiten deutscher Abstammung, sofern sie den Wunsch haben, nach Deutschland oder in die deutschen Interessensgebiete überzusiedeln, hierbei keine Schwierigkeiten in den Weg legen...

 

Eine entsprechende Verpflichtung übernimmt die Deutsche Reichsregierung hinsichtlich der in ihren Interessensgebieten ansässigen Personen ukrainischer und weißrussischer Abstammung."27

 

Bekannt ist die "Anweisung" des stellvertretenden Volkskommissars für innere Angelegenheiten der UdSSR, Kobulow, an den Volkskommissar des Innern der ASSR der Wolgadeutschen, Astachow, bezüglich der Bekämpfung der Auswanderungsbewegung in der Bevölkerung der Republik der Wolgadeutschen vom 2. Dezember 1940. Darin wird beteuert, dass "nach Angaben der örtlichen NKWD-Organe ... faschistische, sektiererische und andere Elemente aus der einheimischen Bevölkerung der UdSSR im Zusammenhang mit der Umsiedlung der Deutschen aus Bessarabien, der Nord-Bukowina und dem Baltikum unter antisowjetischen und nationalistischen Losungen die Arbeit zur Organisation der Umsiedlungsbewegung nach Deutschland" entfalten würden, "wobei es ihnen mancherorts gelungen" sei, "zahlreiche Deutsche zur Niederlegung der Arbeit in den Kolchosen und zum Vermögensverkauf in provokatorischer Weise zu bewegen".

 

Man verfüge über Beweise, "dass diese Bewegung einen organisierten Charakter" trage "und mit ausländischen faschistischen Zentren und der deutschen Botschaft in Moskau verbunden" sei, "die diese Auswanderungsbewegung teilnahmsvoll" begünstige. "Es ist völlig klar, dass in der Republik der Wolgadeutschen die faschistischen, sektiererischen und sonstigen antisowjetischen Elemente ebenfalls nicht weniger Wühlarbeit zur Organisation einer Umsiedlungsbewegung nach Deutschland leisten", schreibt der Staatssicherheitsbeamte weiter. "Doch das NKWD der ASSR der Wolgadeutschen hat das NKWD der UdSSR über derartige Arbeit nicht nur nicht informiert, sondern auf die Anfrage der 3. GUGB-Abteilung hin sogar gemeldet, dem NKWD der ASSR der Wolgadeutschen sei nichts über feindliche Aktivitäten zur Organisation der Umsiedlungsbewegung bekannt."

 

Diese Tatsache zeuge von einer unzulänglichen operativen Tätigkeit des NKWD der Republik der Wolgadeutschen, das nicht in der Lage gewesen sei, die von den faschistischen und sonstigen Elementen, "die sich auf Grund der Erfahrungen aus ihrer Zerschlagung in den Jahren 1937-1938 radikal umgestellt" hätten, bewerkstelligte Wühlarbeit rechtzeitig aufzudecken.



Des Weiteren folgte die Aufzählung von Maßnahmen - barbarischen Inhalts -, die zu treffen seien, und die Forderung, über die Ergebnisse der Erfüllung dieser Anweisungen der 3. Abteilung der GUGB zum 1. Januar 1941 Bericht zu erstatten. "Zur praktischen Hilfeleistung bei der Durchführung dieser Direktive", hieß es abschließend in diesem Schreiben, "werden zu Ihnen der operative Bevollmächtigte der 3. Abteilung der GUGB des NKWD der UdSSR, Leutnant der Staatssicherheit, Gen. Rusch, und der operative Oberbevollmächtigte der GUGB des NKWD der UdSSR, Leutnant der Staatssicherheit, Gen. Krasnjanskij, abkommandiert."28

 

Es ist bereits bekannt, dass fast gleichzeitig mit dem Einfall der Deutschen Wehrmacht in der Sowjetunion die NKWD Führung einen Plan zur Deportation aller Deutschen auf dem Tisch hatte. Es wurden Provokationen initiiert, um die einheimischen Deutschen der Sabotage, der Spionage zugunsten der Nazis oder auch nur der Sympathie mit Hitlerdeutschland zu überführen. "Unmittelbar nach dem deutschen Angriff hatten bereits in den nordrussischen und nordsibirischen Straflagern Massenerschießungen der internierten Wolgadeutschen stattgefunden", zitiert Ingeborg Fleischhauer im erwähnten Aufsatz einen Augenzeugen (Wwedensky, Wolga, S. 50). "So berichtete ... Prof. M. S. Frenkin, jetzt wohnhaft in Jerusalem, dass in seinem Lager in der Komi ASSR in der ersten Nacht des deutsch-sovjetischen Krieges die Wolgadeutschen zusammengerufen und an einer Mauer im Lager erschossen wurden. Unter ihnen sein Freund mit dem Namen Grimm."29

Schon am Tag nach dem Überfall von Nazideutschland auf die Sowjetunion gab der Volkskommissar für Innere Angelegenheiten der UdSSR, Lawrenti Berija, einen Befehl unter der Nr. 00761 "Über die Umsiedlung von Bürgern fremdvölkischer Nationalitäten aus der Stadt und dem Gebiet Murmansk" heraus, in dem es unter anderem hieß, dass in die Region Altai 675 Familien mit 1.743 Deutschen, Polen, Chinesen, Griechen, Koreanern u. a. auszusiedeln seien.30

 

Bereits Mitte Juli, als die Verschickung der Wolgadeutschen wohl nur noch eine Frage der Zeit war, waren in die Wolgarepublik NKWD-Einheiten zur Gewährleistung von staatssicherheitlichen Maßnahmen eingetroffen. Regierungs- und Verwaltungsgebäude wurden besetzt, Straßen abgesperrt. Die Bewegungsfreiheit wurde beendet, die Verbindung mit der Außenwelt abgebrochen. Weit verzweigte Säuberungsaktionen wurden eingeleitet, die zuallererst die Hauptstadt der Republik, Engels, und die Kantonzentren erfassten. Führende wolgadeutsche Partei- und Sowjetfunktionäre und Verwaltungsbeamten wurden verhaftet; über ihr Schicksal gab es nur Vermutungen. Alles deutete darauf hin, dass für die Wolgadeutschen schlimme Zeiten gekommen waren.

 

In einer Mitteilung des KGB der UdSSR zu einer für Mai 1990 von der Kommission des Nationalitätenrates des Obersten Sowjets der UdSSR geplanten Pressekonferenz für sowjetische und ausländische Journalisten zur Geschichte und aktuellen Lage der Deutschen in der Sowjetunion war die Feststellung enthalten, dass in der Zeit vom 22. Juni bis 10. August in der Republik der Wolgadeutschen 145 Personen wegen "Spionage zugunsten Deutschlands, terroristischer Vorhaben, Diversionsplänen, Mitwirkung in antisowjetischen Gruppierungen und konterrevolutionären Organisationen, Streuung provokativer Gerüchte" inhaftiert worden seien.31

 

Diese Mitteilung des KGB scheint uns für das angesprochene Thema wichtig zu sein, da sie die Situation in der Wolgarepublik nach Beginn des deutsch-sowjetischen Krieges verdeutlicht. Was die darin erwähnten Zahlen anbelangt, so sprechen sie eher vom Bestreben der Staatssicherheitsorgane, die Ausmaße des Terrors zu jener Zeit gegenüber den Russlanddeutschen vertuschen zu wollen. Denn eine andere Quelle berichtet, dass "Zehntausende von Wolgadeutschen ... noch vor der Deportation in ihrer Heimat gestorben" seien.32

 

Am 28. Juli 1941 wurden - nach Aussagen eines an dieser Aktion beteiligten KP-Mitglieds in deutscher Kriegsgefangenschaft - 80 NKWD-Leute, "Beamte und Angestellte des Gefängnisses von Kursk, nach Engels gesandt, um einen Teil der Wolgadeutschen an Ort und Stelle zu erschießen". Ende Juli, Anfang August seien zwei Einheiten von 600 und 900 Mann aus Kursk im Gebiet der Wolgarepublik eingetroffen, um die Häuser und Wirtschaften von den bereits zur Zwangsverschickung verurteilten Wolgadeutschen zu übernehmen. Auch Deportationen der Wolgadeutschen fanden bereits im Juli statt. Berichte von Betroffenen und Augenzeugen, die die Situation an den von den Deutschen verlassenen Orten aus erster Hand einschätzen konnten, sprechen davon, dass den Deportierten in den meisten Fällen nur ein paar Stunden für die Vorbereitung eingeräumt wurden. So berichtet "Dr. Ada Steinberg, Jerusalem, damals jüdischer Flüchtling aus Kischinjow", die in einem Flüchtlingsstrom "in den gespenstisch leeren Teil von Engels gelenkt" wurde, dass "in überhastet verlassenen Häusern ... noch gedeckte Tische und halb verzehrte Mahlzeiten sowie das schreiende, seit Stunden oder Tagen unversorgte Vieh" vorgefunden wurden, die "die Schrecken eines überhetzten Verlassens der angestammten Heimstätten erkennen ließen".33

 

Eine entsprechende Verordnung über die Umsiedlung der Wolgadeutschen wurde vom Sownarkom der UdSSR und dem ZK der WKP(B) am 12. August 1941 verabschiedet, der am nächsten Tag ein Beschluss des Büros des Stalingrader Gebietskomitees der WKP(B) "Über die Verpflichtung von Kolchosbauern des Gebiets Stalingrad zu landwirtschaftlichen Arbeiten in den Rayons der Republik der Wolgadeutschen" folgte. Gleichzeitig wurde ein Befehl des Volkskommissars für Innere Angelegenheiten, L. Berija, bekannt gegeben, in welchem die Maßnahmen zur Durchführung der Operation zur Umsiedlung der Deutschen aus der Republik der Wolgadeutschen, den Gebieten Saratow und Stalingrad aufgeschlüsselt wurden. Die Operation sollte am 3. September beginnen und am 20. September abgeschlossen sein. Es wurde angeordnet, "das antisowjetische Element ... auf Grund des operativen Agenturmaterials der örtlichen Organe des NKWD zu erfassen und vor der Operation in Haft zu nehmen; ihre Familien sind gemäß den allgemeinen Bestimmungen umzusiedeln". Des Weiteren wurde gewarnt, dass "...im Falle des Abtauchens einzelner Familienmitglieder in die Illegalität ... das Familienoberhaupt zur strafrechtlichen Verantwortlichkeit gezogen ... andere Familienmitglieder repressiert" würden.

 

Diesem Befehl wurde eine Instruktion beigelegt, in der es hieß, dass auch Mitglieder der WKP(B) und des WLKSM sowie Familienmitglieder von Angehörigen der Roten Armee und der Leitungskader gleich anderen umzusiedeln seien. "Versammlungen und kollektive Diskussion von Fragen im Zusammenhang mit der Umsiedlung" seien nicht zuzulassen.34

 

Am 26. August soll die Verordnung des Sownarkom und des ZK der WKP(B) das Gebietskomitee der Partei der ASSR der Wolgadeutschen erreicht haben, das sie einen Tag darauf erörtert haben soll. Es ist nicht bekannt, wie sie die Kommunisten des Gebietskomitees der Kommunistischen Partei eingeschätzt haben. Ohne Zweifel wurde sie von ihr anders erörtert als in der Parteiorganisation der Pädagogischen Hochschule in Saratow, wo diese Maßnahme der Partei und Regierung einstimmig gebilligt wurde. Am 2. September berichtete der Sekretär des Gebietskomitees der WKP(B) der ASSR der Wolgadeutschen, S. Malow, an Stalin, dass "bei einem bedeutenden Teil der deutschen Bevölkerung ... die Veröffentlichung des Erlasses feindselige Gefühle hervorgerufen" hätte. "Äußerungen der Deutschen zum Erlass" liefen "hauptsächlich auf Versuche hinaus, die Behauptung zu widerlegen, die deutsche Bevölkerung verberge in ihrer Mitte Feinde des sowjetischen Volkes und der Sowjetmacht".35

 

Wie wir sehen, wird in keinem dieser willkürlichen Dokumente der Grund der Zwangsverschickung der Wolgadeutschen genannt. Und das nicht von ungefähr - es gab dafür keinen, berichten Augenzeugen und Betroffenen. Ganz anders im Beschluss des Obersten Sowjets der UdSSR, der am 30. August in den beiden Republikzeitungen "Nachrichten" und "Kommunist" veröffentlicht wurde und die massenhafte Zwangsverschickung gesetzlich absicherte.

 

Der Augenzeuge und selbst von der Zwangsaussiedlung der Wolgadeutschen betroffene Herbert Henke, einstiger Mitarbeiter der deutschen Republikzeitung "Nachrichten" und weit bekannter Dichter und Schriftsteller (1913 - 1999), berichtete: "Am 29. August 1941, frühmorgens, versammelte die Chefredakteurin der wolgadeutschen Republikzeitung 'Nachrichten', Frau Fadejewa, die Schwester des namhaften sowjetischen Schriftstellers Alexander Fadejew, die Mitarbeiter der Zeitung in ihrem Büro und machte sie mit einem Regierungserlass bekannt, der mit der Überschrift 'Über die Umsiedlung der Deutschen, die im Wolgagebiet leben' versehen war..."36 Er wurde nicht vorgelesen, die Zeitungsmitarbeiter lasen ihn vielmehr der Reihe nach still für sich.

 

"Laut genauen Angaben, die die Militärbehörden erhalten..." hätten, befänden sich unter der im Wolgagebiet lebenden deutschen Bevölkerung "Tausende und aber Tausende Diversanten und Spione, die nach den aus Deutschland gegebenen Signalen Anschläge in den von den Wolgadeutschen besiedelten Rayons" verüben sollten, stand in dem Regierungsreskript. "Über das Vorhandensein einer solch großen Anzahl von Diversanten und Spionen unter den Wolgadeutschen" habe "keiner der Deutschen, die im Wolgagebiet leben, die Sowjetbehörden in Kenntnis gesetzt", folglich verheimliche "die deutsche Bevölkerung des Wolgagebiets die Anwesenheit der Feinde des Sowjetvolkes und der Sowjetmacht in ihrer Mitte".

Und weiter: "Um ein Blutvergießen zu vermeiden", habe "das Präsidium des Obersten Sowjets es für notwendig befunden, die gesamte deutsche im Wolgagebiet lebende Bevölkerung in andere Rayons zu übersiedeln..."37

 

Damit begann das schwärzeste Kapitel in der Geschichte der Russlanddeutschen: Die Genozidpolitik der Sowjetgewalt gegenüber der deutschen Minderheit kam erst richtig in Gang. Binnen einiger Tage wurden die Wolgadeutschen nach Osten, in die Gebiete Omsk und Nowosibirsk, die Regionen Altai und Krasnojarsk, nach Kasachstan, Kirgisien und Tadschikistan ausgesiedelt. Während des Transports an die Bestimmungsorte, der bis zu einem Monat andauerte und unter ungeheurem moralischen Druck sowie katastrophalen sanitären Bedingungen verlief, kam eine große Zahl der Deportierten, vor allem Kinder im Säuglingsalter und Greise, ums Leben.

 

Nach der Ankunft in den Bestimmungsorten wurden sie in ihrer Mehrheit auf die schon existierenden Kolchosen und Sowchosen verteilt. Sie wurden in Wohnheimen von Einheimischen, in Klubs, Kuh-, Schaf- und Pferdeställen untergebracht. Einige wurden in der leeren Steppe ausgeladen, wo sie in von ihnen ausgehobenen Erdhütten Schutz vor der Kälte fanden. Alle wurden in den Arbeitsprozess "unter Kriegsbedingungen" mit einbezogen.

 

Es sei hier erwähnt, dass an einigen Orten die Verbannten relativ wohlwollend aufgenommen wurden. Ihre Berufs- und Alltagserfahrungen sowie ihre fortschrittlichen Kenntnisse in der Technikwartung und der Landwirtschaftsführung waren allerorts gefragt, so dass so manche Stelle in den Kolchosen- und Betriebsverwaltungen mit Deutschen besetzt wurde. Auch als Lehrer und Buchhalter fanden sie Anstellung. Das dauerte jedoch nicht lange. Sehr bald erreichte sie eine Anordnung, dass sie in Erziehungsanstalten und anderen leitenden Funktionen nicht mehr geduldet werden könnten.

 

Zeitgleich mit der Aussiedlung der Wolgadeutschen erfolgte auch die Ausweisung der russlanddeutschen Bevölkerung aus anderen europäischen Gegenden der Sowjetunion. Bereits am 26. August 1941 befahl der Kriegsrat der Leningrader Front in einem streng geheimen Befehl die Umsiedlung der Russlanddeutschen aus der Stadt und dem Gebiet Leningrad, aus den Gebieten Dnjepropetrowsk und Charkow sowie von der Krim. Zur gleichen Zeit siedelte man auch die Deutschen der benachbarten Gebiete Stalingrad, Saratow und Kuibyschew sowie Moskau, Astrachan und Transkaukasien aus. Im September folgte dann die Deportation der Deutschen aus den Gebieten Rostow, Nowgorod, Tula, Saporoshje, Stalino, Kalinin und Woroschilowgrad, den Regionen Krasnodar und Ordshonikidse, aus Kabardino-Balkarien und Nord-Ossetien.

 

"Die deutschen Mennoniten eines aus zehn Dörfern bestehenden Siedlungsgebietes an der Straße Krisino-Stalino (Donezk), ca 40 km nordwestlich von Stalino gelegen, wurden ... am 31.8.1941 (die wehrfähigen Männer zu Schanzarbeiten) und vom 5. bis 7.10.1941 (die übrige Bevölkerung in Güterzügen in Richtung Tomsk) evakuiert. Am 3.9.1941 waren die deutschen Männer in führenden Stellungen aus diesen Dörfern nach Stalino gebracht und dort zusammen mit den bereits anwesenden Deutschen erschossen worden."38

 

Ähnliche Vorgänge, schreibt Dr. I. Fleischhauer, "ereigneten sich in den Mennonitenkolonien an der Molotschna und im Gebiet um Grunau ... bei Mariupol. Aus Dörfern, die bei Kriegsanfang 500 bis 600 Einwohner hatten, waren selten mehr als drei bis vier Kranke oder Verborgene zurückgeblieben. In der Mehrzahl wurden auch hier die Männer im Juli und August zu Schanzarbeiten eingezogen oder beauftragt, die Viehherden nach Osten zu treiben. Die Frauen wurden dann in Abwesenheit der Männer, vielfach in dem Glauben, ihren Männern zu folgen, auf den Bahnstationen konzentriert und in Güterzügen nach Osten abtransportiert."39

 

Insgesamt wurden aus der Ukraine und von der Krim ab Juli 1941 etwa 150.000 Russlanddeutsche nach Kasachstan und Zentralasien deportiert. Von den Folgen der Hungersnöte in den 20er und 30er Jahren, der Vertreibungen und Säuberungen unter den Russlanddeutschen in vielen Orten der von der Wehrmacht zu Kriegsbeginn besetzten ukrainischen Gebieten zeugt die Zusammensetzung der deutschen Bevölkerung: 62 Prozent Frauen und 38 Prozent Männer.40

 

In einem Bericht des Reichskommissariats für die besetzten Ostgebiete heißt es zum Beispiel: "Je weiter man nach Osten stieß, umso mehr Unheil war angerichtet; hinter dem Dnjepr befanden sich deutsche Dörfer, in denen das ganze Leben erloschen war."41

 

Am 21. September teilte man Stalin mit, dass auch die Umsiedlung der Deutschen aus der Wolgarepublik "erfolgreich abgeschlossen" sei: "Ausgesiedelt wurden: Deutsche gesamt: 376.717 Pers., Familien: 81.771, Männer: 81.106, Frauen: 116.917, Kinder: 178.694. Die Umsiedler wurden mit 158 Zügen abtransportiert... Während der Operation wurden 192 Personen verhaftet", hieß es in dem Dokument.

 

Die Russlanddeutschen fassten den Beschluss der Sowjetgewalt "Über die Umsiedlung..." als ein Missverständnis auf, dass sich selbstverständlich in Bälde klären würde. Der bekannte russlanddeutsche Literat Woldemar Herdt (1917-1997), ein Betroffener, schrieb dazu:

 

Der Morgen graut. Die Pferde traben.

Das Lied der Räder weithin klingt.

Der Fuhrmann sitzt betrübt im Wagen,

sinnt nach, was ihm der Morgen bringt.

 

Sein Weib, gelehnt an schlappe Bündel,

wiegt ihren Säugling auf dem Schoß.

Im Wagen schlummern noch vier Kinder.

Sie ahnen nichts von ihrem Los.

 

Sie ahnen nicht, warum im Felde

irrt herrenloses Vieh umher,

warum verlassne Hunde bellen,

im Dorf die Häuser stehen leer.

 

Warum sie hin zur Wolga fahren,

wo schon die Barken stehn bereit,

weswegen sich die Menschen scharen,

da noch nicht aus die Erntezeit.

 

Am Ufer lassen sie sich nieder,

von ruhelosen Nächten blass.

Im Flüstertone immer wieder

hört man Gespräche vom Erlass.

 

"Spione!" sagte Vetter Sander,

"Ihr Leit, wer hot denn die geseh'n?

Und aber Tausend Diversante,

des kann ich alles net versteh'n."...

 

So sprach man, krittelte mit Galle

das ungerecht gedruckte Wort.

Dann hieß es: "Auf die Barken alle!"

Die Wolgadeutschen mussten fort...

 

Die Nachricht über die Deportation der Russlanddeutschen erreichte schon bald auch die entsprechenden Behörden des Deutschen Reiches, die eine Propagandakampagne gegen den roten "Terror an der Wolga" starteten.42 Indem sie die Handlungen der bolschewistischen Gewalt in der Sowjetunion unverzüglich mit "den Ausfällen des internationalen Judentums" in Verbindung brachten, ergriffen sie "daraus resultierende" Maßnahmen. So erarbeitete das erwähnte Reichsministerium für die besetzten Ostgebiete unter anderem auch entsprechende "Richtlinien für die Rundfunkpropaganda zur Verbannung der Wolgadeutschen nach Sibirien", in welchen gefordert wurde, die Zwangsumsiedlung der Wolgadeutschen mit der Deportation der Juden Zentraleuropas "in die östlichsten der von der deutschen Verwaltung geleiteten Gebiete" zu vergelten.43

 

Bereits am 28. Oktober 1941 meldete die Sondersiedlungsverwaltung des NKWD der UdSSR feierlich an den Oberbefehlshaber der Armee, Staats- und Parteichef Jossif Stalin, den fristgemäßen Abschluss der Operation zur Umsiedlung von knapp einer Million Russlanddeutschen, d.h. aller Russlanddeutschen, die im europäischen Teil des Sowjetimperiums lebten.

 

Deutscherseits berichtete der wissenschaftliche Forschungsstab des Waffen-SS-Bataillons zbV. mit Einsatzbereich Ukraine und Krim: "Der Verschickungsbefehl Stalins ... bezieht sich ... praktisch auf das gesamte Deutschtum im europäischen Teil der Sowjetunion. In denjenigen Siedlungsgebieten, die noch nicht im Schutz der vorstürmenden deutschen Heere stehen, beginnt der Apparat des NKWD zu arbeiten. Nun zeigt sich, dass schon längst Vorbereitungen getroffen wurden, alle Volksdeutschen registriert sind und unter Beobachtung standen. Wir haben auf der Krim die Art der Verschickung genau feststellen können. Es wurden nicht nur die Volksdeutschen, sondern auch die angeheirateten Fremdvölkischen mitverschleppt. Es war eine restlose Verschickung, die zu 99,5% durchgeführt wurde. Entkommen sind nur ganz vereinzelte Menschen, die flüchten konnten, oder solche, die ihr Volkstum längst verloren hatten. Ansonsten hat das NKWD die Verschickungslisten (sic!) nach dem Gesetz des Blutes zusammengestellt, nicht aber nach der etwaigen Zugehörigkeit zur KP(B)SU oder politischer Gesinnung. Es gab unter den Volksdeutschen nur ganz wenige Parteimitglieder... Die Bolschewisten haben aber selbst diesen nicht getraut..."44

 

Am stärksten hatten wohl die Transkaukasiendeutschen zu leiden. Der Evakuierungsbefehl der obersten sowjetischen Gewalt erreichte sie im Oktober und einige im November 1941. Einen Zug führte der Weg zum Beispiel über Baku und den Kaspisee nach Krasnowodsk, Aschchabad, Alma-Ata, Semipalatinsk, Nowosibirsk und Omsk Richtung Tjumen im Norden Sibiriens, berichtet der Augenzeuge Heinz Pfeffer. Die Reisedauer der Deportierten betrug etwa drei Monate, in deren Verlauf sie Hunderte von Opfern zu beklagen hatten. Allein die Überfahrt über das Kaspische Meer, die bis zu drei Wochen dauerte, forderte auf einem der Schiffe 775 Menschenleben...45

 

Auf solche Weise ereilte die Russlanddeutschen die Rache Stalins für ein von ihnen nicht begangenes Verbrechen - nur weil sie Deutsche waren. Der Völkermord der Sowjets an der deutschen Minderheit des Arbeiter- und Bauernstaates nahm gewaltige Ausmaße an.

"Zwischen dem Dritten Reich und den Russlanddeutschen

gab es keine verschwörerischen Verbindungen..."

 

Am Kriegsanfang waren die wehrpflichtigen Russlanddeutschen im Feld den Vertretern anderer Völker gleichgestellt. Unter den höheren Rängen in allen Truppenteilen der Roten Armee und Seeflotte gab es Hunderte von Russlanddeutschen - General Sergej Wolkenstein, Oberst Nikolai Ochmann, Oberstleutnant Konstantin Wiedemann, Hauptmann Alexander Steinle, Regimentskommissar Johann Michselberg, Oberleutnant Alexander Wagenleitner, Oberleutnant Robert Klein, um nur einige Namen zu erwähnen.

 

Unter den Verteidigern der Festung Brest finden sich die Namen von Major Alexander Dulkeit, Oberstleutnant Erich Kroll, Regimentsarzt Wladimir Weber, Oberstleutnant Georg Schmidt, der Soldaten Nikolai Küng, Wjatscheslaw Maier, Alexander Hermann u. a.

 

"An verschiedenen Frontabschnitten kämpften Leopold Schulz, Michael Disterheft, Matheus Kari, Adolf Bersch, Emanuel Weigel, Theodor Bärwald, Peter Löwen (Lewin), Peter Eisfeld, Heinrich Michaelis, Artur Hein, Rudolf Heinz, Peter Holz, Jakob Bolender, Friedrich Treit, Johann Part, Woldemar Wiedemann, Johann Korob, Albert Hast, Otto Scheck, Peter Roth, Werner Schmidt und viele andere."46

 

Man könnte sagen, dass bei Kriegsanfang die sowjetische Propaganda noch zugunsten der Russlanddeutschen arbeitete, weil sie davon nur profitieren konnte. Am 24. August 1941, vier Tage vor dem Schmäherlass über die Deportation der Wolgadeutschen, berichtete zum Beispiel die "Komsomolskaja prawda" über den Heldentod des wolgadeutschen Komsomolzen Heinrich Hoffmann. In der Zeitung war das Komsomolmitgliedsbuch von Hoffmann abgebildet, das von einem Bajonett durchstochen und mit Blut überströmt war.

 

"Wir sehen das Mitgliedsbuch Nr. 12535944", hieß es im darunter platzierten Text. "Dieses Mitgliedsbuch gehörte dem mutigen Rotarmisten Heinrich Hoffmann, der von Hitlers Bluthunden grausam zu Tode gemartert wurde. Aus der Republik der Wolgadeutschen gebürtig, war der Komsomolze Hoffmann ein flammender Patriot unserer Heimat. Der Nationalität nach Deutscher, hasste er erbittert die Faschisten ...
Schwer verwundet, geriet Heinrich den faschistischen Henkern in die Hände. Die Mörder folterten den jungen Helden, jedoch keine Folter konnte seinen Mut brechen. Die gemeinen Faschisten hackten ihm die Arme ab, stachen ihm die Augen aus, schnitten ihm die Zunge heraus..."

 

Ein üblicher Propagandagriff der bolschewistischen Gewalt: Einerseits stellte man den Feind als Monster dar und förderte damit Verachtung, Wut und das Gefühl der Rache ihm gegenüber; andererseits sang man ein Loblied auf die Russlanddeutschen, denen es nicht um den "Ruf des Blutes" gehe, sondern um die kommunistischen Ideale, um die heiß geliebte Heimat, welche für sie zweifelsohne die Sowjetunion sei. Wir wollen hier den Text nicht näher analysieren, eines sei nur erwähnt: Ein solcher Stil hatte zu jener Zeit, da das gesamte Volk in höchstem Maße politisiert war, eindeutig seine Wirkung.

 

Wenn auch die Verschickung der im westlichen Teil der Sowjetunion lebenden russlanddeutschen Bevölkerung angesichts des Ansturms der Deutschen Wehrmacht von so manchem Geschichtsschreiber (nicht aber von uns!) als gerechtfertigt bezeichnet werden konnte, was "offensichtlich in der Beunruhigung der Sowjets über das, was an ihrer Westgrenze und auf deren anderer Seite (in Deutschland) geschah" lag47, so erscheint die Aussiedlung der Wolgadeutschen und der Deutschen aus anderen Gebieten als eine gründlich durchdachte, auf die Vernichtung einer ganzen Volksgruppe gerichtete Regimepolitik. Bekannt ist bereits, dass die Internierung der Russlanddeutschen von der Sowjetgewalt lange zuvor geplant wurde. Die Erfassung von Russlanddeutschen in Sonderlisten im Jahr 1934 und im Bericht des NKWD an das ZK der Kommunistischen Partei 1939 sowie die erwähnten Reskripte der Partei, der Regierung und der Militärbehörden liefern dafür den Beweis.

 

Die Zwangsaussiedlung der Wolgadeutschen wird zum Teil auch mit dem Argument gerechtfertigt, dass zur Kriegszeit die Gefahr bestanden habe, die Russlanddeutschen könnten als fünfte Kolonne Hitlers benutzt werden. Dr. Buchsweiler geht auf diese These mit der Bemerkung ein: "Vor und im Augenblick der nationalsozialistischen Eroberung betätigten sich die einheimischen Deutschen nicht in nennenswerter Weise als fünfte Kolonne. Dies beruhte weniger auf prinzipieller Ablehnung solcher Tätigkeit durch die ansässigen Deutschen als auf sowjetischem Terror und dem Abgeschnittensein von Deutschland."48 (Die meisten Russlanddeutschen würden hier “nicht in nennenswerter Weise” durch “in keiner Weise” ersetzen. Anm. d. Red.)

 

"In der Sowjetunion gab es keine 'fünfte Kolonne', und man kann L. de Jong glauben, dass er zu dieser Frage keine nötigen Belegmaterialien finden konnte", schrieb im Jahr 1958 N. Zigitschko, russischer Generalmajor, im Vorwort zur russischen Ausgabe des 1956 in Chicago erschienenen Buches von L. De Jong "The German Fifth Column in the Second World War".

 

Einen weiteren Beleg dafür, dass es in der Ukraine keine Zusammenarbeit zwischen der deutschen Bevölkerung und der Wehrmacht gegeben hat - worauf bereits Dr. Fleischhauer eingegangen ist -, bilden die Äußerungen des Reichskommissars der Ukraine, Erich Koch, die von "schlechter deutscher Volkssubstanz" in den von der Deutschen Wehrmacht besetzten ukrainischen Gebieten Zeugnis ablegen und somit der Behauptung Buchsweilers über das Vorhandensein einer deutschen fünften Kolonne in dieser Region jede Grundlage entziehen. Man vermisse bei der deutschen Bevölkerung der Ukraine die notwendigen Qualitäten, so der Reichskommissar.49

 

Buchsweiler geht in seinen Ausführungen noch weiter. In Bezug auf den "halbierten" Rehabilitierungserlass des Präsidiums des Obersten Sowjets der UdSSR vom 29. August 1964, der die Russlanddeutschen von der Verdächtigung einer Kollaboration mit Hitlerdeutschland - enthalten im Beschluss des obersten gesetzgebenden Organs der Sowjetunion vom 28. August 1941 - freigesprochen hat, betont er: "Hier wird also dem stalinistischen Personenkult die Schuld an der Vertreibung zugeschoben. Es ist sicher einleuchtend, dass die formellen Anschuldigungen, die 1941 erhoben wurden, unberechtigt waren. Es ist auch anzunehmen, dass solch weit reichende Entscheidungen wie die über die Vertreibung der Deutschen aus der Wolgadeutschen Republik und die Auflösung der Republik mit Stalins Wissen und Willen zustande kamen. Trotzdem scheint der Aufhebungsbeschluss von 1964 dadurch, dass er dem Personenkult die ganze Verantwortung aufbürdete, bewusst der Beantwortung der oben angesprochenen Frage ausgewichen zu sein, inwieweit die Sowjetdeutschen seinerzeit eine potenzielle Gefahr darstellten und bis zu welchem Grade dies den Hauptgrund für ihre Evakuierung bildete."50

 

Ungeachtet dessen, dass der Rehabilitierungserlass des Präsidiums des Obersten Sowjets der UdSSR vom 29. August 1964 ziemlich spät das Licht der Welt erblickte und den Russlanddeutschen nicht erlaubte, in die Orte zurückzukehren, aus denen sie 1941 ausgewiesen wurden, beinhaltet er eine wichtige und eindeutige(!) Schlussfolgerung, und zwar, dass die "wahllos erhobenen Anschuldigungen (von 1941) gegen die Russlanddeutschen unbegründet und Ausdruck der Willkür unter den Bedingungen des Kults der Person Stalins waren" und dass "in Wirklichkeit die überwiegende Mehrheit der (einheimischen) deutschen Bevölkerung im Krieg gemeinsam mit dem ganzen Sowjetvolk durch ihre Arbeit zum Sieg beigetragen hat".51

Russlanddeutsche als Zwangsarbeiter

in den stalinschen KZs und in der Verbannung

 

An "angewiesenen Orten" waren die deportierten Russlanddeutschen ein sehr gefragtes "Menschenmaterial". Ihr relativ hoher Bildungsgrad, ihr umfangreiches technisches Wissen und Können kamen den Agrarwirtschaften und Industriebetrieben der von den Sowjets vernachlässigten Ostgebiete sehr gelegen. Auch das Verhalten der örtlichen Bevölkerung den Ausgesiedelten gegenüber war erträglich. Nicht selten konnten die Deutschen mit der Unterstützung der Ortsansässigen rechnen, wenn sie ihre Lebensmittelvorräte aufgebraucht hatten. Einige Deutsche wurden als Brigadiere in landwirtschaftlichen und technischen Betrieben oder als Mechaniker in Maschinen- und Traktorenstationen angestellt. Buchhalter-, ja sogar Lehrerstellen wurden ebenfalls mit den Neuangekommenen besetzt.

 

Am 3. Oktober 1941 schrieb der Vorsitzende des Gebietsexekutivkomitees Nowosibirsk an den Volkskommissar für Innere Angelegenheiten, L. Berija: "...Die im vergangenen Monat in unser Gebiet eingewiesenen 100.000 Deutschen aus der Republik der Wolgadeutschen reichen nicht aus. Zur Versorgung einiger großer Rayons mit Arbeitskräften sowie für die Holzbeschaffung und den Kusbass-Schachtstroi fordere ich zusätzlich 51.000 bis 52.000 dieser Umsiedler, etwa 25 Züge, an."52

 

Ähnliche Anfragen kamen auch aus anderen Gebieten, denn die "für unzuverlässig erklärten" Russlanddeutschen stellten billige und "anspruchslose" Arbeitskräfte. Hier hat der Historiker Alfred Eisfeld zweifelsohne recht, wenn er bemerkt, dass die Ausweisung der Russlanddeutschen aus ihren angestammten Gebieten eben aus diesen Erwägungen zustande kam und nicht aufgrund Überlegungen strategischen Charakters: als Vorsorgemaßnahme zum Wohle der Bevölkerung, wie es im Erlass des Präsidiums des Obersten Sowjets der UdSSR vom 28. August 1941 behauptet wird. 53 Es war eher die Rache Stalins, der sich von Hitler überlistet sah, an einem Volk, das die Sprache des erbitterten Feindes sprach.

 

Es ist nicht bekannt, ob der zitierten Bitte aus Nowosibirsk nachgekommen wurde. Belegt ist jedoch, dass man im Rat der Volkskommissare einige Tage darauf zu dem Entschluss gelangte, aus wehrpflichtigen Umsiedlern Arbeitsbataillone bzw. -kolonnen zu bilden, in die alle arbeitsfähigen deutschen Männer im Alter von 17 bis 50 Jahre mobilisiert werden sollten. Zeitgleich wurden Soldaten und Offiziere russlanddeutscher Abstammung aus der Roten Armee und der Seekriegsflotte abberufen und in den bereits gebildeten Arbeitseinheiten eingesetzt.

 

Am 10. Januar 1942 verabschiedete das Staatliche Verteidigungskomitee der UdSSR einen Beschluss über Richtlinien für den Einsatz der deutschen Umsiedler im wehrpflichtigen Alter, der eine neue Etappe im leidvollen Geschick der Russlanddeutschen einleiten sollte. Von nun an wurden die in die Arbeitskolonnen bzw. -bataillons mobilisierten Deutschen der GULag-Verwaltung unterstellt, was bedeutete, dass sie sich den Bedingungen eines Strafgefangenenlagers unterzuordnen hatten - mit dem einen Unterschied, dass sie zusätzlich noch einen enormen moralischen Druck ertragen mussten, weil sie eben Deutsche, d.h. "feindliches Gesindel" waren. Schon bald wurden die Altersgrenzen der zum Arbeitseinsatz einzuberufenden Deutschen für Männer auf 15 (16) bis 55 Jahre und für Frauen ohne Kinder unter drei Jahren auf 16 bis 50 Jahre ausgedehnt.

 

Die Sowjets setzten ihre Völkermordpolitik gegenüber den Russlanddeutschen leidenschaftlich fort. Damit begann für Hunderttausende Russlanddeutsche ein qualvoller Überlebenskampf als Zwangsarbeiter in der so genannten Arbeitsarmee, wo sie nach Berichten von Überlebenden und Zivilangestellten unter KZ-ähnlichen Verhältnissen Sklavenarbeit leisten mussten. Besonders schwer hatten es die deutschen Frauen und Mädchen, die der Laune und Willkür der Lagerverwaltung ausgesetzt waren. Dazu kamen schwerste Naturbedingungen, Unterernährung, akuter Mangel an Ausrüstung, Baustoffen und Werkzeug. In Workuta, Karaganda, Kopejsk, Karpinsk, Tula und Kusbass förderten die Trudarmisten Kohle. In Kamensk-Uralsk und Krasnoturjinsk errichteten sie Aluminiumwerke. In Tscheljabinsk, Nishni Tagil und Kusnezk erbauten sie Hoch- und Martinöfen. In Omsk, Nowosibirsk und Krasnojarsk bauten sie Fabriken, in denen später Panzer, "Katjuschas" und Geschosse hergestellt wurden. In Tuimasa und Podchwistnjowo förderten und verarbeiteten sie Erdöl. Weit im Norden des Urals hoben sie Schächte zur Gewinnung von Manganerzen und Tonerde aus. In den Waldgebieten des Urals und Sibiriens schlugen sie zu jeder Jahreszeit Holz, das an die Front und die Baustellen befördert wurde. Sie bauten Eisenbahnlinien und Eisenbahnbrücken. Sie waren beispielsweise beim Bau der Eisenbahnlinie von Seljony Dol bei Kasan nach Stalingrad dabei, die eine wichtige Rolle bei der Zerschlagung der Paulus-Armee spielte.

 

Am Ob, Jennisej, Indigirka, Baikalsee und Barentssee wurden Zehntausende von Russlanddeutschen beim Fischfang und der Fischverarbeitung eingesetzt. Weitere Einsatzsorte der Arbeitsarmisten waren Aktjubinsk, Dshambul (heute Taras), Dsheskasgan, Iwdel, Kemerowo, Solikamsk, Swerdlowsk (heute Jekaterinburg), Tscheljabinsk, Tschimkent u.v.a.

 

Es änderte sich auch die Situation der an ihren Verbannungsorten verbliebenen Russlanddeutschen. Gemäß entsprechenden Anordnungen von Partei-, Sowjet- und NKWD-Behörden wurden sie bis auf einzelne Ausnahmefälle von ihren "gehobenen Posten" entfernt und nur noch bei Arbeiten "einfachen Charakters" eingesetzt. Beispielgebend dafür ist der Extrabericht des UNKWD der Region Altai an den Sekretär des regionalen Komitees der WKP(B), Genosse Lobkow, "über nicht zweckbestimmten Einsatz der umgesiedelten Deutschen".54

 

Es gibt einen Brief des Verdienten Künstlers der UdSSR, Wladimir Fere, der bei Kriegsausbruch aus Moskau nach Kirgisien umgesiedelt wurde, an den Volkskommissar der Seekriegsflotte der UdSSR, der die Bitte enthält, ihn "in die Reihen der Kämpfer der Seestreitkräfte" einzuberufen.55. Die weiteren Briefe des Künstlers und seine Geldüberweisungen an den Verteidigungsfonds zeugen davon, dass man seinem Wunsch nicht nachgekommen war. Am 18. April 1943 erreichte ihn ein Telegramm des Vorsitzenden des Staatlichen Verteidigungskomitees, I. W. Stalin: "Haben Sie, Wladimir Georgijewitsch, meinen Gruß und den Dank der Roten Armee für Ihre Fürsorge um die Panzertruppen der Roten Armee und um die Wiedererrichtung der von faschistischen Eindringlingen zerstörten Städte."56

 

Solche Initiativen waren keine Seltenheit zu jener Zeit. Die Sowjetbürger schonten weder Kraft und Gesundheit noch Leben, um den Sieg näher zu bringen. Und die Russlanddeutschen waren da keine Ausnahme, obwohl sie auf Staatsebene für unzuverlässig erklärt wurden. Die überwiegende Mehrheit von ihnen blieb ihrem Land treu, auch wenn sie mit dem Regime unzufrieden waren und es nicht selten hassten. Sie hofften, nach dem Krieg in ihre Heimatorte zurückkehren zu dürfen, und bemühten sich, den Erlass des Präsidiums des Obersten Sowjets der UdSSR als Missverständnis und großen Fehler zu entlarven. Durch ihren selbstlosen Einsatz wollten sie das Gegenteil dessen beweisen, was darin behauptet wurde.

 

Die Initiative der Trudarmisten aus Krasnoturjinsk, die, am Ende ihrer physischen und moralischen Kräfte, bei größten Verlusten an Menschenleben der Roten Armee über zwei Millionen Rubel übergaben, resultiert zweifellos gerade aus diesem Bestreben.

 

Im Telegramm des Vorsitzenden des Verteidigungskomitees, I. W. Stalin, an die Absender der Spende, "den Bauleiter Genosse Kronow, den Politabteilungsleiter Genosse Gorbatschow, die Sekretäre der Parteiorganisationen Genossen Schmidt und Stoll, die Tausendler (die das Tagessoll um 1.000 Prozent überboten) Genossen Bräutigam, Obholz, Ehrlich und Pfund sowie den Stachanowarbeiter Genosse Epp" hieß es: "Ich bitte Sie, den Arbeitern, dem ingenieurtechnischen Personal und den Angestellten deutscher Nationalität, die ... 353.785 Rubel für den Bau von Panzern und 1.820.000 Rubel für den Bau einer Flugzeugstaffel gesammelt haben, meinen brüderlichen Gruß und die Dankbarkeit der Roten Armee zu übermitteln."57



Es ist nicht bekannt, wie viele Russlanddeutsche in den Lagern des GULag und in der Verbannung umgekommen sind. Die Betroffenen gehen davon aus, dass sich ihre Zahl auf ein Drittel der Gesamtbevölkerung der Deutschen in der Sowjetunion beläuft, wobei die Gesamtzahl der Opfer der bolschewistischen totalitären Gewalt unter den Russlanddeutschen nach Befunden russlanddeutscher Historiker 50 Prozent betragen soll.

 

Eine weitere Bestätigung dafür, dass nicht irgendwelche Präventivmaßnahmen der eigentliche Grund für die Aussiedlung der Russlanddeutschen aus ihren Heimatgebieten waren, sondern wirtschaftliche Belange der sowjetischen Diktatur, liefert uns der im November 1948 verabschiedete Erlass des Präsidiums des Obersten Sowjets der UdSSR, laut dem die Zwangsaussiedlung der Russlanddeutschen und einiger anderer nationalen Minderheiten für "ewige Zeiten" festgeschrieben wurde. Das Verlassen des Ortes der Ansiedlung ohne Erlaubnis der zuständigen Kommandantur wurde ab nun mit bis zu 20 Jahren Haft bestraft.

 

Die Sonderaufsicht über die Russlanddeutschen wurde auch noch Jahre nach dem Tod Stalins aufrecht erhalten. Sie wurde erst im Winter 1955/56 aufgehoben. Den Verbannten erlaubte man jedoch nicht, in die angestammten Gebiete zurückzukehren.

Die verspätete Rehabilitierung

 

Jahrzehntelang mussten die Russlanddeutschen den Stempel der Verräter tragen. Erst nach der Befreiung von der Kommandanturaufsicht im Herbst 1955 erlaubte man ihnen ein in der Muttersprache erscheinendes Presseblatt, das freilich strengstens von der Zensur überwacht wurde. Der ideologisch-strategischen Ausrichtung, die Russlanddeutschen auch weiterhin als Arbeitskräfte auszubeuten, indem man sie an ihren Verbannungsorten festhielt, entsprach auch der Titel der Zeitung - "Arbeit"!

 

Von Tragik und Ausweglosigkeit erfüllt sind die Worte des Literaten und ehemaligen GULag-Insassen Ernst Kontschak: "Als ... die 'Arbeit' in Barnaul und bald darauf das 'Neue Leben' in Moskau erschien, griffen wir älteren Leser mit bebenden Händen nach jeder Nummer und suchten Namen. Der erste Blick galt den Unterschriften. ... Dann lasen wir von der ersten bis zur letzten Spalte jeden Artikel in der Hoffnung, in den Zeilen auf bekannte Namen zu stoßen. Nach kurzer Zeit tauchten die Unterschriften von D. Hollmann, A. Saks, H. Kämpf auf...

'Abwarten!', dachte ich. Solche Literaten mit flammenden Herzen, wie es David Schellenberg, Gustav Fichtner, Hans Lohrer, Peter Petermann, Gerhard Sawatzky, Hans Hansmann, Friedebert Fondis, Richard Knorre, Gustav Fischer und Reinhold Hahn waren, können nicht schweigend dasitzen. Sie werden nicht warten, bis sie jemand ruft. Sie müssen schreiben, ohne das können sie nicht leben. Doch es verstrich Jahr um Jahr. Keiner der Genannten meldete sich..."58

 

Noch zehn Jahre sollten vergehen, bis endlich im August 1964 die beispiellose Schmähschrift der Sowjetregierung vom 28. August 1941 in einem Erlass des Präsidiums des Obersten Sowjets zurückgenommen wurde, jedoch nur in dem Teil, der die wahllos erhobenen Anschuldigungen gegenüber den Russlanddeutschen enthielt.

 

"Im Erlass des Präsidiums des Obersten Sowjets der UdSSR vom 28. August 1941 'Über die Übersiedlung der Deutschen...' ", hieß es in diesem Dokument, "wurden große Gruppen von deutschen Sowjetbürgern beschuldigt, den deutsch-faschistischen Landräubern aktive Hilfe und Vorschub geleistet zu haben. Das Leben hat gezeigt, dass diese wahllos erhobenen Anschuldigungen unbegründet und Ausdruck der Willkür unter den Bedingungen des Kults der Person Stalins waren."
In Wirklichkeit habe "die überwiegende Mehrheit" der russlanddeutschen Bevölkerung im Krieg "zusammen mit dem ganzen Sowjetvolk durch ihre Arbeit zum Sieg ... beigetragen".

 

Davon ausgehend, beschloss das Präsidium des Obersten Sowjets der UdSSR, den "Erlass vom 28. August 1941 'Über die Übersiedlung der Deutschen...' in dem Teil aufzuheben, der wahllos erhobene Anschuldigungen gegen die deutsche Bevölkerung" enthält.

 

"2. In Anbetracht dessen, dass die deutsche Bevölkerung an ihrem neuen Wohnort auf dem Territorium einer Reihe von Republiken ... festen Fuß gefasst hat", hieß es weiter, "während die Gegenden ihres früheren Wohnortes besiedelt sind, werden die Ministerräte der Unionsrepubliken zwecks weiterer Entwicklung der Rayons mit deutscher Bevölkerung beauftragt, der deutschen Bevölkerung, die auf dem Territorium der jeweiligen Republik lebt, auch künftig Hilfe und Beistand im wirtschaftlichen und kulturellen Aufbau unter Berücksichtigung ihrernationalen Besonderheiten und Interessen zu leisten."59

 

Wir können dem nur hinzufügen, dass die im Punkt 2 aufgestellten Behauptungen eine nicht minder große Lüge waren als der gesamte Erlass von 1941.

 

Epilog - Exodus

 

Generationen von Russlanddeutschen kämpften fur die Wiederherstellung ihrer Rechte und die Zusammenführung ihrer Familien, ie infolge des Krieges getrennt wurden, wobei sie stets von den Staatssicherheitskräften verfolgt und schikaniert, einige sogar des Landes verwiesen wurden. Noch ein Vierteljahrhundert sollte vergehen, bis es den Russlanddeutschen gestattet wurde, in das Land ihrer Urväter zurückzukehren. Die ihnen auf hinterlistige Weise gestohlene Selbstverwaltung wurde jedoch auch in der Zeit der so genannten Glasnostj und Perestroika und nicht einmal nach dem Übergang zur Marktwirtschaft, in der man die Sowjetmacht als totalitäres System aburteilte, nicht wiederhergestellt.

 

Ein Volk, das maßgeblich zur politischen, wirtschaftlichen und kulturellen Entwicklung Russlands beigetragen hatte, stand noch immer heimatlos da. Die gelockerten Ausreisebedingungen stellten sie vor die Alternative: Im Lande zu verbleiben, wo sie der vollständigen Assimilierung preisgegeben werden sollten, oder in die Urheimat zu ziehen, wo sie selbst längst eine separate Gruppe waren, ihren Kindern jedoch die Perspektive gegeben werden sollte, Deutsche zu bleiben. Die Mehrheit wählte die zweite Variante.

 

Es begann eine neue Tragödie. Ob es das Schicksal der Russlanddeutschen so haben wollte?!

 

Anmerkungen

1 Gottlieb Beratz. Die deutschen Kolonien an der unteren Wolga in ihrer Entstehung und ersten Entwicklung. Saratow, 1915. S. 24-29.

2 Die Entwicklung der Wd.S.R. In: "Das neue Russland". 3. Jahrgang, Nr. 1-2.

3 Konstantin Ehrlich. Lebendiges Erbe. Aufzeichnungen zur Siedlungsgeographie und Kulturgeschichte der Deutschen in Russland und in der Sowjetunion. Alma-Ata, 1988. S. 85.

4 Ebenda. S. 86-87.

5 E. Gross: Die Autonome Sowjetische Republik der Wolgadeutschen (russ.). Pokrowsk,
1926. S. 20-23.

6 ”A UFCJ (EF GASO), f. 849, op. 1, d. 292, l. 14, 26, 59, 64, 73-76. Zitiert nach: A. A. German: Nemeckaya avtonomiya na Volge (Die deutsche Autonomie an der Wolga). 1918-1941. Teil II (russ.). Saratow, 1994. S. 10.

7 ZGAPD KP, f. 37, d. 12, l. 63.

8 Dr. Helmut Anger: Die Deutschen in Sibirien. Reise durch die deutschen Dörfer Westsibiriens. Ost-Europa-Verlag, Berlin 1930. S. 9-11.

9 Konstantin Ehrlich. Ebenda, S. 88.

10 Ne bylo sa nami nikakoi viny... In: Neues Leben, Nr. 35, 28.8.1991 (russ.). S. 6.

11 Herold Belger: Bruder unter Brüdern (russ.). Alma-Ata, 1991. S. 193.

12 A. A. German: Die deutsche Autonomie an der Wolga. 1918-1941. Teil II (russ.). Saratow, 1994. S. 108.

13 A. A. German: Ebenda. S. 108-109.

14 "Aus der Geschichte der Deutschen Kirgisiens 1917-1999". Bischkek, Verlag "Scham" (russ.). S. 67.

15 A. A. German: Ebenda. S. 120-121.

16 ”A UFCJ (EFGASO), f. 849, op. 1, d. 985, l. 3-4. Zitiert nach: A. A. German: Ebenda. S. 120, 125.

17 I. Fleischhauer: "Unternehmen Barbarossa und die Zwangsumsiedlung der Deutschen in der UdSSR". In: Vierteljahreshefte für Zeitgeschichte (2), 1982. S. 319.

18 I. Fleischhauer: Ebenda. S. 319-321.

19 WUF GL RH (ZGA PD KP), f. 10, op. 1, d. 262, l. 158. Zitiert nach: Aus der Geschichte der Deutschen Kyrgysstans. S. 82-83.

20 Politischer Jahresbericht. PA IV. Politik 25, Kaukasus, Bd. 1, Deutsches Generalkonsulat Tiflis, den
11. Dezember 1935, Abschrift 39d, S. 22. Zitiert nach: Alfred Eisfeld: Die Russlanddeutschen. Studienbuchreihe der Stiftung Ostdeutscher Kulturrat, Band II, Albert Langen. S. 109-110.

21 Meir Buchsweiler: Volksdeutsche in der Ukraine am Vorabend des Zweiten Weltkrieges - ein Fall doppelter Loyalität? Schriftenreihe des Instituts für deutsche Geschichte Universität Tel Aviv. Bleicher Verlag, 1984. S. 244.

22 B. Pinkus, I. Fleischhauer: Die Deutschen in der Sowjetunion. Geschichte einer nationalen Minderheit im 20. Jahrhundert. Baden-Baden, 1987. S. 105.

23 Ne bylo sa nami nikakoi viny... In: Neues Leben, Nr. 35, 28.8.1991. S. 6.

24 M., Aufbewahrungszentrum für dokumentargeschichtliche Sammlungen, Archivbestand 7, Verz. 1, Akte 1223.

25 Reichsgesetzblatt, 1939, Teil II. S. 968.

26 Akten zur deutschen auswärtigen Politik 1918-1945, Serie D, Band VII, Baden-Baden, 1956. S. 206-207.

27 Akten zur deutschen auswärtigen Politik 1918-1945, Serie D, Band VIII, Baden-Baden, 1961. S. 128.

28 Deportation, Sondersiedlung, Arbeitsarmee. Deutsche in der Sowjetunion 1941 bis 1956. Herausgegeben von Alfred Eisfeld und Victor Herdt. Verlag Wissenschaft und Politik, 1996. S. 35-37.

29 I. Fleischhauer: Unternehmen Barbarossa... S. 310.

30 Ne bylo sa nami nikakoi viny... Ebenda.

31 Deportation, Sondersiedlung, Arbeitsarmee... S. 44.

32 A. Bohmann: Strukturwandel der deutschen Bevölkerung im sowjetischen Staats- und Verwaltungsbereich. Köln, 1970. S. 73.

33 I. Fleischhauer: Unternehmen Barbarossa... S. 311.

34 Deportation, Sondersiedlung, Arbeitsarmee... S. 46, 47-53.

35 Ebenda. S. 58-60.

36 Konstantin Ehrlich. "Und gedenke alles des Weges, durch den dich der Herr, dein Gott, geleitet hat...". Deutschland-Kurier, Nr. 31, 2001. S. 1, 10.

37 Protokoll der Sitzung des Präsidiums des Obersten Sowjets der UdSSR. 1941, Nr. 9, Artikel 256.

38 I. Fleischhauer: Unternehmen Barbarossa... S. 307.

39 Bericht des SS-Sonderkommandos der Volksdeutschen Mittelstelle über den Stand der Erfassungsarbeiten bis zum 15. März 1942, GR T 175, R 68, F 2585161 ff. Zitiert nach:
I. Fleischhauer: "Unternehmen Barbarossa...". S. 307.

40 Meir Buchsweiler: Volksdeutsche in der Ukraine am Vorabend und Beginn des Zweiten Weltkrieges - ein Fall doppelter Loyalität? Schriftenreihe des Instituts für Deutsche Geschichte, Universität Tel Aviv, Bleicher Verlag, 1984. S. 288.

41 I. Fleischhauer: "Unternehmen Barbarossa..." S. 304.

42 Terror an der Wolga, in "Frankfurter Zeitung" vom 11. September 1941. Zitiert nach: Deportation, Sondersiedlung, Arbeitsarmee... S. 9.

43 I. Fleischhauer: "Unternehmen Barbarossa..." S. 314-315.

44 GR T 354, R 184, F 3838693 ff. "Das Deutschtum im Spiegel des Sowjetschrifttums". S. 103-128 der Broschüre des SS-Bataillons zbV. "Meldungen vom Einsatz in der Ukraine und Krim". Zitiert nach I. Fleischhauer: "Unternehmen Barbarossa...". S. 309.

45 Siehe auch I. Fleischhauer: "Unternehmen Barbarossa...". S. 310.

46 Johann Kronewald. Jahre der Standhaftigkeit und des Mutes. In: Heimatliche Weiten, 1/1985. S. 109.

47 Meir Buchsweiler: Volksdeutsche in der Ukraine... S. 249.

48 Meir Buchsweiler: Volksdeutsche in der Ukraine... S. 391.

52 I. Fleischhauer: Das Dritte Reich und die Deutschen in der Sowjetunion. Schriftenreihe der Vierteljahreshefte für Zeitgeschichte. Nr. 46. Stuttgart, 1983. S. 163.

53 Meir Buchsweiler: Volksdeutsche in der Ukraine... S. 388.

54 Wedomosti Werchownogo Soweta SSSR, 1964, Nr. 52.

55 I. Gejdebrecht: Vsem li odinakovo? In: Molodost' Sibiri Nr. 50 vom 16. Dezember 1989 (russisch). Zitiert nach: Deportation, Sondersiedlung, Arbeitsarmee... S. 99.

56 A. Eisfeld: Die Russlanddeutschen. S. 125.

57 Gosudarstvennyj Archiv Altajskogo kraja (GAAK), fond P1, opis' 18, delo 27, listy 197-201 (russisch). Zitiert nach: Deportation, Sondersiedlung, Arbeitsarmee... S. 128-131.

58 Aus der Geschichte der Deutschen Kyrgysstans... S. 107-108.

59 Ebenda. S. 109.

60 "Sarja Urala", 29. April 1975.

61 Ernst Kontschak. Unvergessliche Begegnungen. Alma-Ata, 1975. S. 5-7.

62 Sbornik Sakonow SSSR i Ukasow Presidiuma Werchownogo Soweta SSSR 1938-1975, M. 1975.

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Восстановить государственность российскиx немцев

В конце октября прошлого года в Москве состоялся Форум Международного Союза общественныx организаций (российскиx) немцев. К великому сожалению, констатирует администрация Союза, представители органов власти России... не приняли участие в работе Форума, хотя в адрес Администрации Президента РФ, руководителя аппарата Правительства, в соответствующие комитеты Госдумы и Совета Федерации были заблаговременно направлены приглашения. Аналогичным образом поступило и руководство Посольства ФРГ в Москве, даже не откликнувшись на приглашение.

 

Ответственность за реабилитацию российских немцев, за судьбу аборигенного российского немецкого народа полнос-тью лежит на руководстве Российской Федерации. И волеизъявление российского немецкого народа ему известно, оно однозначно выражено в решениях 1-ого Чрезвычайного съезда немцев СССР в марте-октябре 1991 года, а также на 1-ом Съезде немцев России в феврале 1993 года, - и и оно российскими немцами не корректировалось, тем более не изменялось. Это значит, что данное волеизъявление актуально и по настоящий день, и мы его доводили до сведения как президента, так и председателя правительства Российской Федерации, а также до руководства Федеративной Республики Германии.

 

Сегодня российские немцы, имевшие свои законные исторические ареалы поселения, закрепленные за ними Высочай-шими указами Российской Короны в вечное пользование, которые они, щедро полив потом и кровью, превратили в цветущие края, а также национальное самоопределение, базировавшееся на этнокультурно-хозяйственном (1764-1874 гг.), этнокультурном (1874-1918 гг.) и национально-государственном (1918 по 1941 гг.) самоуправлении, не упраздненном, кстати сказать, сколько-нибудь легитимным государственным актом, разбросаны по многим странам и весям. Иx надежды на восстановление исторической справедливости до сих пор не оправдались.

 

Мы требуем от руководства России конкретных практических действий по восстановлению нашей национальной госу-дарственности на территории Российской Федерации в соответствие с волеизъявлением нашего народа, выраженном в решениях 1-ого Чрезвычайного съезда немцев СССР 1991 года и на 1-ом Съезде немцев России 1993 года, а также Указом Президента России «О неотложных мерах по реабилитации российских немцев» (№ 231 от 21.02.1992 г.) и российско-германским Протоколом 1992 года.



От имени инициативной группы (России, Казаxстана и Германии) Константин Эрлих,

руководитель делегации от Казахстана на 1-ом Чрезвычайном съезде немцев СССР 1991 года

и на 1-ом Съезде немцев России 1993 года.

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Die Geschichte der Russlanddeutschen – eine unbekannte Tragödie

Aus einer Sonderausgabe des Sudetendeutschen Pressedienstes

Der Sudetendeutsche Pressedienst griff die schicksalhafte Geschichte der Russlanddeutschen nach dem Zweiten Weltkrieg exemplarisch anhand der Biographie der Schriftstellerin Nelly Däs auf:

 

„… Ihr schriftstellerisches Werk – sie hat 13 Bücher zum Thema veröffent-licht – ist ein stetes und fortwährendes Künden vom schweren Schicksal der Russlanddeutschen, das sie in schlimmster Weise schon in ihrer Jugend erfahren musste. 1930 wurde Nelly Schmidt als Schwarzmeerdeutsche in der Ukraine geboren, erlebte als Kind, wie ihr Vater, obwohl nur einfacher Bauer, von den Bolschewisten als „Kulak“ markiert, in der Verschleppung umkam und sie mit ihrer Mutter und zwei Brüdern in „sowjetischer Friedenszeit“ stets auf der Flucht vor dem bolschewistischen Zugriff war. Bei Kriegsbeginn 1941 entging sie der Deportation hinter den Ural nur, weil die deutsche Front den Deportationstransport der Sowjets überrollte.

Vorher hatten diese den Zug mit den in Verschleppung begriffenen Russlanddeutschen noch in die Luft gesprengt, um deren Befreiung durch die Wehrmacht zu verhindern. Nur eine beherzte Fluchtaktion ihrer Mutter rettete ihr und dem Rest ihrer Familie das Leben.

 

Bei Kriegsende 1945 gelang es Nelly Däs, nach Schwäbisch Gmünd in Baden-Württemberg zu entkommen. Sie gehörte damit zu den 180.000 Russlanddeutschen, die damals die drei alliierten Westzonen Deutschlands erreichten. Heute weiß kaum jemand, dass die westlichen Militärbehörden damals den Sowjets erlaubten, die Flüchtlingslager und bekannte Privatquartiere in den Westzonen zu durchkämmen, um in der Sowjetunion Geborene ins „Vaterland“ zurückzuführen.

 

Heute wissen wir, dass Nelly Däs damals vor der Verschleppung hinter den Ural bewahrt wurde. Anders als etwa 80.000 weitere Schicksalsgenossen aus den Westzonen, die sich dieser „Repatriierung“ nicht entziehen konnten. Sie teilten dieses Schicksal mit mehr als 100.000 anderen Russlanddeutschen, die 1945 nur bis in die Sowjetzone oder in die Ostgebiete Russlands gelangt waren. Unter im Westen Verbliebenen war Nelly Däs eine der ganz wenigen, die in den siebziger Jahren begann, in ihrem Werk vom Schicksal der Russlanddeutschen zu künden. Dieses Bemühen zieht sich wie ein roter Faden durch ihre Bücher.

Stellvertretend für Tausende von verschleppten Russlanddeutschen, denen es anders als Frau Däs nicht gelang zu entkommen, schildert der Sudetendeutsche Pressedienst das Schicksal von Frau Lilly Becking:

 

„… Sie war noch nicht geboren, als Nelly Däs ihre prägenden Erlebnisse im Sowjetstaat hatte, hat dort aber alle die Erfahrungen gemacht, die Nelly Däs hätte machen müssen, wäre es ihr 1945 nicht gelungen, der Repatriierung zu entgehen. Lilly Beckings Mutter und Großmutter gerieten – auch schon auf deutschem Boden, aber in der Sowjetzone – in die Hände der sowjetischen Rückführungskommission, die sie in die Verbannungsgebiete jenseits des Urals verschleppte.

 

Keines der Versprechen, daß die Russlanddeutschen in ihre sowjetischen Heimatgebiete zurückgeführt würden, wurde eingehalten. Lilly Becking hat von ihrer Mutter sogar erfahren, wie akribisch sie als Verschleppte in die Siedlungen Sibiriens verteilt wurden. Zu wenigen, meistens zwei Familien bzw. Teilfamilien, wurden sie auf die Dörfer verteilt. Sie sollten als Deutsche verschwinden und in der nächsten Generation in der Bevölkerung aufgehen. Dazu war ihnen der Gebrauch der deutschen Sprache bzw. ihrer Mundart verboten. Verbunden mit der Verschleppung war die Auflage für die Russlanddeutschen, in den Verbannungsorten zu bleiben. Das war hart, weil Sibirien natürlich ein kaltes Land mit kurzer Vegetationszeit ist, das insbesondere bei den Landwirten von Anfang den Wunsch erzeugte, wenigstens in südliche Republiken auszuweichen.

 

Erst 1956 wurde das Dekret über den Verbleib in den sibirischen Verbannungsorten aufgehoben, leider aber nicht veröffentlicht, so daß die Betroffenen erst im Laufe der nächsten Jahre von dieser Erweiterung ihrer Freiheit erfuhren. In dieser Zeit wurde Lilly Becking in Orsk am südöstlichen Fuße des Urals an der Grenze zu Kasachstan geboren.

Sie wuchs in einer russischsprachigen Umwelt auf, in der jeder Eindruck, daß man Deutscher war, vermieden werden musste, um nicht die Beschimpfung „Fritz“ oder „Nazi“ und damit verbundene Zurücksetzungen zu provozieren. Deutsch war vor allem auf die Familie beschränkt. So kam vielen Russlanddeutschen ihre Muttersprache abhanden. Die nächste Generation hatte es noch schwerer. Als es dann vor der Wende etwas besser wurde, war die Deutschsprechende Großelterngeneration vielfach bereits gestorben, und die Enkelgeneration konnte kaum noch Deutsch. Es ist deshalb kein Wunder, dass viele Russlanddeutsche sich mit ihrer Muttersprache schwer tun!

 

Mit der Verschleppung war die Übernahme von Sitten und Verhaltensweisen verbunden, die auch in den deutschen Siedlungen Russlands vor dem Ersten Weltkrieg nicht üblich gewesen waren. Deshalb werden Russlanddeutsche, wo sie in Deutschland auftreten, in vielen Fällen als anders empfunden und als „Russen“ ausgegrenzt. Lilly Becking appelliert daher heute an ihre deutschen Landsleute, sich einmal vorzustellen, was das bedeutet. Im heutigen Russland wurden sie noch als „Nazis“ beschimpft, und jetzt bezeichnen sie ausgerechnet die Menschen, von denen ihnen gesagt wurde, es seien ihre Landsleute, als „Russen“.

 

Lilly Becking konnte allerdings auch von hoffnungsvollen Zeichen berichten. Die Russlanddeutschen gehörten zu den Zuwanderern, deren Eingliederungswille am ausgeprägtesten sei. Dieser Wille sei für den Erfolg der Integration entscheidend. An zahlreichen Bildern und am Beispiel der eigenen Person führte sie das vor. Sie habe ihre Sprache weitgehend zurückgewonnen und so verbessert, daß sie als Lehrerin arbeiten kann. Darüber hinaus hilft sie ihren Landsleuten bei der Eingliederung, leitet musische Jugendgruppen und ist sogar in die Stadtverordnetenversammlung der hessischen Gemeinde Eschborn gewählt worden, um nur einige Aktivitäten neben ihrer Aufgabe als Mutter in der Familie zu nennen.“